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Wenn Platon Fussball gespielt hätte

Vom Tetraeder zum "Bucky-Ball"

Eine Sammlung von Materialien zur Förderung mathematisch begabter Kinder in der Mittelstufe

von Hans A. Kauer




1. Vorbemerkung

Warum die "Platonischen Körper" herauslösen, warum sie nicht einführen zusammen mit Quader und Prisma, Walze und Kegel? Und haben die "Archimedischen Körper" nicht auch ihr Recht, vorgestellt, besprochen, eingeordnet zu werden? Fragen, die ihre Antworten verlangen.


Diese Argumente sind Grund genug, die "Platonischen Körper" herauszugreifen, in einem eigenen Kapitel zu fassen. Es gibt aber noch eine weitere Begründung dafür: Platons "TIMAIOS" befasst sich nicht nur mit Geometrie. Wir finden in diesem Text Stellen, die uns völlig andere Welten erschliessen: Da wird von Weltuntergängen berichtet, da wird der Untergang von Atlantis erzählt, da werden wir aufgefordert, die Planetenbahnen zu beobachten. Mathematik eingebunden in die Welt, Teil der Welt - Mathematik an der Mittelstufe nicht einfach Arithmetik (und diese meist eingebunden ins bürgerliche Rechnen), nicht didaktisch methodisch aufgearbeitete Geometrie. Mathematik als Bildungsgut...

2. Zur Unterrichtsgestaltung

2.1 Eine Vorbemerkung

Wer nicht bereit ist, die in Kapitel 3 vorgestellten Texte aus dem "TIMAIOS" in den Unterricht einzubauen, sollte darauf verzichten, die "Platonischen Körper" als eigenes Thema in seinen Unterricht aufzunehmen. Werden die dort aufgeführten Bezüge nicht mindestens teilweise aufgenommen, bleiben die "Platonischen Körper" im Unterricht ein nicht verstehbares Kuriosum.

TIMAIOS
Weltuntergänge
Deukalion und Pyrrha
22a, 22b-c
Altes Testament:
Sintflut, Noah
1.Mose 6.1 -1.Mose 9.17
Altes Testament:
- Sodom und Gomorrah
1. Mose 18.20-1. Mose 19.291
Altes Testament:
Untergang im Roten Meer
2. Mose 14.4. - 2. Mose 14.28
Atlantis
24e - 25d
- Untergang von Pompei
- Ausbruch des Krakatau
Phaeton
22 c
Gustav Schwab:
Die schönsten Sagen des
klassischen Altertums
- Phaeton und Helios
Ordnung im Kosmos
Planetenbahnen

Weiterführende Literatur:
Gilje N. und Skirbekk G.: Geschichte der Philosophie 2
Hoffmann E.: Platon
Hunger H.: Lexikon der griechischen und römischen Mythologie
Moritz K.Ph.: Götterlehre

2.2 Einführung, Einstimmung

Es scheint mir wichtig, dass die Schüler erfahren, dass sie in diesem Projekt bekannt werden, sich auseinandersetzen müssen mit Denkweisen einer Welt, die schon lange vergangen ist (Platon lebte von 427 v. Chr. bis 347 v. Chr.). Der Grund dies zu tun findet sich darin, dass Platons Schilderungen in ihrer Eigenart uns einen völlig anderen Zugang zur Geometrie eröffnen. Gleichzeitig muss dargelegt werden, dass sie mit den modernsten zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln (Computer, Klebeband) diese Welt sich wieder vergegenwärtigen können.

2.3 Vorgehen

2.3.1 Beginn und Erarbeitung des Tetraeders

Es empfiehlt sich, die beiden Grundformen (Dreiecke) sowie das Tetraeder Schritt für Schritt zu erarbeiten: Die Lehrkraft liest vor, die Schüler skizzieren die Versuche ihrer Visualisierung, die Versuche werden verglichen, die richtige Lösung im Sinne Platons herausgearbeitet, festgehalten.
An diesem ersten Beispiel soll auch erarbeitet werden, wie am Computer gearbeitet werden muss (Handling)...
Anschliessend kann freier vorgegangen werden -
- Es kann individuell gearbeitet werden, es können sich aber auch Zweiergruppen bilden. Grössere Gruppen sind nicht empfehlenswert: Die gedankliche Auseinandersetzung verflacht, die Intensität der Arbeit am Computer, beim Zusammenfügen der Körper sinkt...

