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14. April 1986

Thema: Kraft und Gegenkraft I

# Martin Wagenschein
* Seminarteilnehmer
- weitere Seminarteilnehmer in derselben Runde
() redaktionelle Kommentare

# Vielleicht wollen die alten Kunden einmal sagen, was wir hier tun.

* Eine sehr interessante Physik, die Verbindung zwischen der Höhenluft und dem Fußboden versuchen Sie zu machen.

# Wieso?

* Ja, das Verständnis aufzubauen, um in diese Höhenluft zu kommen.

# Schön, da kann ich mir aber nichts drunter vorstellen. Ich höre es zum ersten Mal.

* Ich denke an die theoretischen Physiker, die in ihren Denkmodellen abgeschwebt sind, die oben in den Wolken irgendwo hängen und den Kontakt zur Realität meist verloren haben, weil sie nur noch in ihren Modellen denken und auch so befangen sind von diesen Modellen, dass sie nicht mehr mit den Phänomenen vergleichen können.

# Was sind Phänomene?

* Das was ich sehe, in der Natur, sehe ich als Phänomen, irgend eine Erscheinung, einen Sachverhalt.

# Wollen die anderen nichts sagen, die alten Kunden?

* Dass man sich wieder wundern kann über Dinge, die einem so alltäglich geworden sind, ohne dass man sie jemals richtig verstanden hat.

# Sagen Sie das bitte noch einmal.

* Ja, es geht darum, dass man sich wieder wundert und dass man naive Fragen stellen kann, Fragen, wie sie auch Kinder haben, über Dinge, die einem schon vorher so alltäglich und bekannt waren, dass man überhaupt nicht mehr über sie nachgedacht hat. Dass man dann ganz grundlegende, alltägliche Phänomene wirklich physikalisch verstanden hat und ihnen auf den Grund gehen kann.

# Vielleicht können die Neuen jetzt an die sich wenden, die bisher gesprochen haben und fragen, was sie eigentlich meinen. Haben Sie einen Eindruck? Sie dürfen ruhig nein sagen.

* Also das, was eben gesagt worden ist, schwebt für mich irgendwo in den Höhen. Das sind Worte irgendwie nur, das sagt mir überhaupt nichts.

- Ja, nicht viel.

- Ja, die eigentliche Arbeit bestand in den letzten Semestern eigentlich immer darin, dass man ein bestimmtes Phänomen, zum Beispiel warum ein Schiff schwimmt. So ein schweres eisernes Ding, wieso soll das eigentlich schwimmen, dass man das eben konkret untersucht und von allen Seiten beleuchtet, um eben die Prinzipien, die dahinter stehen, auch zu entwickeln, herauszufinden aus den Sachverhalten, also aus diesem Phänomen, dass das Schiff schwimmt, dann eben herauszufinden, warum das so ist, warum das so sein muss, und ob es so sein muss.

# Dass man es nicht wie macht?

* Dass man nicht deduktiv von der theoretischen Physik her so einen abstrakten Aufbau macht, wie das ja oft üblich ist.

# Ja, aber für die simple Frage, warum ein eisernes Schiff schwimmt, braucht man doch nicht viel theoretische Physik.

* Ja gut, aber wenn man den Auftrieb nimmt und dann von den...

# Wie macht man das?

* Ja, ich sage einfach, auf Grund des Auftriebs schwimmt das Schiff und damit ist der Fall erledigt.

# Ja, da ist schon was vorausgegangen?

* Ja, dass man den Auftrieb vielleicht erklärt hat.

# Das ist vorher gewesen?

* Ja.

# Also man untersucht den konkreten Fall auf Grund von Kenntnissen, die man hat.

* Oder man oktroyiert sie denen auf, den Kindern die Kenntnisse, man vermittelt die als fertiges Denkmodell und das haben die gefälligst zu glauben dann.

- So eine Frage wird ja auch meistens gar nicht gestellt, warum ein Schiff schwimmt. Sondern ich kenne das so, dass das ganz anders aufgebaut ist und man gar nicht mehr den Bezug zu so einem Schiff dann ohne weiteres herstellen kann.

# Ja, das Schiff ist ja nur ein spezieller Fall von dem, was man schon weiß. Ist das nicht ganz schlau?
Also ich hatte sagen wollen für die, die neu da sind, ich bitte die alten Kunden, mich zu korrigieren, wenn ich unklar bin: Um es ganz kurz zu machen, dass die Schule ja schon seit Jahrzehnten darunter leidet, was man Stoffülle nennt. Ich kenne das aus mehreren Kommissionssitzungen, immer dasselbe. Man ist sich darin einig, da ist viel zu viel, und das geht auch zu schnell, deswegen wird es nicht verstanden oder es wird in einer scheinbaren Weise verstanden. Dann weiß man eben Auftrieb und so. Was man dagegen tun kann? Das beschäftigt sowohl Pädagogen als auch Fachleute schon lange. Da gibt es nun diesen Satz von Planck, ich habe ihn mitgebracht:
Ein einziger mathematischer Satz (er sagt mathematisch, sagt nicht physikalisch, obwohl er es gesagt hat in einer Versammlung von Ingenieuren, nicht einmal Lehrern, und es ist vielleicht beliebt, die Nebenwissenschaft zu beschuldigen und nicht die eigene) der von einem Schüler wirklich verstanden ist, hat für ihn mehr Wert als zehn Formeln, die er auswendig gelernt hat - und jetzt kommt die Hauptsache - und die er auch vorschriftsmäßig anzuwenden weiß.
Dieser Satz wird häufig überhört. Auf Deutsch sagt er, es genügt nicht zu wissen und anwenden zu können, sondern man muss auch verstanden haben. Und da hat man unendlich viel mehr, als wenn man eine Formel hat und auch damit arbeiten kann. Wirklich verstehen heißt den eigentlichen Sinn verstehen. Der Schluss wird so häufig überhört, dass auch das Anwenden nicht genügt. Wenn man anwendet, manipuliert man ja doch nur. Und dann ist man ja selbst manipuliert und hat gar nicht nötig, die Sache selbst richtig verstanden zu haben. Diese Situation ist erschwert dadurch, dass die Physiker fasziniert sind von ihren neuesten Entdeckungen. Das kann man ihnen nicht übelnehmen, da sie im Jahre 1900 einsetzen. Infolgedessen sind sie bestrebt, das alles in die Schulen hineinzunehmen. Woran ich mich deutlich erinnere: Als ich promoviert habe, war die Quantentheorie gerade neu, im Sinne von Planck, und noch die Relativitätstheorie. Wir waren davon dermaßen erfüllt, dass wir dachten, na ja, also Schule, das sind ja lauter Selbstverständlichkeiten. Ich ging sehr zögernd zur Schule und dachte, hoffentlich gibt man dir wenigstens eine Klasse, in der man die neuen Sachen bringen kann. Diese Versuchung ist allgemein, es scheint, dass man nichts dagegen machen kann. Man muss sich das so vorstellen, dass der Lehrstoff von unten durch einen Trichter immer neue Sachen hereinfördert. Sie glauben gar nicht, was die alles machen in den obersten Klassen, scheinbar machen, habe ich den Eindruck. Und das drückt natürlich nach unten, zusammen, und die Folge ist, dass die armen Kinder in der Sekundarstufe I das, was sie früher schon machen mussten, jetzt schneller machen müssen, damit sie dann vorbereiten können auf das da oben. Und dann beschweren sich diese Physiker, die das da unten reingesteckt haben, was an Grundkenntnissen fehlt. Das ist klar, das ist nur flüchtig. Dagegen ist bis jetzt nur ein Vorschlag klar geäußert. Bei diesem Vorschlag handelt es sich nicht darum, auf Unverstandenem, im strengsten Sinn unverstandenen Kenntnissen, diese Kenntnisse richtig anzuwenden. Man kann also richtig funktionieren, wenn man in dieser Lage ist. Man kann Physik treiben, und anwenden, ohne zu verstehen, Mathematik ebenso.
Statt dessen ist das zu tun, was man genetisch nennt, das heißt vom Ursprung an und was auf mathematischer Seite vertreten wird von Hans Freudenthal und von Wittenberg. Wittenberg ist schon lange tot, ich habe ihn gut gekannt, wir haben zusammen gearbeitet. Er ist davon überzeugt, dieser Satz steht auch bei Freudenthal: "Wiederentdeckung einer Wissenschaft von Anfang an." Freudenthal fügt hinzu: als Abschirmung, gegen Widerstand, unter Führung. Natürlich unter Führung. Aber die Leute, die es nicht verstehen, sagen: entdecken? Sie wollen doch nicht die ganze Wissenschaft von kleinen Kindern nochmal entdecken lassen? Also selbstverständlich unter Führung, sagen wir unter minimaler Führung. Wiederentdeckung einer Wissenschaft von Anfang an, und zwar an Beispielen. Man könnte das Schiff nehmen.
Nun möchte ich Sie fragen, wie ist denn Physik entstanden? Wenn man sie wiederentdecken soll? Es gab doch eine sehr lange Zeit ohne Physik, die ist ja eben erst zur Welt gekommen, seit ein paar hundert Jahren. Die Menschheit lebt mit ihrer Ausrüstung, wie die Anthropologen versichern, schon Zehntausende, Hunderttausende von Jahren, aber mindestens. Die sind nicht auf den Gedanken gekommen. Die muss doch irgendwo herkommen. Es war ja kein Lehrer da, der sie gelehrt hat, und es war ja keine Schule da, in die man gehen konnte. Wo kam die denn her? Und als sie herkam, ist es bezeichnend, dass sie herkommen musste. Und dass sie nicht leicht entstehen kann, das sieht man daran, dass sie nur die alte Welt kannte, die Indianer dachten nicht an so etwas. Die hatten natürlich auch ihre Auffassung von der Natur, ganz anders. Ja, wie entstand sie, ich meine bei uns, hier?

