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Schwäbische Eindrücke.

von Gerhard Kauter

Der Bahnhof ist für eine Stadt, was der Anzug oder das Kleid für einen Menschen ist. Der normale Besucher sieht ihn zuerst und immer, und verwebt ihn untrennbar in den Gesamteindruck, der ihm hinterbleibt. So kann ich an Stuttgart nicht denken, ohne zugleich den schönen neuen Bahnhof vor mir zu sehen, kantig, dunkel, schwer, mit dem viereckigen Turm. Mag er dem in der Geschmacksverwirrung der Vorkriegszeit Heimischen nicht sehr einladend erscheinen, ich weiß nicht wenige, denen die Wahrhaftigkeit solcher Bauten ein rechter Trost ist!

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Doch will ich als Gegenstück den wahrhaft entsetzlichen Galathea-Brunnen nicht verschweigen, der auf der Eugensplatte über der Stadt thront, 1889, glaube ich, mit städtischen und fürstlichen Mitteln aufgestellt, zu dessen Füßen zwei erschütternde Sphinxe lagern: An schlanken Löwenleibern gleitet der Blick, bemerkt betroffen die auch für Sphinxe ganz ungewöhnliche Fülle der Brust, um an den erbärmlich schmalen Schultern sogleich die Folgen solcher Verschwendung zu erspähen, doch bald dies alles über dem Gesicht zu vergessen, das er von zwei, sehr wahrscheinlich blonden, unter dem Kinn verknoteten Zöpfen umrahmt, mit dem süß-dämlichen Ausdruck eines Pensionatsmädchens vor sich sieht, das arme Köpfchen noch belastet mit einer seltsam schneckenförmigen Steingestalt.

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Hier hat Rudolf Steiner, der Vielumstrittene, dessen Werk nach seinem Tode nun zeigen muss, ob es ohne ihn bestehen kann, hier hat Steiner die Waldorfschule gegründet, die für die Woche vor Ostern zu einer pädagogischen Tagung eingeladen hat. Was an den vielleicht tausend Menschen, die sich in ihr zusammenfanden, auffiel, war einmal das Erfreuliche, dass kaum ein Schulmeistergesicht zu bemerken war, ...

Wir wollen mit dem Pädagogischen nicht langweilen, obwohl die Waldorfschule in Stuttgart den guten Ruf hat, nicht langweilig zu unterrichten. ...

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