2.3.2 Plattformen

Individuelle Arbeit und Partnerarbeit müssen, sind bestimmte Ziele erreicht, unterbrochen werden, die erzielten Ergebnisse einander vorgestellt, über Schwierigkeiten, Entdeckungen berichtet werden.
An mindestens einem Beispiel sollen die Begriffe "Abwicklung", "Netz" geklärt und an verschiedenen Beispielen durchgearbeitet und so vertieft werden. (In der Materialsammlung ist dies am Beispiel des Würfels geschehen.)
Auf solchen Plattformen sollen auch die Polyedersätze von Descartes und Euler diskutiert werden. Hinter diesen Sätzen finden sich Menschen!
Wichtig sind darum Querbezüge zur Geschichte!
Sind alle "Platonischen Körper" als Modelle vorhanden, soll am Beispiel des "Bucky Balls" der Unterschied zu den "Archimedischen Körpern" aufgezeigt werden: Es sind verschiedene Grundelemente erlaubt; an jeder Ecke stossen immer gleich viele Elemente der gleichen Arten zusammen.

2.3.3 Der "Bucky Ball"

Der "Bucky Ball" soll angegangen werden, indem zuerst Beobachtungen am Fussball zusammengetragen werden. Erst wenn die Beobachtungen geklärt sind, sollen ein Modell und eine Abwicklung hergestellt werden.

2.4 Schlusspräsentation

Es lohnt sich, am Schluss eine kleine Ausstellung aufzubauen. So erhalten alle Schüler Gelegenheit, sich mit den Arbeiten der "Gruppe" auseinanderzusetzen. In einer solchen Ausstellung sollen nicht einfach die Modelle der Körper vorgestellt werden! Ebenso wichtig ist, dass Einblicke in die geleisteten Arbeiten ermöglicht werden: Abwicklungen sollen gezeigt, die Polyedersätze vorgestellt werden. Am Computer soll eigenes Versuchen möglich sein.
Die Schlusspräsentation kann auch Basis sein für Erweiterungen: Andere Erzählungen aus dem TIMAIOS können herausgegriffen werden, die dann bildnerisch gestaltet werden...

3. Texte aus dem "TIMAIOS"

Im "TIMAIOS" berichtet Platon nicht nur von den nach ihm benannten Körpern. Das Kapitel in dem sie vorgestellt werden, ist nur ein kurzer Ausschnitt aus dem ganzen Gespräch, das viel weiter ausgreift, wird doch darin Platons Kosmologie vorgestellt. Da sich im "TIMAIOS" eine ganze Reihe von Stellen findet, die unsere Schüler interessieren können, die Ausblicke in andere Bereiche erschliessen, überraschend neue Verknüpfungen mit andern Fächern ermöglichen, haben wir hier eine kleine Auswahl kurzer Texte zusammengestellt. Sie sollen Anregungen bieten, können zu gegebener Zeit ins Unterrichtsgeschehen eingeflochten werden.

4. Die Platonischen Körper

Schon den Pythagoräern waren die "ursprünglichen Körper", die "vollkommenen Körper" bekannt. Platon greift im "TIMAIOS" auf dieses Wissen zurück. Er schildert im 20. Kapitel ihre Entstehung "aus dem Zusammentreten der zwei schönsten Dreiecke" TIMAlOS Kapitel 20, 53 c4 bis 55 c6):
...Wir müssen nun also erklären, dank welcher Beschaffenheit gerade vier Körper zu den schönsten werden...
Alle Dreiecke... gehen ursprünglich auf zwei zurück, von denen jedes einen rechten Winkel und zwei spitze hat. Von diesen zeigt das eine auf beiden Seiten die Hälfte eines rechten Winkels ...Wir setzen von den vielen ungleichseitigen eines als das schönste...; ...es ist das, aus deren zwei das gleichseitige Dreieck als drittes entstanden ist..."

