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30. Juni 1986

Thema: Luftdruck II (Pascals Barometerversuch).

# Martin Wagenschein
* Seminarteilnehmer
- weitere Seminarteilnehmer in derselben Runde
() redaktionelle Kommentare


() Das Protokoll wird vorgetragen:
* Der Becher und das Wasser. Das Experiment war: Ein Becher wird in ein mit Wasser gefülltes Becken gelegt. Er wird mit Wasser gefüllt und dann langsam, mit der Öffnung nach unten, aus dem Waschbecken gezogen. Die Beobachtung war: Das Wasser bleibt im Becher, solange bis der Becher über die Oberfläche kommt. Die Frage war: Warum? Das Wasser müsste eigentlich aus dem Becher fließen. Aber es bleibt ohne weiteres in dem Gefäß. Dies versetzte die Seminargruppe nicht in Staunen, denn sie ahnte das Ergebnis. Den Versuch hieß es unphysikalisch zu begreifen, indem wir einige Voraussetzungen änderten. Zum Beispiel sollte ein Loch auf den Boden des Bechers gemacht werden. Wir erhofften uns dadurch eine Veränderung. Dieses Experiment spielten wir nur theoretisch durch. In der Schule ist es besser, so etwas auch auszuprobieren und auf die Ideen der Schüler nicht nur theoretisch einzugehen.
Aber warum bleibt dann das Wasser im Gefäß? Ist es vielleicht von der Größe der Öffnung abhängig? Wie wäre es bei einem dünnen Röhrchen? Was hätte das Wasser eigentlich für Gründe, aus dem Becher zu entfliehen? Was könnte denn außer Wasser in dem Becher sein?
Es gibt drei Möglichkeiten: Luft, Wasser oder ein Vakuum. Luft kann es nicht sein, denn die Becheröffnung ist vollkommen vom Wasser umgeben. Warum sollte "nichts" im Glas sein?
Warum sollte das Wasser Platz machen für "nichts"? Ich kann doch nur Platz machen für jemanden, der dahin will, wo ich mich gerade befinde. Deshalb braucht das Wasser auch nicht wegzugehen. Und dies war für mich eine plausible Erklärung, dass das Wasser im Gefäß bleibt, bis dass die Unterseite des Bechers die Oberseite des Wassers überschreitet. Als Abschluß hat Herr Wagenschein noch einen Text von Pascal zu diesem Thema vorgelesen.
Und diesen Text wollten wir dann in der nächsten Stunde weiter bearbeiten.

# Würden Sie bitte mal (Aufforderung an eine andere Seminarteilnehmerin) vorlesen, was ich in Ihrem Protokoll angestrichen habe, es schließt sich unmittelbar an.

* Anfangs ist es uns schwer gefallen, überhaupt ein Erstaunen über diese Phänomene wahrzunehmen. Wie bei unseren vorigen Versuchen ist uns nicht nur der Vorgang vertraut, auch unsere naturwissenschaftlichen Vorkenntnisse, zum Beispiel über das Verbot des Vakuums, erschweren uns, nochmal ganz von vorne, also ohne Vorkennntnisse an dieses Phänomen heranzugehen und uns wirklich zu wundern, Fragen zu stellen, wie denn das erklärt werden könne.
Es ist schon schwer, so ratlos dazustehen und sich richtig dumm vorzukommen. In der Schule war das leichter, da wurden die Fragen gestellt auf die es ganz sichere Antworten gab. Und wenn keiner etwas wusste, der Lehrer wusste es bestimmt. Aber jetzt sollen wir plötzlich erst die Fragen erfinden und dazu auch noch Fragen, auf die wir als angehende Lehrer so plötzlich selbst keine Antwort wissen. Das ist schon eine erstaunliche Erfahrung. # Fanden Sie das auch, dass das schwer ist? Sie haben es gehört? Halten Sie das auch für schwer? Also man könnte doch folgenden Einwand machen: Wenn ich das empfehle, wie ich es ja dauernd und oft mache, das sei alles viel zu leicht, weil das doch alles längst erledigt sei, das seien doch furchtbar einfache Sachen, die bereits im siebzehnten Jahrhundert klar wurden, die brauchen wir doch nicht nochmal zu entdecken. Und gar nichts quantitatives, keine Formeln und so weiter. Und jetzt sagt sie, das sei schwer.

* Also mir ist das schwer gefallen. Ich bin da von mir ausgegangen.