* Aus der Beobachtung der Natur, aus dem Versuch, Dinge in der Natur zu verstehen, erklären zu wollen.

# Das tun doch die Indianer auch. Ich habe ein Beispiel. Ich war einmal in Costa Rica und habe dort gehört, wie sie das Gewitter erklären. Im Gewitter verständigen sich die Vulkane miteinander. Die sprechen miteinander. Die sehen das ganz gut. So schon, das ist ganz interessant. Vulkane gibt es dort in Massen und Gewitter auch. Meist weiß man gar nicht, wieviele Gewitter da toben.

* Die Indianer, die Naturvölker, die erklären das doch alles mit der Religion. Vielleicht weil die Weißen die Religion eher abgelegt haben, das anders erklären konnten, nicht aus der Religion.

# Ohne das, also daneben, oder stattdessen?

* Stattdessen.

# Ja, ist deutlich.

* Ist das so, dass man generell sagen kann, dass die Indianer die Naturphänomene, die wir beobachten, anders erklären? Da gibt es ja auch Beispiele, dass die Medizinleute, die zum Teil, glaube ich, verkannt werden, nicht nur alles auf die Götter zurückführen, die bei den Indianern gebraucht werden, sondern durchaus auf fassbare, beobachtbare Gegebenheiten zurückführen. Also ich weiß jetzt nur ansatzweise, wenn es um Tänze geht, um den Regen herbeizurufen oder Ähnliches.

# Verzeihung, erzählen Sie bitte alles nochmal, etwas kürzer.

* Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich glaube, dass die Indianer oder deren Medizinmänner durchaus in der Lage waren, ohne die Götter bestimmte Sachverhalte zu beschreiben oder vorherzusagen, ähnlich wie das in meinen Augen auch die Physik zum Beispiel heute will.

# Auch vorherzusagen?

* Ja, auch vorherzusagen. Meines Erachtens gehört das dazu.

# Ja, ja. Nach den Berichten, die vorliegen, ist das zusammen zu sehen, wenn man sich ein bisschen in sie vertieft und nicht sagt, ja, das ist alles Aberglaube. Es gibt noch ganz andere Möglichkeiten, ich will nicht lange darauf eingehen. Noch ein Beispiel von den Indianern. Die hatten keine Räder, die fehlten bei ihren technischen Erzeugnissen. Man wundert sich. Dass die so dumm waren, könnten wir doch sagen. Soviel ich weiß, hat das einen Grund, nämlich Räder, das heißt Kreisbewegungen, bleiben den Göttern im Himmel vorbehalten. Respekt, das machen wir nicht, geht uns nichts an. Ist auch für uns sehr befremdend.
Ja, wie ist Physik denn nun entstanden? Wie kann man sich davon lösen, von dieser Auffassung, die alles zusammen bringt, nicht nur alle Natur zusammen bringt, sondern auch alles, was im Menschen vorgeht, außer dem Rationalen?
Ich weiß es übrigens auch nicht. Es muss so irgendwo bei den Griechen passiert sein. Es gibt aber auch noch andere Quellen, fällt mir eben ein. Die Eskimos. Das ist jetzt reine Physik, was wir machen.
Wenn hier (1) die Küste ist und da (2) ist das Meer, dann fangen sie einen Fisch, einen Riesenfisch, ganz schwer, indem sie ein Loch reinbohren und daran ziehen. So fünf Mann ziehen ihn dann raus. Aber meist macht man das nicht so. Sie setzen hier einen Pflock hin, führen von dem Pflock in das Loch (im Fisch) hinein und wieder heraus und jetzt, jetzt komischerweise mit Hilfe von diesem Pflock, der doch gar nichts davon weiß, der steht doch bloß herum, ziehen sie jetzt am anderen Ende, und zwar mit viel weniger Aufwand. Das ist eine Erfahrung, die haben sie gemacht, zufällig, und benutzen sie. Merken Sie, dass das Physik ist? Oder was sagen wir dazu? Das hat nichts mit Göttern zu tun, sondern mit Bewegungen, reiner Zufall. Die Entdeckung, die ist physikalisch. Die hätten ja, wenn man übertreiben darf, die hätten ja daraus Physik machen können. Sehen Sie etwas? Was soll hier Physik sein? Habe ich es richtig beschrieben? Ich beschreibe es noch einmal. ... Stimmt das denn überhaupt, dass es leichter wird? Können Sie das Physikalische erkennen? Kann einer von den Eskimos vielleicht erklären, was da geschieht?

* Ein Stück Technik als Lebensbewältigung.

# Die Physiker sollen sich etwas zurückhalten, die Nichtwisser unter Ihnen, die Nichtwisser sind die Wertvollsten.

* Also ich bin bestimmt kein Physiker, und ich kann mir trotzdem vorstellen, dass es dann leichter geht.

# Warum?

* Das kann ich mir einfach vorstellen, dass man nicht soviel ziehen muss, nicht soviel Kraft aufwenden muss.

# Haben Sie vielleicht schon einmal so ähnlich etwas gemacht? Wir machen das auch. Ganz wunderbar, wie wenig Physik Sie wissen! Keiner weiß, warum. Lehrbuch nicht, wenn ich mich nicht irre.

* In den Physikbüchern der Mittelstufe sind solche Dinge drin.

# Das Beispiel?

* Nein, nicht das Beispiel, aber das Prinzip.

# Ja, das kommt schon da vor, das wird den armen Kindern bereits eingebleut, aber anders.

* Ja, da ist es ganz nüchtern mit dem Flaschenzug....

# (Zu den `Nichtwissern' gewandt:) Haben Sie verstanden? Vergessen Sie es schnell. Sie haben es gehört? Sagen Sie es laut.

* Nein! Der Pflock zieht im Prinzip mit, der Holzpflock.

# Ich denke, sie hat das Kennwort genannt.

* Hm, habe ich nicht gehört.

# Ja, was Sie sagen, ist ja nun schon noch viel mehr. Sie sagt sogar, was sie versteht. Der Pfahl zieht mit, behauptet sie. Ist ja eine sehr kühne Behauptung.

* Es kommt einem so vor.

# Wie soll ein Pfahl, der einfach in den Boden gehauen ist und da rumsteht, plötzlich...

* Ja, der nimmt doch Zug auf, von der anderen Seite, und wenn man ihn zu dünn machen würde, würde er sich auch biegen oder brechen.

- Widerstand leistet er schon.

- Ja, er muss dick genug sein.

# Ja, dann spreche ich nun weiter.

* Also ich stelle mir das so vor: Wenn ich hier (am Seilende) ziehe, dann hat das Seil ja immer nachzukommen. Jetzt stoppe ich es an einem Ort, es kann nicht weiter nachkommen, weil der Pflock dort ein fester Punkt ist. Wenn ich ziehe, geht hier diese Spitze (=Seilende, nachdem es durch den Fisch durchgezogen ist) auch mit in die Richtung, wo ich ziehe. Wenn ich diese Spitze aber festmache (am Pflock), dann muss das Seil entweder reißen oder der Gegenstand, der befestigt ist, muss zu mir kommen.

- Ja, ich sehe es nicht ganz ein, die Begründung. Er hat gemeint, wenn ich das Seil an etwas befestige, dann kommt das Ende von dem Seil näher. Wenn man einen Widerstand irgendwo in der Mitte dann hat, irgendwo zwischen den beiden Enden von dem Seil.

- Nein, am anderen Ende!

- Bei dem ist der Widerstand der Fisch.

- Nein, bei ihm ist es der Pflock!

- Der Pflock ist bei dir der Widerstand?

- Nein, eben nicht, denn der Fisch ist nämlich das, was du transportieren willst und wenn der Fisch am Ende ist, ist der Fisch der Widerstand und den musst du ziehen.

# Sagen Sie bloß nicht, dass der Fisch schwimmt.

* Nein, wenn man das Ende des Seils verlegt und dann festbindet und festmacht, der Widerstand, den der junge Mann da meint, das ist der Pflock.

# Was meinen die anderen? Man müsste es natürlich machen.

* Da gibt es so schöne viele Knäuel Wolle.