Die beiden "ursprünglichen" Dreiecke:
Das rechtwinklige Dreieck mit den Winkeln 30 Grad, 60 Grad, 90 Grad. Aus ihm entsteht das gleichseitige Dreieck.
Das rechtwinkIig-gleichschenklige Dreieck

"Den Anfang wird denn also die erste Art machen, diejenige, die aus den kleinsten Teilen zusammengesetzt ist; ihr Bauelement ist das Dreieck, dessen Hypothenuse doppelt so lang ist wie die kleinere Kathete. Wenn nun je zwei dieser Art (zu einem Viereck) mit der Hypothenuse als Diagonale zusammengelegt werden und wenn das dreimal in der Weise gemacht wird, dass die drei Diagonalen und die drei kurzen Katheten alle in ein und demselben Zentrum zusammenstossen, so hat sich damit... ein einziges, gleichseitiges ergeben. Vier solche... Dreiecke aber, mit je drei Flächenwinkeln zusammengefügt, bilden zusammen einen stereometrischen Winkel ... Sind nun vier solcher Winkel gebildet, so ergibt sich daraus die erste Art eines stereometrischen Gebildes..."

4.1 Das Tetraeder


4.2 Das Oktaeder

"Die zweite Raumfigur ergibt sich aus denselben Dreiecken, wobei sich aber je acht zu einem gleichseitigen Dreieck vereinigt und zusammen einen einzigen stereometrischen Winkel aus vier flächenhaften gebildet haben; hat man dann sechs dieser Art entstehen lassen, so wurde damit der zweite Körper vollendet."

4.3 Das lkosaeder


4.4 Der Würfel


Interessant ist, dass Platon seine Aufzählung der vollkommenen Körper nicht mit der Schilderung des Würfels beschliesst:
"...Nachdem nun das eine der beiden Grunddreiecke diese (drei Körper) hervorgebracht hatte, war es seiner Aufgabe ledig. Dagegen brachte das gleichschenklige Dreieck die Natur des vierten Körpers hervor: je vier solche traten zusammen; ihre rechten Winkel vereinigten sich zum Mittelpunkt und bildeten so ein einziges gleichseitiges Viereck. Wenn man aber sechs dieser Art zusammenfügte, ergaben sich acht stereometrische Winkel, deren jeder aus drei rechtwinkligen Flächen zusammengefügt war. Die Form aber des Körpers, der so entstand, war ein Kubus, dessen Grundflächen sechs gleichseitige Vierecke sind.
Es gab dann noch eine fünfte Zusammensetzung; doch diese verwendete Gott für das All, um es mit Bildern auszuschmücken..."

Die fünfte Zusammensetzung, ein Körper, dessen Oberfläche sich aus 12 Fünfecken zusammensetzt:

4.5 Das Dodekaeder

Platon stellt aber im "TIMAIOS" nicht einfach ein paar geometrische Beobachtungen vor. Vielmehr sind die Platonischen Körper, wie schon die Bemerkung zum Dodekaeder zeigt, eingebettet in eine ganze Kosmologie.
Klaus Bartels fasst diese so zusammen:
"Im einzelnen ordnet Platon dem Feuer von fünf Körpern den kleinsten zu, die Pyramide; sie habe die wenigsten Standflächen und sei darum der beweglichste Körper; sie habe die spitzesten Ecken und sei darum am ehesten fähig, andere Körper zu spalten. Der Luft ordnet Platon den zweitbeweglichsten Körper zu, das Oktaeder, dem Wasser den drittbeweglichsten, das Ikosaeder, die Erde verbindet Platon mit dem Würfel: das unbeweglichste, formbeständigste Element mit dem Körper, der am sichersten auf seinen quadratischen Standflächen ruht. Das Dodekaeder schliesslich, die Form, die der Kugel am nächsten kommt, "hat der Gott für das All verwendet und es zugleich mit Bildern ausgeschmückt.""
Aus: Klaus Bartels: Zeit zum Nichtstun, Streiflichter aus der Antike - Zürich 1989