# Natürlich. Meine Frage ist, ob die anderen das auch finden, oder ob sie es zu leicht finden. * Also ich fand es eigentlich auch schwer, ganz einfach nochmal an die Probleme ranzugehen, denn das, also das mit dem Becher, da war ich halt nicht da, aber schon das davor mit dem Keis-Sechseck-Problem, da wusste eigentlich jeder, was dabei rauskommt, und das muss so sein, und sich eigentlich darüber zu wundern, fiel am Anfang schwer. Und dann auch noch Fragen zu stellen, ja, von einer ganz anderen Seite ranzugehen als man sonst gewohnt ist...

# War das nun so, dass es alle schon wussten?

* Ja, ich glaube, es wusste jeder, ja, es geht sechsmal, das wurde gar nicht hinterfragt.

# Bitte nochmal.

* Also bei diesem Kreis und diesem Sechseck habe ich den Eindruck, dass eigentlich jeder wusste: Ja, das geht genau sechsmal. Das hat eigentlich keiner hinterfragt.

# Und hier, bei diesem Beispiel? Also sie spricht jetzt davon, das Sechseck war unser voriges Thema, dass der Zirkel, wenn man ihn, den Radius fassend, außen herum stelzen lässt, dass das dann gerade sechsmal geht. Das sage ich nun für die, die nicht da waren. Und das wussten wir alle natürlich. Und das ist auch so bei dieser Sache. Haben Sie das schon einmal gemacht und haben Sie dann gewusst, was los ist?

* Also mir ging es so, als ich das erzählt bekommen habe, ich hab das schon gemacht, beim Abspülen und so, es passiert halt. Man nimmt das Glas so raus. Aber ich habe dann nicht weiter nachgedacht.

# Ist ja auch nicht nötig, dass man immer nachdenkt. Aber wenn man in nachdenklicher Verfassung ist, dann, wie gesagt, fällt einem etwas auf. Ja, und wissen Sie, warum das so ist?
Ich meine: Steckt das in Ihrem Wissensvorrat drin?

* Ich glaube einfach, oftmals nimmt man sich nicht die Zeit, noch ausführlich drüber nachzudenken. Man sieht das vielleicht, wundert sich und denkt vielleicht noch kurz drüber nach: "warum ist das so?" dann fällt einem nichts ein, also versenken wir es wieder.

- Einfallen tut einem schon etwas, aber man ist halt mit der nächstbesten Erklärung, die einem einfällt, zufrieden. Man hinterfragt diese Erklärung nicht, ob sie richtig oder falsch ist. Wenn ich keine Erklärung finden würde, dann würde es mich weiter beschäftigen.

# Wenn das allgemein so wäre, dann wäre doch Physik nie zustandegekommen.

* Ja, manche nehmen sich wahrscheinlich die Zeit.

# Sie scheint von nachdenklichen Leuten mit viel Zeit, die dann davon nicht loskommen, zu entstehen. Aber Sie haben das doch in der Schule gehabt.

* Ja, aber in der Schule nimmt man sich ja auch nicht unbedingt Zeit.

# Kommt das denn nicht vor?

* Das mit dem Becher? Wo denn?

# Haben wir nicht gehabt! Ja, nun kann ich sagen: "Ist ja auch gar nicht nötig, dass das vorkommt. Man sollte aber doch in der Schule das gelernt haben, auf Grund dessen man das ohne weiteres und in gleichem Maße durchschaut." Ein wunderschönes Beispiel. An sich doch sehr geeignet als Eingang, weil es so einfach ist. Der Film, den einige von Ihnen das vorige Mal gesehen haben, schließt ja mit dem Satz: "Ich zeige Ihnen ein Experiment." Aber das ist eigentlich kein Experiment, das muss man korrigieren. Ein Experiment macht man ja mit Absicht, um etwas vorzuführen. Eigentlich ist das ein Vorkommnis, das kommt vor, von selber. Und nur dann, wenn es von selbst vorkommt, ist es ein gutes Beispiel dafür, wie Physik entsteht. Ich weiß nicht, ob Physik so entstanden ist, könnte aber sicher. Ich weiß auch nicht, wie das entstanden ist, das einem Phänomen sehr verwandt ist, aber nicht ohne weiteres zu erkennen...
Ja, Sie haben nun schon einiges gesagt. Ich weiß nicht, ob diejenigen, die neu hier sind, wissen, wovon die Rede ist. Wollen wir es nochmal machen?
Wollen Sie bitte hierher zum Waschtisch kommen?

() Wasser wird ins Waschbecken gelassen, die Versuche werden nochmals wiederholt.

# Könnte nochmals jemand sagen, was ihm aufgefallen ist, warum muss etwas auffallen und was macht man in einer solchen Situation?

* Ja, das Phänomen habe ich auch schon miterlebt, ich habe mal mit so einem Ding in der Badewanne gespielt. Ich habe es aber dann um eine Variante bereichert, mit einem Röhrchen unten reinblasen.