- Die könnten wir als Seil nehmen, wir könnten mal probieren. Den Koffer da, den könnten wir als Fisch nehmen. Da ist eine Schlaufe dran und da sind Wollknäuel.

- Dann reißt meine Wolle!

- Nimm sie doppelt.

- Stell dir vor, es ist ein Test.

# Ein Gürtel wäre auch gut, ein glatter Gürtel.

* Und die Wolle da hinten?

- Nein, die brauche ich noch!

- Achtung, da kommt was (Gürtel von Herrn Voss).

- Das ist noch besser.

- Also pass auf, ich bin der Pflock, mein Finger ist der Pfahl.

- Nein, der zieht raus.

() usw. usw. Schlussendlich wird die Gürtelschlaufe an der einen Ecke vom Tisch eingehängt und der Gürtel durch die Kofferschlaufe gezogen und dann am Gürtelende gezogen.

* Ich merke jetzt gar keinen Unterschied.

- Du kannst auch direkt ziehen.

- Ja, dann ist es schwieriger.

- So, und dann ziehen wir nochmal anders.

- Ist so schon schwieriger geworden.

# Ja, tatsächlich?

* Wenn du Eskimo spielst, musst du zu ihr hin ziehen, sie läuft ja auf dem Strand lang und der Strand ist links.

- Ist doch klar, egal, wo du den Pflock hin machst, kann auch weit auseinander sein.

() Wird oft probiert.

- Ist schwierig, das zu fühlen.

- Man kann ja auch den kleinen Finger (zum Ziehen) nehmen.

- Aber einen kleinen Unterschied merkt man, ist schwierig, müsste man einen Kraftmesser haben.

- Ja bei einem Fisch, der ist etwas größer, ob man da fünfhundert oder vierhundert Kilo hat, da merkt man es schon.

- Und da haben sie es sich überlegt, wie kannst du es einfacher machen.

- Ich bezweifle, dass die sich das so überlegt haben. Die hatten den Pflock, nur damit sie den Fisch erst einfach mal festmachen und dann haben sie durch Zufall entdeckt, dass er sich dann einfacher wegschaffen lässt.

- Ich glaube nicht, dass das so überlegt war, wenn ich da jetzt einen Pflock hinmache und auf der anderen Seite ziehe.

- Dann hätten sie auch eine Wissenschaft daraus gemacht, wenn sie es überlegt hätten.

- Ja, vielleicht wissen sie auch ganz genau, warum das so ist.

# Vielleicht bitte ich Sie noch, etwas weniger durcheinander zu sprechen, damit man die Meinung eines einzelnen deutlich hört. Und nie zu schnell. Schon aus Rücksicht auf mich, ich bin sehr langsam. Ich frage immer noch, wieso Sie (gemeint ist der Zeigefinger, der zuerst vor der Tischecke den Pfahl repräsentieren sollte) den Pfahl darstellen wollten. Ich meine, der Pfahl zieht doch nicht, der ist doch groß, der ist doch eingerammt, der weiß doch von nichts, der merkt gar nicht, dass wir von ihm reden.

* Doch, aber so bewegungslos wäre er nicht. Wir haben doch vorhin gesagt, ein dünnes Stöckchen würde brechen. Das gibt nach. Also im Prinzip ist der Pfahl doch schon so etwas, das da durch seine Beschaffenheit auch da bleibt an seiner Stelle.

# Haben Sie etwas davon verstanden, was sie gesagt hat? Nochmal, sagen Sie es nochmal.

* Ja, eigentlich ist der Pfahl doch im anderen Sinn etwas Lebendes, aber etwas, was Kraft auf dieses Seil ausüben kann, nämlich, indem es ein dicker Pflock ist, bleibt er an der Stelle stehen. Und wenn es ein Stöckchen wäre, würde es eben nachgeben und dann würde das Ganze im Prinzip nämlich überhaupt nicht funktionieren. Und im Prinzip, dadurch, wie er halt ist, dick und unbeweglich, gibt er halt eben nicht nach und ein anderer Stock würde nachgeben.

- Ein Finger müsste das eigentlich spüren, dass daran gezogen wird.

- Ja, der kann aber auch der Kraft standhalten. Wenn ich den hier (an der Tischkante) dranklemme, genau wie der Pfahl.

- Dann ist aber der Zug da.

- Er hat die Muskelkraft und drückt an den Tisch.

- Man könnte ja aus Spass anstelle von dem Pflock so eine Gummilasche, wo man es einhakt, hinmachen.

# Das ist schon gesagt, ein dünner Stock, der sich verbiegt.

* Und wenn man stattdessen jetzt sagt, man nimmt etwas, was sich besonders stark verbiegt...

# Welches ist denn besser, das Dünne oder das Dicke? Welcher Pfahl?

* Der Dicke natürlich.

- Für Eskimos, ja.

# Ja, warum haben Sie denn dann den dünnen Pfahl genommen?

* Damit dann das Prinzip nicht mehr funktioniert.

# Bitte?

* Wenn das nicht mehr funktioniert, also dass die Kraft, die man aufwenden muss, geringer wird. Ja, weil der dünnere eben bricht.

# Haben Sie es verstanden? Nur nebenbei, Fachwort vermeiden bitte. Im Gegensatz zum Schulunterricht, wo man richtige Antworten haben will, die man mit einem Fachwort arrangiert, sich gar nichts drüber denkt, sollen Sie hier versuchen, so zu sprechen, wie wir sprechen von Natur aus, von Haus aus. Und zwar jeder in seiner Manier, keine Sprachregelung, sonst wird es ja nicht verstanden. Aber Sie müssen sich auch gegenseitig verstehen.

* Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, bedeutet das, du hast den dünnen Pfahl nur genommen um zu veranschaulichen, dass der dicke Pfahl etwas tut, was der dünne nicht kann?

# Was sagen Sie, der dicke tut etwas?

* Nein, er tut nichts, aber er hat eine Eigenschaft, die bewirkt, dass dieses Prinzip funktioniert, was der dünne Pfahl nicht kann.

# Und die Übergänge zwischen beiden?

* Es ist eigentlich auch so, dass der dicke Pfahl im Prinzip verbogen würde, nur dass man es an dem nicht sieht, weil er sich nach außen nicht verändert. Also nicht jetzt, nicht für den Eskimo sichtbar meine ich jetzt oder für uns. Wenn ich an dem Pfahl ziehe, verändert er sich ja schon.

# Wer hat damit zu tun? Wieso verändert sich der Pfahl?

* Weil eine Kraft wirkt.

- In dem Moment, wo das Seil um den Pfahl herumgeht, ich ziehe, wirkt ja irgendeine Kraft auf den Pfahl.

# "Kraft wirkt" ist schon gefährlich.

* Er wird eigentlich deformiert durch das Seil.

# Was war das eben? Nochmal.

* Er wird doch nicht deformiert.

- Ein dünner Pfahl wird deformiert.

- Nein, der wird auch nicht deformiert, der neigt sich vielleicht.

- Es ändert sich nichts, der wird nur in der Befestigung...

- Wenn man es oft macht und das Seil richtig herumgebunden hat, dann gibt es eine Kerbe rein.

- Genau.

- Aber man kennt das auch, am Hafen, da sind solche Holzbohlen und da sieht man, wie sich die Kerben reinbildeten.

# Ich weiß nicht, ob es nun klar ist, wieso der Pfahl zieht, aber klarer ist es schon. Wir sind schon nahe dran.

* Der Pfahl selbst zieht nicht.

- Der zieht nicht, der hält nur stand.

- Wenn ich keinen Pfahl da habe, ziehe ich an dem Fisch, und wenn ich den Pfahl da habe, dann ziehe ich im Prinzip an dem Pfahl.

# An dem Pfahl, ja.

* Ja, und dann ist das Seil. Das Seil gibt halt in der Richtung nach, dass es zum Schluss zwischen mir und dem Pfahl gespannt ist. Und daher kommt der Fisch auch immer näher, weil er nur so als Hindernis mit an dem Seil hängt.

- Ja, warum ist es denn einfacher, an dem Pfahl zu ziehen als an dem Fisch?

- Das ist deswegen so einfacher, weil du vorher eine direkte Verbindung gehabt hast zwischen dir und dem Fisch, das war schon in der größten Spannung sozusagen, das Seil. Und jetzt versucht das Seil nur die kürzeste Verbindung zwischen dir und dem Pfahl zu kriegen.

- Das ist aber länger mit dem Pfahl, das Seil.

- Ja, aber wenn es zieht, dann wird es die kürzeste Verbindung. Dass der Fisch dran hängt, ist dann eigentlich nur noch Nebensache.

- Es ist doch im Effekt so, dass du nur noch am halben Fisch ziehst und der Pfahl am anderen halben Fisch zieht. Dass man so nur noch an dem halben Fisch sozusagen zieht. Wenn ich den Fisch betrachte, dann habe ich auf der einen Seite mich, auf der anderen Seite den Pfahl. Es ziehen praktisch zwei Seiten an dem Fisch, aber ich stelle ja nur eine Seite dar, so dass ich nicht das volle Gewicht auszuhalten habe.