5. Abwicklungen - Netze

Sollen Platonische - oder andere reguläre Vielecke konstruiert werden, ist es nötig, vorgängig massgerechte Baupläne - Abwicklungen, Netze zu erstellen. Das Entwerfen solcher Abwicklungen ist eine hervorragende Schulung der räumlichen Vorstellungskraft, gilt es doch nicht nur brauchbare - sondern gute Pläne zu erstellen, die mit möglichst wenig Aufwand zu möglichst guten Ergebnissen führen. Zusätzlich schafft die genaue zeichnerische Umsetzung der Entwürfe beste Gelegenheiten zur Schulung von Fertigkeiten im Umgang mit dem Computer.
Bevor wir die verschiedenen Abwicklungen vorstellen, ihre Qualität analysieren, ein Blick auf die Fertigkeiten am Computer, die beim Erstellen der Entwürfe geschult werden:
Zeichnung Bearbeiten Figur zeichnen Figur nach Bedarf
Rasterfang ein Polygonseiten
Seitenzahl bestimmen
- platzieren
- duplizieren
- drehen
- frei drehen

5.1 Das Tetraeder, zusammengesetzt aus 4 gleichseitigen Dreiecken

Sind die beiden Vorschläge von gleicher Qualität?
Gibt es noch weitere Möglichkeiten, wenn Drehungen und Spiegelungen nicht als neue Möglichkeiten gezählt werden?

5.2 Das Oktaeder, zusammengesetzt aus 8 gleichseitigen Dreiecken

Auch hier zwei Möglichkeiten.
Eine davon ist eindeutig besser: Es sind weniger Schnitte notwendig, die Gefahr, dass das Netz zerschnitten wird, ist kleiner.
Es ist wichtig, dass Schülerinnen und Schüler auf solche Unterschiede hingewiesen werden. So wird das räumliche Vorstellungsvermögen entscheidend verbessert.

5.3 Das lkosaeder, der Zwanzigflächer

Trotz der vielseitig gegliederten Oberfläche hat das lkosaeder eine einfache Grundstruktur.
Hier eine Variante zum in 4.3 vorgestellten Netz.

5.4 Der Würfel, zusammengesetzt aus 6 gleichen Quadraten

Der Würfel bietet eine gute Gelegenheit, die Struktur einer Abwicklung genauer zu begründen, wenn man überprüft, wieviele Möglichkeiten überhaupt bestehen, ein solches Netz zusammenzustellen:
11 Würfelnetze...
Gibt es weitere Möglichkeiten, wenn jede Art von Spiegelung ausgeschlossen wird?
Eine weitere Möglichkeit, mit der Struktur dieses Netzes noch besser vertraut zu werden besteht darin, ein Pfeildiagramm zu erstellen mit der Relation "Genau ein Unterschied".

5.5 Das Dodekaeder, der Zwölfflächer

Platon schreibt: "Es gab dann noch eine fünfte Zusammensetzung; doch diese verwendete Gott für das All, um es mit Bildern auszuschmücken..."
Interessant ist, in einem freiem Gespräch Vermutungen zusammenzutragen, wieso Platon diesem Polyeder eine besondere Stellung, einen eigenen Rang zukommen lässt...
Ein lnterpretationsversuch:
Es findet sich nirgends eine der beiden Grundformen, die Platon als besonders schön beschreibt, kein rechtwinkliges Dreieck mit den Winkeln 90/60/30 Grad, kein rechtwinklig-gleichschenkliges Dreieck.
Dafür taucht, wird die Figur unterteilt, plötzlich ein neues, kleineres reguläres Fünfeck auf...

Es lohnt sich, am Dodekaeder näher darauf einzugehen, wie solche Vielecke auf vorteilhafte Weise zusammengebaut werden können. Nicht immer ist das zusammenhängende Netz die beste Voraussetzung für den Bau. Es kann sich lohnen, das Netz in zwei oder mehrere kleinere Bauteile aufzuteilen, diese einzeln zusammenzubauen, um sie dann schliesslich zum Dodekaeder zusammenzufügen.
Eine Zerlegung in 2 achsensymmetrische Teile, die sich "vorfabriziert" besser zusammenfügen lassen.
Noch ein Wort zum Bau der Körper: Für unsere Zwecke genügt es, das normale 80 g / Quadratmeter schwere Papier zu verwenden, die Stellen, die geklebt werden müssen mit Magicband zusammenzufügen. Wird Wert gelegt auf "schöne" Ausführungen, muss schwereres Papier verwendet werden, müssen Klebefälze eingefügt werden.
Am Beispiel des Dodekaeders soll gezeigt werden, welche Möglichkeiten sich eröffnen können, wird eine der elementaren Formen eingehender betrachtet:

6. Zur Sprache der Mathematik - Algoritmen

Die regulären Körper haben nicht nur ihre "sichtbaren Gesetzmässigkeiten" gemeinsam. Für den flüchtigen Betrachter nicht sichtbar sind auch andere Gesetzmässigkeiten. Von ihnen sollen zwei ins Blickfeld gehoben werden. An diesen beiden Beispielen soll zudem gezeigt werden, dass Mathematik ihre eigene Sprache, ihre eigenen Zeichen (Symbole) hat, die dem Kundigen das Verstehen erleichtern, die dem Nichtkundigen aber oft nur schwer verständlich sind.
Wir greifen auf zwei Entdeckungen von René Descartes (1596 - 1650) und Leonhard Euler (1707 - 1783) zurück. Wir versuchen, die Rechenvorgänge in Flussdiagramme umzusetzen.


Die Entdeckung des René Descartes:

Wie die Anzahl der Ecken in einem regulären Vieleck berechnet werden kann: Man berechnet die Winkelsumme der Winkel, die in einer Ecke des Körpers ihre Scheitelpunkte haben. Anschliessend ergänzt man dieses Ergebnis auf 360.
Schliesslich teilt man 720 durch die so erhaltene Zahl. Das Ergebnis dieser Teilung gibt die Anzahl der Ecken des Körpers an.

Am Beispiel des Würfels:
3 Winkel, jeder misst 90 Grad. Summe: 270 Grad.
Die Differenz zwischen 360 Grad und 270 Grad ergibt 90 Grad.
Teile 720 Grad durch 90 Grad. Das Ergebnis ist 8. Der Körper hat 8 Ecken.

Der Eulersche Polyedersatz:

Bestimme die Anzahl der Flächen, die zusammen die Oberfläche der Figur bilden.
Bestimme dann die Anzahl der Ecken.
Die Anzahl der Kanten erhältst du, wenn du diese beiden Zahlen zusammenzählst und vom Ergebnis 2 wegzählst.

Am Beispiel des Würfels:
Der Würfel wird durch 6 Flächen begrenzt.
Wir zählen 8 Ecken.
Wir addieren diese beiden Zahlen und erhalten 14.
Vom Ergebnis subtrahieren wir (die Konstante) 2.
Wir erhalten als Ergebnis 12. Der Würfel hat 12 Kanten.

6.1 Ein Flussdiagramm für den "Polyeder-Ecken-Satz" von Descartes

Ein sehr aufwendig gestaltetes Beispiel. Sicher liesse sich der ganze Block mit den Speichern auch einfacher gestalten.
ANFANG
Bestimme in einer Ecke
die Summe aller Winkel, die dort
ihre Scheitelpunkte haben
Schreibe das Ergebnis in Speicher B
Rechne
A - B
Notiere das Ergebnis
in den Speichern C und E
Teile
D : E
Notiere das Ergebnis in Speicher F
In Speicher F steht
wieviele Ecken der Körper hat
Vor dem Weiterfahren:
Streiche alle Zahlen
die du geschrieben hast
ENDE

Speicher
A B C D E F
Grad Grad Grad
360 - [ . . . . . . ] [ . . . . . . ] 720 : [ . . . . . . ] = [ . . . . . . ]

6.2 Ein Flussdiagramm für den "Polyeder-Satz" von Euler

ANFANG
Bestimme die Anzahl der Flächen
die die Oberfläche des Körpers
begrenzen
Bestimme die Anzahl der Ecken
die diese Figur hat
Addiere diese beiden Zahlen
Notiere das Ergebnis in Speicher A
Subtrahiere 2 von der Zahl
in Speicher A
Notiere das Ergebnis in Speicher B
In Speicher B
steht wieviele Kanten die Figur hat
Bevor du
eine weitere Figur untersuchst
streichst du alle Zahlen
in den Speichern A und B
ENDE

