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Arbeitsbericht 1998

Diesjährige Hauptarbeit im Archiv war die Sichtung von über 100 kg Büchern/Akten, die von Prof. Buck aus Heidelberg und Prof. Berg aus Marburg kamen. (Vor 10 Jahren hatten sie diese aus Trautheim mitgenommen und bei sich gelagert, um die Räumung des Hauses Wagenschein zu beschleunigen.) Die Kisten waren teilweise noch genau in dem Zustand, in dem sie in Trautheim gefüllt wurden - inklusive Staub. Die 100 kg setzten sich netto zusammen aus Büchern, Zeitschriften, handschriftlichen Notizen und (neu) unkorrigierten Examensarbeiten, also dem 2. Exemplar, aus den Jahren 1957 - 1965
Besondere Funde unter diesen Lieferungen:
1. "Konrads Weg zu den Zahlen" W191, ein Titel, der noch nicht in der Bibliografie als Belegstück vorhanden war.
2. Teile des Manuskriptes von "Erinnerungen für morgen".
3. Ein Probedruck mit handschriftlichen Verbesserungen zu "Kinder auf dem Wege zur Physik".
4. Bücher mit Anmerkungen, Verbesserungen, einige davon waren für Neuauflagen vorgesehen. Beispiel: "Natur physikalisch gesehen - Das Fallgesetz im Brunnenstrahl". In der letzten Auflage bei Hirschgraben liegt ein Zettel, ob die Jungen nicht längere Haare haben könnten, so wie es heute üblich ist. In der nächsten Auflage 1975 bei Westermann haben sie dann nicht nur längere Haare, sondern auch keine kurzen Hosen mehr an.
Die Titel der angeführten Bücher sind noch nicht im Computer, sie wurden nur in eigens dafür entworfene Formulare eingetragen. Dabei wurde besonders darauf geachtet, ob sich in den Büchern Anstreichungen oder Notizen von der Hand Wagenscheins befanden und in dem Formular vermerkt.

Eine weitere, große Arbeit war das Kopieren des Physikheftes eines Schülers von Wagenschein. Es trägt den Titel "Schall" und ist 1934 entstanden. Eindrückliche Zeichnungen mit dazugehörigen Texten belegen: In Wagenscheins Sprache und der seiner Schüler fand der Zeitgeist keinen Niederschlag. Das Heft umfasst 54 DIN A 4 Seiten, ist nach dem Vorbild handkoloriert und wird gegen Erstattung der Unkosten abgegeben. (1997 wurde ein Mathematik-Heft kopiert, DIN A 5, 20 Seiten stark, ebenfalls handkoloriert, "Zahlsysteme")
Die 2.Auflage der Wagenschein-Ausstellung ist in Arbeit. Sie gestaltet sich sehr aufwendig. Zum einen soll ein ausführlicher Katalog entstehen, der die Bilder und die Texte sämtlicher ausgestellter Dokumente enthält. (Diesen Teil der Arbeit erledigt Klaus Kohl im Alleingang, ein zeit- und energiefressendes Unternehmen). Zum anderen sollen nicht einfach die Dokumente der 1. Auflage übernommen werden, sondern da sie speziell für die Schweiz entsteht, gezielt Dokumente über die Schweiz enthalten. (In Deutschland war der Schwerpunkt Jugenheim, Aufbauschule Traisa, TH Darmstadt). Mit Hilfe von Schülern und der Archiv-Hilfskraft wird z.Zt. die Bibliografie neu in Angriff genommen. Da sich wohl keine neuen Schriften mehr finden werden, wurden die einzelnen Titel endgültig nummeriert und mit einem W (=Wagenschein) davor versehen; 223 sind es jetzt. Im Gegensatz zur Vorgängerin, der Köhnlein-Bibliografie (=K) sind die Titel jetzt rein chronologisch aufgeführt, auch Gerd Kauter. (Gerd Kauter war Wagenscheins Pseudonym für einige schöngeistige Zeitungsartikel). Die derzeitige Hauptarbeit besteht darin, zu überprüfen, ob von jedem Titel ein Exemplar oder eine Kopie vorhanden ist. Im Fall der Kopie ist das Original entweder zu beschädigt oder es befindet sich in Wagenscheins Leitzordnern "Eigene Arbeiten, gedruckte". Daneben mussten die verschiedenen Auflagen überprüft und ihr Vorhandensein festgestellt werden. Knapp die Hälfte ist bis jetzt erledigt; da diese Arbeit sehr viel Konzentration und etwas Sachkenntnis erfordert, tun sich Schüler als Hilfen mit 2 Stunden pro Woche sehr schwer daran.
Recht viel Zeit nimmt auch die Korrespondenz in Anspruch, die fast nur von Hannelore Eisenhauer erledigt wird. 120 Briefe gingen weg, 121 waren es im Vorjahr. Vorwiegend waren es Anfragen zu Unterlagen für Examensarbeiten, Bitten um Auskunft zu einem ganz bestimmten Thema, z. B. wollte eine Universität das Protokoll von Wagenscheins Seminar zum Thema Luftdruck. Durch Ueli Aeschlimanns Arbeiten waren sie darauf aufmerksam geworden, dass so etwas existiert. Zwei Wochen später gab es an dieser Universität eine Lehrerfortbildungsveranstaltung zum Thema Luftdruck. Diese Anfragen so schnell wie möglich zu erledigen, ist Ehrensache. Auf lange Zeit geplante Arbeitsvorhaben, z.B. die Ausstellung, müssen dann halt unterbrochen und immer wieder aufgeschoben werden.
Die GDCP-Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik im September in Essen stand unter dem Thema: "Sprache und Kommunikation- Grundlage für das Lernen von Chemie und Physik". Klar, dass Wagenscheins Examensarbeit (Über die Förderung der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit durch den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht) gefragt war, klar, dass sowohl Klaus Kohl als auch Hannelore Eisenhauer einen kurzen Vortrag hielten, aber nicht so klar war, dass sie dafür eine erstklassige Zeit bekamen -die 1. Schiene nach dem Hauptvortrag- und immer wieder auf Wagenschein und die Ecole angesprochen wurden. Wir hätten viel mehr Prospekte mitnehmen können!
Zur Weiterbildung ging Hannelore Eisenhauer für eine Woche nach Marburg. Die Archivschule Marburg macht Ausbildungskurse für Leute, die in Archiven arbeiten, aber keine spezielle Archivausbildung besitzen. Diese staatlich anerkannte Ausbildung besteht aus 2 Kursen von je einer Woche. Die "Mitschüler" kamen aus Firmenarchiven, aus dem Bundeswehrarchiv, aus Stadtarchiven, aus England, Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit dem Nachlass von einem einzigen Menschen hatte sonst niemand zu tun, wenn man die Friedrich-Ebert-Stiftung nicht dazu nimmt. Der zweite Kurs findet in einem Jahr statt.
Bei den Archivbesuchern (11 an der Zahl) war nach langer Zeit auch mal wieder Prof. Köhnlein, der sich für eine Woche frei nehmen konnte. Seine Anregungen zur Archivarbeit waren eine echte Hilfe. Es ist schön, wenn jemand, der solch ein Fachmann von Wagenscheins Arbeit und Leben ist, mit im Archiv arbeitet.