# Immer nochmal, bitte. Das ist ja wichtig, und deshalb bitte nochmal.

* Also der Fisch wird gehalten von zwei Stellen, die eine Stelle bin ich, und da er von zwei Stellen gehalten wird und ich nur die eine bin, halte ich den Fisch nur zur Hälfte.

# Ist klar?

* Mhm, hmm, ja.

# Nur, wer es schon weiß.

* Ja, wenn wir aber jetzt nur einen halben Fisch dranhängen und binden den an den Pfahl über das Seil, kann der Pfahl nicht mehr ziehen. Also irgendwie, der Pfahl allein kann nichts bewirken. Es gehört die andere Seite dazu, der Eskimo dazu, dass etwas passiert.

# Also ich würde immer fragen, der Eskimo zieht wirklich und der Pfahl, der hält nur? Wieso hat er dann nur die Hälfte zu tun?

* Ich stelle es mir gerade so vor, dass ich zunächst mal an beiden Seiten einen Menschen hinstelle, dann wird jeder Mensch nur die Hälfte ziehen. Stelle ich mir jetzt an der einen Seite keinen Menschen vor und keinen Pfahl, dann zieht das Seil gerade heraus. Stelle ich mir jetzt einen Menschen vor, der nicht zieht sondern drückt, ja, dann muss der andere Mensch auf der anderen Seite ja auch nur die Hälfte ziehen.

- Hält statt drückt?

- Nein, drückt. Also stellen wir uns vor, das Seil sei ein Gegenstand, der auch drücken kann, der linke Mann muss dann die Hälfte ziehen und wenn der rechte Mann zieht, muss er auch die Hälfte ziehen. Beim Ziehen muss er also die Hälfte ziehen und beim Drücken...

- wieso beim Drücken?

- beim Drücken auch nur die Hälfte...

- Dann müsste das Seil im Prinzip eine Stange sein, und mit der Stange drückst du den Fisch halt und der andere zieht halt.

- Genau, dann muss er auch nur die Hälfte.

- Das geht aber nicht.

- Wieso geht das nicht?

- Weil die Stange ist starr und wenn du die Stange von hier bis zum Fisch hast, dann kann ich dann nicht mehr ziehen, dann muss ich in die Richtung laufen dann.

- Mit dem Seil kann man keine Druckbewegungen ausüben. Das geht nicht.

- Müsste ein Seil mit Gelenk sein.

- Das würde dann insofern erklären, dass ich beim Ziehen und beim Drücken jeweils die Hälfte der Kraft brauche, dann brauche ich auch, wenn es ein Pfahl ist, das heißt beim Ziehen oder Drücken, wenn das zur gleichen Zeit ist, dann baruche ich dann auch nur die Hälfte der Kraft.

- Ja, aber ich finde, wenn das Drücken gar nicht möglich ist, kann man damit gar nichts erklären.

# Ich verstehe nicht, warum Sie von drücken sprechen. Was meinen Sie?

* Ich meinte, dass auf der Pfahlseite - also wir konnten uns ja nicht genau erklären, warum der Pfahl ziehen soll oder warum er, wie gesagt, drücken soll.

# Ach, Sie meinen die Rückseite vom Pfahl?

* Ja.

- Aber man könnte es sich auch noch anders erklären. Und zwar der Fisch will doch sicherlich weg von dem Seil, und wenn man jetzt so ein einfaches Seil an den Pfahl bindet und den Fisch daran bindet und den Fisch daran hindert wegzuschwimmen dann ist ja das Seil unter einer bestimmten Spannung, also so viel wie der Fisch ziehen kann. Und wenn ich jetzt einfach einen zweiten Pfahl da reinhaue und ein zweites Seil auch dahin, meinetwegen an einem Haken, an dem der Fisch hängt, durchgeschleift, dann zieht der Fisch eben an zwei Pfählen. Aber er kann trotzdem nur mit der gleichen Kraft ziehen wie vorher, als er an einem Pfahl gehangen hat und insofern teilt sich die Kraft auf die beiden Pfähle auf. Wenn ich jetzt den einen Pfahl rausziehe und an diesem Seilende ziehe, dann muss ich auch nur mit der halben Kraft ziehen wie der Pfahl vorher, der es gehalten hat.

* Woran sieht man aber, dass, wenn man zwei Pfähle dran hat, jeder Pfahl nur die Hälfte der Kraft ausübt?

- Man könnte dünnere Pfähle nehmen und sie biegen lassen.

- Das vermute ich jetzt einfach einmal.

- Man muss das irgendwie zeigen können, weil ein schwacher Pfahl, an dem sieht man nichts.

- In dem Moment hat man auch nur das Kräftegleichgewicht, also den statischen Zustand, dass man zwei Pfähle hat und für den einen Pfahl springt jetzt der Mann ein. Aber was man noch nicht hat, ist, wenn der zieht. Ob er dann tatsächlich weniger zu ziehen hat, nach der Bewegung, während der Pfahl ist ja zunächst nur ein statischer Zustand.

- Ja, das erklärt zumindest in dem Fall, wenn ich verhindern will, dass der Fisch wegschwimmt, dass man nur halb soviel Kraft braucht.

- Ja, wenn man da stehen bleibt, sicher.

- Das erklärt den Ausgangspunkt von deiner Bewegung, so wie der Mann da steht, hat das Seil in der Hand. Und jetzt muss er anfangen zu ziehen. Die Kraft braucht er, um es halten zu können.

- Ja gut, das ist noch ein anderer Vorgang. Es ging jetzt nur darum, warum ist es leichter für ihn.

- Festzuhalten, es zu ziehen...

- Ja gut, das haben wir noch nicht erklärt.

- Das Ziehen gehört aber in jedem Fall dazu, ob ich jetzt alleine nur an der Leine ziehe oder so. Also dadurch, dass durch diesen Zustand der Fisch erst einmal gehalten ist, in einer bestimmten Position, diese Kraft wird geteilt. Dass also auch das Ziehen sich zusammensetzt aus Verschiedenem.

- Ist denn dann das alleinige Ziehen überhaupt leichter? Wenn du das so erklärst, heißt das für mich, der Anfang ist nur, dass man den Fisch hält und das Ziehen wäre dann aber in beiden Fällen gleich, ob der nun über den Pflock angebunden ist oder direkt am Fisch angebunden ist. Das ist nur im ersten Moment, wenn ich stehe und den Fisch halte, dann ist es leichter.

- Dieses Halten musst du ja nicht den ganzen Vorgang über machen.

- Ja, man kann sich dieses Ziehen im Vergleich zum Halten ja so vorstellen, das Festhalten ist gerade der Gleichgewichtszustand, da zieht der Fisch genau so stark wie ich. Und wenn der Fisch jetzt ein bisschen stärker zieht als ich, dann fliege ich ins Wasser und wenn ich ein bisschen stärker ziehe, dann kann ich ihn herausziehen. Wie lange das Ganze dauert, das müsste man dann halt untersuchen.

- Dazwischen ist dann der Gleichgewichtszustand, zieht dann der Fisch oder der Pflock?

- Beides.

- Wer zieht wieviel von den beiden?

- Der eine zieht in der einen Richtung soviel und der andere in der anderen Richtung soviel. Weil sie beide gleich stark ziehen, bewegen sie sich eben nicht, so wie ich das sehe.

- Drei sind also beteiligt, der Pfahl, der Fisch und ich. Und wer zieht jetzt wieviel?

- Warum fragst du mich?

- Man muss sich das einfach so überlegen können, ohne dass man etwas weiß.

- Ja, ich sage halt, einer kann halt nur eine bestimmte Kraft aufwenden und da der Fisch sicherlich um sein Leben kämpft, wird er sicherlich seine volle Kraft einsetzen.

# Der ist schon tot!

* Er ist schon tot? Ja gut, die Kraft, mit der der Fisch dann zieht, ist halt sein Gewicht, mit dem er nach unten hängt. Und wenn es etwas stärker ist als ich halten kann, dann falle ich auch ins Wasser.

# Der Pfahl ist auch tot.

* Zwei Tote gegen einen Lebendigen!

- Scheinbar ist es doch so, dass der eine Tote mit dem Lebendigen zusammenarbeitet.

- Wenn der Fisch tot ist, dann braucht es auch diesen Gleichgewichtszustand nicht.

# Wo ist denn das Gleichgewicht?

* Wenn man zwei Pflöcke nehmen würde und das Seil durch den Fisch durchzieht, dann würde der an der Stelle gehalten werden, weil er ja eigentlich in die entgegengesetzte Richtung wenden will.

- Ja, das sage ich ja.

- Aber er bleibt da, wo er ist. Warum soll er denn weg?

- Ja, was passiert, wenn ich loslasse, mit dem Seil?

- Ja, wenn du jetzt auch noch die Strömung mit einbeziehst, kannst du genausogut sagen, vielleicht kommt er dann irgendwann zum Ufer. Aber ich würde mir nicht unnötige Gedanken darüber machen, ob er nicht vielleicht irgendwann aufs Meer hinausgetrieben wird und deswegen von zwei Pfählen festgehalten wird.