Auch dieses Flussdiagramm lässt sich anders darstellen. So könnten die ausgezählten Zahlen je in einen eigenen Speicher geschrieben werden. Auch wäre es möglich, die Konstante -2 ins Diagramm einzubauen.
Das Entwerfen von Flussdiagrammen bietet den Schülern Gelegenheiten zu eigenem Durchdenken der Algoritmen, dadurch werden diese besser verständlich. Da es immer mehrere mögliche Lösungen gibt, ist anschliessend eine vergleichende Betrachtung angebracht, in der die verschiedenen Gedankengänge nachvollzogen werden, was das Verständnis zusätzlich klärt und vertieft.

7. Erweiterung der Formenwelt

Ausgehend von der Basis, den Platonischen Körpern, erschliessen sich verschiedene Möglichkeiten des Ausbaus:

Platonische Körper
-Tetraeder
-Oktaeder
-lsokaeder
-Würfel
-Dodekaeder
Geodätische Dome
zum Beispiel:
-Bucky Ball
-Geodätische Kugel
Eigene Versuche
mit Kombinationen
der Grundformen
Archimedische Körper
zum Beispiel:
-Würfelstumpf
-Kuboktaeder
-lkosaederstumpf
-Rhombenkuboktaeder

Um dem Alter, der Neugier und auch dem Drängen nach eigenen Versuchen entgegenzukommen, wählten wir den mittleren Weg, gaben als erste Anregung einfach den Hinweis, dass verschiedene der Grundformen miteinander kombiniert und so neue Körper geformt werden könnten.
Rasch erkannt und ausgeführt wurden die hier aufgezählten und kurz vorgestellten Körper: Überraschend war, wie rasch mögliche Kombinationen entworfen, geprüft, verworfen oder zur Ausführung bestimmt wurden!
Die vorgängig durchgespielten Parkettierungsübungen, die Auseinandersetzungen mit den Platonischen Körpern bilden das Grundwissen, auf das die beiden wichtigsten Merksätze sich abstützen:

Kombinationen aus Quadraten und gleichseitigen Dreiecken schienen die bautechnisch einfachsten Möglichkeiten. Es wurden deren zwei gefunden:

7.1 Der Zweiundzwanzig-Flächer (14 Quadrate, 8 gleichseitige Dreiecke)

Das Rhombenkuboktaeder, einer der Archimedischen Körper
Man bestimme mit Hilfe der Sätze von Descartes und Euler die Anzahl der Ecken und die Anzahl der Kanten.

7.2 Der Vierzehn-Flächer (6 Quadrate, 8 gleichseitige Dreiecke)

Das Kuboktaeder
Ach hier gilt:
Überprüfen mit Hilfe der Sätze von Descartes und Euler.

Schliesslich wurde mit einem andern 14 - Flächer, dem Oktaederstumpf ein Körper gefunden, der nicht nur durch Vierecke und gleichseitige Dreiecke begrenzt wird:

7.3 Ein Vierzehn-Flächer begrenzt von viereckigen - und sechseckigen Flächen (6 Quadrate, 8 Sechsecke)

Der Oktaederstumpf
Im Netz deutlich erkennbar die Zerlegung in zwei gleiche Bauteile - eine gut nachbaubare Abwicklung!

Es liessen sich weitere Körper entwickeln. P. Adam / A. Wyss zeigen in ihrem Werk "Platonische und Archimedische Körper, ihre Sternformen und polaren Gebilde" (P. Haupt Verlag und Verlag Freies Geistesleben, Bern und Stuttgart) die ganze Fülle der Möglichkeiten sowie Deutungen aus anthroposophischer Sicht Wir lassen es mit 3 Eigenentwicklungen bewenden, haben wir uns doch bescheidenere Ziele gesteckt:
Unser nächstes Ziel wird sein, aufzuzeigen, dass die geodätischen Dome Weiterentwicklungen der bisher gefundenen Formenwelt sind.