- Ja, wenn du nämlich das hier nimmst, was wir vorhin ausprobiert haben mit der Tasche, die Tasche bleibt da, egal ob sie will oder nicht, solange da niemand dran zieht.

- Wir können es auch so machen, dass wir die Tasche, was weiß ich, auf den Boden stellen oder in die Mitte hängen, irgendwo aufhängen und an zwei Seilen eben.

- Aber das Phänomen müsstest du ja auch an der Tasche, was wir vorhin ausprobiert haben, erklären können.

- Ja, kann man auch. Das möchte ich jetzt gerade noch einmal machen. Wenn ich alleine die Tasche halte, dann bewege ich die gar nicht, ich halte sie nur fest. Ich übe bloß eine Kraft aus, das spüre ich ja an der Hand. Wenn es zu schwer wird, dann muss ich loslassen, weil die Kraft nicht ausreicht, die ich habe. Wenn aber zwei die Tasche festhalten, dann könnten die es eher bewältigen, wenn beide gleich stark sind.

- Und wenn die Tasche da liegt?

- Ja, dann braucht gar niemand etwas zu machen.

- Ja, und wie erklärst du dann den Holzpflock?

- Ei ja, in dem Fall brauche ich gar keinen, ob ich jetzt einen Holzpflock irgendwo habe oder nicht.

- Ja, eben doch, das haben wir doch eben ausprobiert. Wenn man nämlich dann den Gürtel und so hübsch und schön, und da ist der Pflock und der andere zieht und dann kommt die Tasche zu mir her.

- Der Fisch soll ja auch nicht dort bleiben, der soll ja an Land.

- Du, was der Reinhard erklären wollte mit dem schwimmenden Fisch, der wollte nur klar machen, dass, wenn er zwei Pflöcke hat, dass jeder Pflock nur mit halber Kraft halten muss.

- Das erklärt meiner Meinung nach immer noch nicht, warum der Pflock im Prinzip beim Ziehen mithilft. Das sehe ich nicht.

- Er übernimmt einen Teil der Kraft, die notwendig ist, um den Fisch da rauszuziehen.

# Wer ist denn der Meinung, dass wir es gelöst haben, das Rätsel?

* Also mir ist noch nicht ganz klar, warum das nur die Hälfte der Kraft ist.

# Es meldet sich niemand?

* Ja, ich habe auch gesagt, die ist mir jedenfalls nicht klar. Ich kann mir zwar, rein von der Anschauung, sagen, das muss einfach so sein, aber warum, kann ich nicht sagen.

- Nein, ich kann es mir immer nur dadurch vorstellen, dass wir im Prinzip nicht mehr an dem Fisch sondern an dem Pflock ziehen, und nun versuchen, den Weg von dem Seil zu verkürzen, dadurch dass der Fisch einfach als Nebenerscheinung näher kommt - Ja, wir ziehen nicht mehr an dem Fisch, aber warum das leichter ist, ist mir nicht einsichtig. - Ja, wie stark du ziehen musst, hängt das denn nicht mehr ab von dem Fisch, sondern nur noch von dem Pflock, oder wie ist das?

- Ja, du musst nicht mehr direkt auf dich zu ziehen, du musst nur das Seil in eine andere Richtung ... ich weiß auch nicht, wie ich das beschreiben soll. Sonst war halt der Punkt, an dem du gezogen hast, der Fisch, war dir direkt gegenüber. Das Seil hat offenbar den größten Widerstand geboten, weil es die kürzeste Verbindung war zwischen dir und dem Punkt, was du ranziehen willst. Wenn du jetzt an dem Pflock ziehst, dann hat das Seil eine viel längere Verbindung inzwischen, zwischen dir und dem Pflock. Und du willst es im Prinzip nur auf die kürzeste Verbindung bringen, das den größten Widerstand bietet.

- Ja, aber warum soll das dann leichter gehen, das ist für mich keine Erklärung.

- Doch, dass es leichter geht, schon. Stell dir vor, der Fisch auf dem Wasser und du musst ins Landesinnere laufen um den Fisch ans Land zu ziehen. Jetzt kommt hinter dir ein Berg. Den musst du also rauf laufen. Und das ist doch schwieriger als wenn der Pflock da ist, dann brauche ich nicht mehr auf den Berg zu laufen, sondern ich kann auch zur Seite laufen und dann ist die Nebenerscheinung, dass der Fisch auch ans Wasser kommt, weil das Seil versucht ... aber es bewegt den Fisch trotzdem.

- Ich weiß nicht, warum du den Berg ins Spiel bringst.

- Für mich ist die erste Erklärung, dass es schon mal weniger Kraft ist, die man aufwenden muss.

- Was ihr jetzt gemacht habt, ist nur eine unterschiedliche Richtung, in die man läuft.

- Was von Vorteil sein kann.

- Der Berg hat den Vorteil, dass du eventuell das Seil wieder gerade kriegst, trotz Pflock. Deshalb hast du das wahrscheinlich gesagt. Weil sie sagte, das Seil ist, wenn ich keinen Pflock habe, gerade, gespannt, die kürzestmögliche Verbindung. Wenn ich jetzt den Pflock zwischenschiebe, wird es länger, das Seil. Wenn ich den Berg hochlaufe, wie du das sagst, wird es wieder gerade. Ich muss aber, damit es gerade wird, den Berg hochlaufen. Also so in der Richtung hast du wahrscheinlich gedacht.

- Also du kannst auch zur Seite den Berg hochlaufen, es muss nicht unbedingt in Richtung auf den Pflock sein.

- Zur Seite ist gut, da sieht man wieder, dass er umkippt. Dass er sich so biegt, das heißt, er nimmt irgendetwas auf, er reagiert. Irgendwie ein Teil von der Arbeit, die ich da brauche, von der Kraft, die ich brauche, nimmt der Stock. Also...

- Jetzt ist aber ein ganz neuer Begriff reingekommen, jetzt wird da Arbeit plötzlich gesagt, die ganze Zeit wird nur von Kraft geredet. - Ist ja Arbeit, die schwitzen, also so eine Arbeit, ja. Also ich schwitze dann, keine physikalische. Also ist eine Tätigkeit.

- Aber ich bin der Meinung, dass es also, wenn der zur Seite läuft, dann muss er sogar unter Umständen mehr Kraft, also stärker ziehen, als wenn er direkt in Richtung hinter den Pflock läuft. Oder sogar mehr, als wenn er nur alleine an dem Fisch zieht. Also es muss nicht nur eine Erleichterung sein.

- Natürlich, weil der Weg zwischen dir und dem Pfahl auch kleiner wird.

# Wollen wir uns nicht darauf beschränken, dass die beiden Einschnitte parallel sind?

* Ja, das würde ich auch sagen.

- Das wäre der einfachste Fall.

- Ja, denn sonst braucht man wirklich mehr Kraft, weil der Fisch sich ja in eine andere Richtung bewegt als du am Seil ziehst. Da kann ja immer nur die Komponente, die du am Fisch ziehst, die wirkt ja, das heißt, die andere, die verschwendest du, die verreibst du da an der Öse. Das können wir rausschmeißen, indem er ganz dicht am Pflock vorbei läuft, so dass die beiden Seile also parallel nebeneinander...

# Ich habe noch die Frage, was tut der Pfahl eigentlich? Ich habe immer noch nicht begriffen. Ich habe immer noch nicht begriffen, wie so ein starr dastehendes Ding so wirkt wie ein Mensch. Sie haben doch manchmal zwei Menschen angenommen, hier ein Fisch und dann noch ein Mensch, das verstehe ich ja. Dann ziehen doch beide dran, aber...

* Die können sich ja abwechseln, der eine steht... er tut so als wäre der stillstehende Mensch ein Pfahl.

# Sagen Sie etwas Physikalisches?

* Nein, nein, ich sage gar nichts Physikalisches. Ich sage nur, dass man sich abwechseln kann. Wenn man also zu zweit das macht und einmal markiert der eine den Pfahl und dann markiert der andere den Pfahl, indem er einfach still steht.

# Ja, dann können wir es rauskriegen, nicht?

* Und dann guckt man immer...

# Wenn Sie einen Menschen an Stelle des Pfahls hinstellen, dann fühlt der sich sozusagen angesprochen, dann spannt er seine Muskeln, das können Sie doch nicht von dem Pfahl verlangen.

* Der Pfahl ist auch stabil, der hält auch stand.

- Ja, wenn ich zwei Menschen nehmen würde, würde ich erst einmal denken, dass die beide anfangen zu ziehen. Dann haben wir eine andere Situation.

# Wieso?

* Nein, der eine muss immer stehenbleiben.

- Aber dass er doch dem anderen hilft, auch wenn er nur stehenbleibt und das Seil festhält.

- Wenn er mitziehen würde, wäre es der gleiche Aufwand für ihn eigentlich als wenn er nur dasteht und hält.

# Es ist furchtbar schwer zu kapieren, weil Sie unterscheiden 'halten' und 'nicht dran ziehen'. Das ist doch zweierlei. Das Halten ist vergebens, eine Vergebens-Haltung, da wird noch nicht gezogen. Das muss man unterscheiden. Aber was spielt das für eine Rolle hier? Reden wir vom Ziehen oder reden wir vom Halten?

* Ja, beim Ziehen bewegt man sich doch, beim Halten, da wird nur etwas festgehalten.

# Als Mensch ist man nur gespannt. Der Fisch rührt sich noch nicht. Er steht da und dann hält man. Und wenn man zieht, dann bewegt er sich. Das sind zwei verschiedene Sachen. Von welcher reden wir eigentlich?

* Ich habe halt am Anfang versucht, nur den Zustand des Haltens zu erklären. Wenn ich zwei Seile nehme, dass dann zwei weniger halten müssen als einer alleine, das war das, was ich eigentlich sagen wollte.

# Jedenfalls kann man unterscheiden. Wir reden von halten. Da ist alles schon drin.

* Wir reden davon, warum der Pfahl halten kann.

# Ja, da ist die Frage.

* Ich denke, der muss einfach nur stabil genug in den Boden eingegraben sein, weil er an sich ja starr ist. Nur wenn er einfach so dastehen würde, könnte er sich nicht in eine bestimmte Richtung dagegen, also seine Muskeln spannen wie ein Mensch, sondern wenn er nur da auf dem Boden stehen würde, würde er natürlich umfallen und mit weggezogen werden. Der muss also festgemacht sein. Ja, die Erde muss sozusagen als Widerstand genommen werden.

- Ja, und eigentlich macht das ja auch der Mensch, der den Pfahl nämlich eingräbt und dadurch wendet er ja eigentlich schon die Arbeit auf, die der Pfahl dann hat um den Fisch zu halten.

# Und das merkt er doch? Das spürt er doch in seiner Muskulatur.

* Wer?

# Der Mensch.

* Man könnte das Gleiche ja jetzt so machen: Man zieht einmal direkt an dem Pfahl und verbiegt den dadurch, und das Raffinierte bei dieser Sache ist, dass man jetzt praktisch dieses Ziehen umlenkt über den Fisch. Man zieht immer noch an dem Pfahl, also ich kann an dem Pfahl direkt ziehen und den verbiegen, ich kann es aber auch...

# Was tut der Pfahl?

* Ja, er verbiegt sich dann, wenn ich ziehe.

# Das ist neu?

* Das haben wir ganz am Anfang schon einmal gesagt. Wenn er ganz dünn ist, biegt er sich stark und beim dicken Baum da sehen wir es halt nicht.

# Der biegt sich doch nur wenig, während der dünne Pfahl, wie Sie vorhin gesagt haben, sich stark bewegt. Was hat die Verbiegung damit zu tun? Ich finde das so wichtig, weil wenn Sie von Verbiegung sprechen, das doch etwas ist, das der Pfahl, wenn er menschlich wäre, spürte, spüren würde. Es passiert ihm etwas.

* Ja, das was unseren Muskeln auch passiert beim Festhalten.

- Ich kann mir vorstellen, dass hinter dem Pfahl ein anderer steht, der zuguckt und in dem Moment, wenn der Linke jetzt das Seil loslässt, dann spürt der Rechte das an seinem Kopf, weil der Pfahl dann zurückkommt.

- Warum ist das eigentlich so wichtig, warum man da jetzt weniger Kraft aufwenden muss? Ist es nicht schon eigentlich ausreichend genug, dass man, wenn man es macht, weniger Kraft aufwenden muss?

- Das ist dann ja wieder nur die Anwendung.

- Ja, also mir reicht es eben aus, zu wissen ... (dass ich Kraft spare.)

- Das ist eben das Physikalische, wenn du wissen willst, warum das so ist.

- Ja, aber die Eskimos, die wollen nicht wissen warum, die freuen sich ja, dass es leichter ist.

- Ja, bist du denn ein Eskimo oder Indianer?

- Das können wir wieder verwenden für das nächste Problem. Wir wissen jetzt, es ist leichter zu ziehen, also können wir es...

- Aber sie können es wieder anwenden, wenn sie wieder einen Fisch gefangen haben.

- Aber sie wissen jetzt, wenn ich einen Pfahl hinmache, dann ist es für mich leichter, etwas zu ziehen.

- Ja, aber nur mit dem Pfahl, nur mit dem Ziehen. Um es auf irgendetwas anderes übertragen zu können, müssen sie doch erst einmal überlegen, woher kommt das, dass man den Pfahl wenigstens eingraben muss, und dass ich also nicht direkt hinter dem Pfahl stehen darf?

- Das werden die auch merken.

- Anwenden kannst du es auch, ohne dass du es verstanden hast. - Ja, aber nur auf die gleiche Situation oder sehr ähnliche.

- Vielleicht wollen, die auch irgendwann mal, dass die Frauen, die zu Hause geblieben sind, den Fisch an Land ziehen können. Da muss man sich ja überlegen, ob man das vielleicht noch besser machen könnte.

- Arbeitsbeschaffung!

- Na, sie werden auch mal unterschiedliche Stöcke hingestellt haben, unterschiedliche Seile genommen haben.

- Nachdem sie es erst einmal festgestellt haben, kann ich mir schon vorstellen, dass sie mal was anderes probiert haben. Aber erst einmal überhaupt auf die Idee kommen...

- Also ich würde im ersten Moment nur sagen, der dünne Pfahl, der taugt nichts, ich nehme einen dicken. Dann würde ich mir gar keine Gedanken darum machen.

# Bitte nochmal.

* Ich würde keine Versuchsreihe machen, also verschiedene Pfähle ausprobieren, sondern ich würde merken, 'ach, der Pfahl ist zu dünn, der funktioniert nicht, der bricht oder sowas.' Und dann nehme ich den dicken Pfahl. Mehr Gedanken würde ich mir da nicht machen.

# Und wenn der nun dick ist?

* Dann funktioniert es und das reicht nun auch ihm aus.

# Was tut er denn dann, wenn er dick ist?

* Danach habe ich jetzt nicht gefragt.

# Er tut auch etwas.

* Er hat sich gespannt, er hat eine Spannung aufgebaut, die eventuell auch die Muskulatur...

# Sie reden physikalisch. Was tut er?

* Er verbiegt sich, aber nicht so stark wie der dünne.

# Ist das Verbiegen eine Leidenshandlung? Oder ist das eine Aktivität?

* Eine Leidenshandlung.

- Damit kann ich jetzt mit dem Begriff des Baumes nichts anfangen, mit Leidenshandlung.

- Verbogen, von dem Seil.

- Er meint nur, ob er sich selbst verbiegt oder ob ein anderer das für ihn tut.

- Es wird mit ihm gemacht, etwas. Das ist ja passiv.

- Wenn der Pfahl sich verbiegt, und er macht das selbst nicht, dann muss es ja jemand anders machen, der dafür sorgt, dass der Pfahl sich verbiegt. Der Fisch kann es nicht machen, weil der tot ist. Das heißt, da muss ich also dafür sorgen, dass der Pfahl sich biegt. Das wäre zusätzliche Kraftaufwendung eigentlich, es kann doch nicht leichter sein.

- Und warum soll er sich denn verbiegen?

- Er verbiegt sich ja nur, weil du ihn eingegraben hast. Das ist nochmal eigentlich mehr Arbeit.

- Ja, aber man könnte doch jetzt einen ganz dicken Pfahl nehmen, der sich optisch für mich nicht verbiegt. Wie erkläre ich das dann? Da verbiegt sich gar nichts.

- Das siehst du nur nicht.

- Da müsste es ja besser gehen, denn jetzt brauche ich nicht dafür zu sorgen, dass der sich verbiegt, also brauche ich deswegen weniger Kraft.

# Bitte nochmal.

* Also wir haben jetzt weiter ausgeführt. Wir haben einen Pfahl, der verbiegt sich. Der Pfahl selbst kann da nichts dazu, muss also jemand anderes etwas machen, dass der Pfahl sich verbiegt. Der Fisch kann es nicht machen, also muss der Mensch dafür sorgen, dass der Pfahl sich verbiegt. Wenn ich jetzt einen dicken Pfahl nehme, brauche ich als Mensch das nicht zu machen, weil der Pfahl sich ja nicht verbiegt. Also brauche ich beim dicken Pfahl diese zusätzliche Anstrengung nicht aufzuwenden und muss deswegen im allgemeinen weniger Kraft aufwenden um den Fisch an Land zu ziehen.

- Aber dann wäre dein Ziel, den Pfahl zu verbiegen, aber ich will den Pfahl nicht verbiegen, ich will den Fisch.

- Also wenn ich das zusammenfasse, dann haben wir eine ganz schlechte Idee gehabt, wir müssen jetzt nicht nur den Fisch an Land ziehen, wir müssen noch den Pfahl verbiegen und wir müssen noch den Pfahl in die Erde eingraben. Wir haben dreimal soviel Arbeit. Ist das richtig, ja?