8. Von den geodätischen Domen

Die geodätischen Dome - eine freie Weiterentwicklung der Platonischen - und Archimedischen Körper. Entwickelt wurden sie von Richard Buckminster-Fuller (1895-1983>. Wir wählen aus der Fülle der Möglichkeiten deren zwei aus: den Bucky-Ball, den Ball, der mit seiner Bezeichnung an Buckminster-Fuller erinnert, uns allen als "Fussball" bekannt ist. Abschliessend dann werden wir die "Geodätische Kugel" etwas näher betrachten. In beiden Fällen gehen wir anders vor, als in den vorangehenden Arbeiten.

8.1 Der Bucky-Ball

Der Bucky-Ball ist ein 32-Flächer, ein lkosaederstumpf, zusammengesetzt aus 12 Fünfecken und 20 Sechsecken.
Bei den Auseinandersetzungen mit den Platonischen Körpern war immer "Platon", der Rückgriff auf seine Grundformen der Grund, auf den wir bauten. Beim "Bucky-Ball" gehen wir grundsätzlich anders vor:
Mit diesem Vorgehen wird ein Verfahren durchgespielt, das in jeder Serienfertigung grosse Bedeutung hat, das den Schülern aber auch aus dem "normalen Unterricht" durch die Standardverfahren der 4 Grundoperationen bekannt sein kann: Hier zwei einfache, gut strukturierte Grundformen, aus denen sich ein "Bucky-Ball" zusammensetzen lässt.
Jede Form wird viermal verwendet.
Eine Abwicklung, entstanden durch planmässiges Zusammenfügen der beiden Bauelemente
In diesem Beispiel werden immer die beiden zentralen Sechsecke zusammengefügt. Da aber alle Grundfiguren die gleichen Seitenlängen haben, könnten auch andere Stellen zur Verbindung der Bauelemente gewählt werden. Auf Grund dieser Gegebenheit eröffnen sich neue Aufgabenstellungen: Solch langgezogenen Verkettungen von Bauteilen begegnen wir auch in der Chemie, wenn wir den Aufbau von Polymeren betrachten.
Wir haben hier ein Beispiel vor uns, das aufzeigt, wie uns durch Konstruktion entstandene Formen künstlich, gesucht, fremd erscheinen, in andern Zusammenhängen sich plötzlich als Konfigurationen erschliessen, die auch in der Natur vorkommen.
Andere solche Querverbindungen finden wir in den Strukturen von Kristallen...

8.2 Buckminster Fullers "Geodätische Kuppel"

F'ür die EXPO 1976 in Montreal erhielt Buckminster Fuller den Auftrag, den amerikanischen Pavillon zu entwerfen. Aus seinen Entwürfen entstand schliesslich die hier vorgestellte "geodätische Kuppel", eine der Kugelform angenäherte Kuppel, in der eine kleine Anzahl einfacher ebener Grundelemente so zusammengefügt werden, dass sie schliesslich eine kugelähnliche Kuppel bilden.
Wir lassen die Schülerinnen und Schüler die Kuppel betrachten, notieren ihre Beobachtungen. Wichtig ist, dass sie erkennen, dass die Struktur sich aus Dreiecken zusammensetzt, dass diese aber nicht gleichseitig sein können, da sonst kein Gewölbe entstehen könnte...
Grundform dieser Kuppel ist der "Bucky-Ball", ein Netz von Fünf- und Sechsecken.
Deutlich erkennbar ist, dass der Streckenzug von A nach B nicht gerade sondern leicht gebrochen verläuft.
Die Form des Doms wird geformt, indem gleichschenklige Dreiecke (Teile der Fünfecke) und gleichseitige Dreiecke (Teile der Sechsecke) zusammengefügt werden.
In Bonn van Loons Büchlein "Geodesic domes" findet sich ein Modellbogen, für einen solchen Dom, der sich aus 105 Dreiecken zusammensetzt (siehe Literatur).

9. Literatur


Nachtrag der Internet-Redaktion: Ich habe die bemerkenswerte Arbeit so schnell wie möglich ins Netz gestellt, dabei sind die vielen Zeichnungen auf der Strecke geblieben. In den meisten Fällen wird der Text dem Leser ausreichende Information bieten, an einigen Stellen fehlen die Bilder wirklich. Für eine Originalkopie mit den Zeichnungen wende man sich an den Autor: Hans A. Kauer, In der Gand 33, CH-8126 Zumikon; Tel. 01-918 05 14

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