- Mehr Arbeit haben wir bestimmt.

- Aber wenn er einmal eingegraben ist, dann hält er ja lange.

- Und wenn wir einen Baum nehmen?

- Dann ist das eine weg, aber verbiegen müssen wir ja.

- Habe ich dich jetzt richtig verstanden? Du sagst, man kann mit einem starren, dicken Pfahl, der sich optisch nicht verbiegt, den Fisch leichter an Land ziehen als mit einem Pfahl, der sich verbiegt? - Ja, du hast vorher gesagt, dass der Pfahl sich verbiegt und das passiv macht, das heißt, jemand anders muss ja dafür sorgen, dass der Pfahl sich verbiegt.

# Also einen dünnen Pfahl und einen dicken Pfahl.

* Ein dünner Pfahl verbiegt sich, der Pfahl selbst kann nichts dazu, also ein anderer sorgt dafür, dass der Pfahl sich verbiegt.

# Und das ist der Fisch!

- Der Fisch ist ja tot.

- Ja, aber wenn der Pfahl sich verbiegt und man hält an, dann lässt man ihn wieder zurückgehen, und damit zieht er ja doch. Oder nicht?

# Wer?

* Der Pfahl, er hat ja das Bestreben, wieder gerade zu werden, wie er gewachsen ist.

# Meinen Sie jetzt einen dicken Pfahl?

* Nein, ich meine einen, der sich verbiegt.

- Ja, gibt es überhaupt welche, die sich nicht verbiegen?

- Das wollte ich auch gerade fragen. Wir müssen es ja nicht unbedingt sehen.

- Nicht für uns sichtbar.

- Aber das heißt ja damit nicht, dass er sich nicht verbiegt.

- Aber kann der Eskimo feststellen, wenn er von außen nichts sieht, dass an dem Baum etwas passiert?

- Nee!

- Das Verbiegen ist die einzige Möglichkeit zu sehen, dass etwas mit dem Baum passiert und wenn ich jetzt einen dicken Baumstamm nehme, bei dem ich nichts sehe, würde ich sagen, er verbiegt sich nicht. Mehr kann ich erst einmal nicht sagen.

- Ja, dann brauchst du nur das Seil nicht unten am Baum festmachen sondern weiter oben, und dann siehst du unter Umständen, dass er sich verbiegt.

- Das ist aber wieder eine andere Situation.

- Sicherlich, aber dann kann man eben auch bei einem größeren, dickeren Baum zeigen, dass er sich verbiegt.

- Wir können auch anders argumentieren: Bei einem Zweig, da sieht man, dass der Baum mithilft...

# Wir reden doch von einem ganz dicken Baum, der sich nicht verbiegt.

* Ich bezweifle das ja.

- Was bezweifelst du?

- Dass er sich nicht verbiegt.

- Ja, das sieht man bestimmt nicht. Dann nehme ich halt sooo einen Mammutbaum, und da sehe ich bestimmt nicht, dass er sich verbiegt.

- Ja, warum muss ich es denn sehen?

- Wie soll denn der Eskimo sonst feststellen, dass mit dem Baum etwas passiert?

- Willst du es hören?

- Der Eskimo stellt ja nur fest, dass er an dem Seil, wenn er es an dem einen Ende am Baum festmacht und nicht direkt am Fisch, und durchsteigt und am anderen Ende zieht, merkt er, dass er weniger ziehen muss.

- Er kann natürlich auch einen Haken reinmachen, der direkt mit dem Fisch verbunden wäre.

# Ich möchte bloß wissen, was jetzt der Studiendirektor aus Aschaffenburg dazu sagen würde!

* Dem wäre das alles nicht effektiv genug.

- Vorübungen zum Nobelpreis.

# Da kommt doch nichts bei raus, wie man sieht.

* Vielleicht kommen wir doch noch hin.

- Doch, dass jeder erst einmal versucht, den anderen zu verstehen. Es sieht ja jeder anders.

- Und darüber nachzudenken. Es kommen ja immer neue Ideen, was da noch alles beteiligt sein könnte.

- Was ich jetzt gerade bei euch nicht verstanden habe, dass für euch das Problem erledigt ist, wenn man nicht mehr sieht, dass der sich verbiegt.

- Ist es doch gar nicht!

- Den Eindruck hatte ich zumindest gehabt. Der dicke Baum, wo man nicht sieht, dass er sich verbiegt, der kann also mich in der Kraft unterstützen, der dünne, der sich verbiegt, kann das nicht. So ungefähr hatte ich dich vorher verstanden.

- Ich habe vorher gesagt, wenn ich dafür sorgen muss, dass ein Baum sich biegt, je mehr er sich biegt, umso mehr muss ich daran ziehen. Wenn er sich weniger biegt, dann muss ich auch weniger daran ziehen. - Beim gleichen Baum?

- Ja!

- Dann habe ich das falsch verstanden.

- Ich habe dich dann gefragt, ob ein Baum, der sich stärker biegt, dafür sorgt, dass der Fisch schwerer an Land kommt als ein Baum, der sich weniger stark biegt. Da habe ich jetzt von dir verstanden, dass du meinst, man könnte mit unterschiedlichen Bäumen einen Fisch leichter an Land ziehen.

- Ja, das ist richtig, aber ich habe es erst so gemeint, wie du gesagt hast. Nein, wieder falsch gesagt, mache ich es gerade wieder rückgängig.

- Also meinst du das nicht?

- Also wenn eine ganze Galerie von Bäumen da steht, meinst du, es macht keinen Unterschied, welchen ich nehme, in Bezug auf die Kraft, die ich brauche um den Fisch an Land zu ziehen? Oder glaubst du, dass das einen Unterschied macht?

- Wenn ein dickerer Baum da steht, dass der Baum sich nicht biegt.

- Nein, also von der Kraft, wieviel Kraft ich aufwenden muss, um den Fisch an Land zu ziehen. Ist das dann ein Unterschied, welchen Baum ich nehme?

- Nein!

- Also ein dünner Baum ist ungeeignet, weil ich bei einem dünnen Baum stärker ziehen muss, da ich den Baum mit verbiegen muss.

- Das ja.

- Denkst du das jetzt immer noch?

- Da kann ich nicht mehr ganz folgen.

# Könnte jemand mal zusammenfassen?

* Nicht zusammenfassen, aber etwas, was mir die ganze Zeit noch als Frage im Kopf war. Du hast, glaube ich, gesagt, dass man mehr Kraft aufwenden muss, weil man den Baum noch biegen müsste. Das habe ich immer nicht verstanden, weil wir wollen ja eigentlich nicht den Pflock ziehen, sondern wir wollen den Fisch ziehen, und dass man jetzt noch Kraft braucht um den Baum zu biegen, das leuchtet mir nicht ein. - Es wurde gesagt, der Baum ist passiv aber er biegt sich. Er selbst sorgt nicht dafür, dass er sich biegt, also muss jemand anders dafür sorgen, dass der Baum sich biegt. Und das kann nur der Mensch an dem anderen Kettenende sein.

- Ja, das erklärt aber nicht, warum es leichter geht. Im Gegenteil, es müsste doch schwerer gehen, ich muss doch den Baum verbiegen. Das ist doch unlogisch. Die Erfahrung sagt mir doch, es geht leichter.

- Nein, es muss schwerer gehen als bei einem anderen Baum, es muss nicht schwerer gehen als ohne Baum. Aber wer sagt dem Baum, wie er sich verbiegen muss?

- In dem Moment, wo ich den Baum biege, ziehe ich ja noch nicht am Fisch. Da ändere ich den Fisch ja noch nicht, weil das Seil ist ja durchgezogen. Ich fange ja erst dann an, den Fisch reinzuholen, wenn der Baum so weit gebogen ist, dass er nicht mehr weiter...

- Wollen wir das mal ausklammern, das Problem von dem Baum. Ich kann mir ja vorstellen, dass da hinten ein riesiger Felsen steht, und der hat sein Seil um den Felsen gelegt und hat damit seinen Haltepunkt. Da steht also ein Riesenbrocken in der Landschaft, hundert Meter hoch. Da legt er außen ein Seil herum und bindet es wieder zusammen. Und dann nimmt er das Seil und geht nun durch dem Fisch durch und zieht.

- Also man zieht dann immer am Felsen, also dann ändert sich nichts daran.

- Das ist auch nur, dass wir von der Biegung einmal wegkommen.

- Man zieht auch nicht am Felsen, man will ja wirklich diesen Fisch heranziehen, man zieht eben dieses Seil, wo der Fisch dranhängt, aber gut, das Seil geht noch weiter bis zum Felsen.

- Den Fisch durch den Felsen?

- Nein, nein, den Pfahl durch den Felsen ersetzen.

- Vielleicht sollten wir wirklich noch ein paar Versuche machen dazu. - Also an der Tasche merkt man das eindeutig. Wenn man mit dem Gürtel da zieht, die Hälfte merkt man nicht, aber man kann sagen, es geht leichter.

- Das ist ja auch nie behauptet worden.

- Doch, das habe ich behauptet, aber ich war ja vorher von den beiden Pflöcken ausgegangen. Wenn die gleich aussehen, das Seil gleich ist, dann ziehen die auch gleich. Da sich das Gewicht von dem Fisch nicht ändert, wird es sicherlich die Hälfte sein, habe ich mir vorgestellt.

- Wir können auch einmal gucken, wieviel der laufen muss, wenn er den Fisch da an Land zieht. Das können wir einmal vergleichen mit dem Zustand, wenn er das Seil direkt am Fisch festbinden würde und würde den aus dieser Stelle im Wasser bis an eine bestimmte Stelle an Land ziehen. Einmal direkt und einmal mit Felsen oder Holzpflock.

- Ja, aber ich glaube, wir haben noch nicht geklärt, warum die Kraft kleiner wird.

# Ja, das versucht sie gerade.

- Ja, ich versuche das mal von der Seite her zu beleuchten. Dass man es daher vielleicht versteht, warum die kleiner wird.

- Da kommst du aber durch eine physikalische Formel irgendwie drauf.

- Nein, nein, jetzt nur einmal von der Überlegung. Der Mann kann ja auch feststellen, wenn er den Fisch über einen Pflock gezogen hat, einmal bin ich soviel gelaufen und ein andermal soviel.

- Der Fisch liegt ja nicht immer an der gleichen Stelle.

- Das kann man genau messen.

- Wenn er steht, kann man sagen, wie lang muss das Seil eigentlich sein.

- Was nützt das?

- Das ist natürlich klar, wenn der Fisch zehn Meter im Wasser drin ist, brauche ich normalerweise bis zum Ufer zehn Meter Seil, und wenn ich noch einen Pflock einbaue, brauche ich mindestens ein doppelt so langes Seil.

- Du brauchst ein doppelt so langes Seil, und wieviel Seil hast du gezogen, bis du den Fisch da hast, wo du stehst?

- Das ist jetzt eine neue Geschichte. Wir wollen ja klären, warum muss der, der da zieht, weniger Kraft aufwenden.

- Hm.

- Der zieht doppelt soviel Seil und hat den Fisch an der gleichen Stelle.

- Also muss er pro Zug weniger aufwenden, der Fisch ist ja gleich schwer, aber er steht statt fünf Minuten jetzt zehn Minuten da.

- Genau.

- Ich glaube, man kann dies auch anders erklären mit der Kraft. Ohne dass man das Ziehen noch mit reinbringt. Ich könnte jetzt an dem Pflock eine bestimmte Kraft ausüben. Jetzt kann ich das aber auch noch anders machen. Ich kann an dem Pflock auch anders ziehen, indem ich das Seil hier um etwas herumwickle, also einfach die Kraft umlenke und hier hinten ziehe, ich stehe also neben dem Pflock. Und ziehe jetzt in dieser Richtung. Wenn ich mit der gleichen Kraft ziehe und hier hinten festhalte, dann kann ich doch genau so stark daran ziehen wie in der anderen Richtung.

- Ich verstehe aber gar nicht, warum du am Pflock ziehen willst.

- Das ist ein Gedankenexperiment.

- Also ich kann an dem Pflock auf die eine oder die andere Art ziehen.

# Also das zweite ist ein Umweg, mit Umweg.

* Und jetzt müsste man halt überlegen, wie stark müsste der zweite ziehen, damit die Rechnung stimmt. (jetzt (2) hinzugefügt)

# Was ist denn das?

* Ja, das kann der Fisch zum Beispiel sein.

- Aber der zieht doch gar nicht.

- Wenn er nach unten hängt, hat er ein Gewicht, dann zieht er schon. - Aber eigentlich habe ich das ganze Problem so verstanden, dass der Fisch tot ist und der Fisch macht nichts.

- Meinetwegen liegt er auch auf dem Boden, dann kann er schleifen.

- Aber wenn du ihn auf dem Boden langziehst, reibt er doch auf dem Boden. Da musst du schon eine Kraft ausüben.

- Also die haben es ja gemacht, damit sie den Fisch rauskriegen.

# Der Fisch kratzt doch am Boden.

* Ich kann den Baum jetzt nicht in der Richtung ziehen. Das heißt also, der Baum zieht an dem Seil in der Richtung, und ich ziehe an dem Baum in der anderen, das heißt, wir ziehen beide gleich stark und keiner bewegt sich.

- Der Baum zieht doch gar nicht.

- Er hält, hält das Seil fest, wir beide, der Baum und ich, wir spannen das Seil. An ihm habe ich es halt festgemacht und ich ziehe und der muss genau so stark ziehen, sonst würde er sich ja bewegen.

# Wieso kann der Baum ziehen?

* Er hält das Seil fest. Okay, sind wir wieder bei dem Begriff halten und ziehen. Ich halte das Seil mit einer bestimmten Kraft fest und der Baum hält es mit der gleichen Kraft fest.

- Ein Baum kann doch nicht halten.

- Was kann denn der Baum? Dann sagt mal, was der Baum machen kann.

- Er kann nur stehen bleiben und nicht umfallen, und das auch nur, weil er irgendwo verankert ist.

- Also ist das ein Unterschied, ob ich das Seil hier auf den Boden lege und daran ziehe oder ob ich es um den Baum drum wickle?

- Natürlich, der Baum kann ja da einen Widerstand bieten, da er in den Boden eingegraben ist. Kannst auch das Seil ganz fest irgendwo im Boden eingraben, dann hast du den gleichen Effekt.

- Was bedeutet denn der Widerstand des Baumes in Bezug auf das Seil? - Das habe ich doch vorhin schon gesagt, dass du dann im Prinzip an dem Widerstand ziehst und nicht an dem Fisch.

# Hat jemand einen Vorschlag, wie wir weiterkommen?

* Aber die einleuchtendste Idee von hier war für mich, wie oft ich ziehen muss.

- Wir haben jetzt die Begriffe Ziehen und Halten gehabt. Man kann einen Baum auch ziehen lassen. Also ziehen jetzt nicht im menschlichen Sinn, den Arm beugen oder so etwas. Ich spanne ein Seil um einen Felsblock, den ich nicht bewegen kann und finde einen Baum, der sich biegen lässt. Ich binde also ein Seil über einen Felsen an einen verbogenen Baum fest. Wenn der sich geradebiegt, kann er den Block oder den Fels bewegen.

- Aber ich habe hier einmal eine Frage: Nehmen wir an, der Baum hätte die Möglichkeit, selbst zu ziehen. Dann kann es ja so sein, wenn ich hier mit einer bestimmten Stärke ziehe, dass er dann entweder stärker oder schwächer zieht als ich. Wenn der schwächer ist als ich, müsste ich hinten überfallen, und wenn er stärker zieht als ich, dann müsste er mich ja irgendwie ranziehen. Also der Baum, wenn er zieht, dann müsste ich das eigentlich spüren, wenn er mit einer anderen Kraft zieht als ich, entweder falle ich hinten über oder ich werde rangezogen.

- Ja, das wäre bei dem Spiel 'Kinder hinstellen' und die spielen Seilziehen.

# Der Physiklehrer hat doch gar keine Zeit für so etwas. Da geht er an den Schrank und holt da so etwas raus und sagt: "ist doch ganz völlig klar". Aufgabe wäre jetzt, das zu erfinden, was der Physiker jetzt aus dem Schrank holt. Also diese Distanz ist ja riesenhaft. Also wer von Ihnen Physiker ist, merkt natürlich, dass wir die ganze Zeit an wohldefinierten physikalischen Begriffen herumarbeiten. Wir haben es aber nicht.

* Aber die sind selbstverständlich.

# Die Lehrbücher wollen verhindern, dass wir denken, das grenzt an Suggestion.

* Jetzt kommt aber der Einwand: Wenn man in dem Tempo vorgeht, kommt man nicht zum Klitzing-Effekt in der Schule.

# Es ist nutzlos, wo nichts rauskommt. Die Frage ist, ob es nutzlos ist, was wir machen.

* Es ist insofern nicht nutzlos, als ich mir vorstelle, dass es genügend Schüler gibt, die mit der schnellen Erklärung und mit dem Gerät, was der Lehrer aus dem Schrank holt, immer noch nichts anfangen können. Da wird jetzt eine Unterrichtsreihe zu dem Problem gemacht, und ein Großteil der Schüler hat eigentlich noch nicht verstanden, was es mit dem Baum auf sich hat oder mit dem Block. Deswegen finde ich es wertvoll, dass wir hier darüber reden.

# Der Unterschied ist, dass Sie ganz heiter waren, wogegen im anderen Fall die Schüler sich furchtbar langweilen, den Unterricht als unangenehm empfinden. Damit ist aber nicht gesagt, was wir nun tun. Schließlich muss man es nicht immer so tun, sonst käme man ja nicht weiter. Hausaufgabe: Nein, keine Hausaufgabe. Ich bin gegen Hausaufgaben. Die Zeit ist längst um.

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