# Ich meine es jetzt rein psychologisch: Was geht in einem vor, wenn man darüber nachdenkt?
Was macht man denn da? Aus Ihrem Protokoll geht hervor, dass man nicht weiß, was man macht. Komisch steht man da. Das ist ja die Ursituation bei Forschung, da ist mehr Forschung drin als in der Organisation "Schüler forschen", und dabei wenden sie ja nur an. Hier stehen sie vor einer... ich weiß nicht was.
Ja, wie macht man es? Was würden Sie jetzt tun? Das Interessante ist ja, durch bloßes Angucken ist gar nichts gewonnen. Anstarren hat keinen Zweck. Anstarren ist genau das, was die Kinder in der Schule machen, Augen parallel, während man beim Nachdenken die Augen rückwärts wendet, sich selbst etwas fragt, vorher aber anschaut. Nicht anstarren! Was kann man dann machen? Ein Kind, das neun Jahre alt ist, würde das Ding, wenn es erstaunt ist, sozusagen umkreisen, drum herum gehen, von allen Seiten betrachten und ohne Zweifel dann anfangen, etwas zu machen. Was macht es?

* Es macht das Gleiche nochmal, es probiert aus, wie es aussieht, wenn es nicht genau so macht wie es eben gemacht hat.

# Das hatten wir schon gesagt (im Protokoll) "etwas dran ändert". Warum ändert es denn?

* Um vielleicht irgendeine ähnliche Sache herbeizuführen, die man erklären kann.

# Vielleicht ja. Das dann, wenn man schon etwas weiß. Und wenn man gar nichts weiß? Hat auch Sinn.

* Ja, um herauszufinden, welche Voraussetzungen eigentlich nötig sind, ob dieses Glas so aussehen muss oder...

# Ja, worauf es ankommt. Also wir reden davon, worauf es ankommt.

* Also zum Beispiel, wenn man es schräg hält. Wenn ich es gerade halte, dann sehe ich, es geht in dem Moment, wo es draußen ist, das Wasser raus. Und wenn ich es schräg halte, in dem Moment, in dem das Oberste von unten der Öffnung rauskommt.

# Ist dann etwas anders geworden? Ist das Wasser dann nicht dringeblieben?

* Doch, aber ich kann dann sehen, wovon es abhängig ist, wann es rauskommt. Denn es bleibt ja erst drin und an einem bestimmten Punkt fließt es raus.

# Also, um es schärfer zu sagen: man könnte ja auch annehmen, es hinge von der Farbe des Bechers ab oder von der Stimmung des Akteurs. Wenn die Stimmung entscheidend ist, dann ist es nicht Physik. Ja, worauf kommt es nun an, was kann man tun? Womit hängt das zusammen? Muss es Wasser sein? Könnte es auch Bier sein? Der Michael Faraday erzählt aus seiner Jugend, dass er einen Kreisel hatte, keinen Kreisel, es war so eine Umfall-Figur, die sich von selbst aufrichtete, ein Ding, das oben einen Kopf hatte, und zwar einen roten Kopf.
Und wenn der nicht einen roten Kopf hat, dann dachte er, geht es nicht. Also solche magischen Einflüsse kann man ja auch wecken, mindestens in einigen Fällen. Aber mir kommt es jetzt darauf an, etwas zu machen, das weiterführt über die Ursache dessen, worüber man sich wundert. Wer oder was kann schuld sein? Das Ding, das Ganze hat teil. Da ist das äußere Wasser, das innere Wasser, und da ist der Becher. Da muss man also etwas ändern.
Woran ändern?
Ich habe das in der Schweiz gemacht, mit jungen Lehrern. Die haben schnell reagiert, die haben gesagt: "Das Wasser außen ist doch viel mehr als das Wasser innen. Das Wasser außen hat mehr Kraft und drückt also das innere Wasser, das sehr schwach ist, gegen die Übermacht, drückt das dann herein." Das haben die gedacht. Ja, was sagen Sie zu diesem Vorschlag?

* Müsste man ausprobieren.

- Wir hatten das schon ausprobiert, ob das anders auch geht, wenn außen weniger Wasser ist.

- Mit der Postkarte.

# So weit sind wir noch gar nicht. Ich habe diesmal dieses Ding mitgebracht
(Speisequarkbehälter). Geht es in dieser Badewanne auch? Kann man das hier brauchen?

() Versuch wird gemacht, indem unter Wasser ein Joghurtbecher umgekehrt in den Quarkbehälter gestellt wird und dann wird das Ganze hochgehoben.

# Ein Kollege von mir hat das mal nachgemacht und hat die Studenten dadurch erstaunt, dass er das vor Beginn seiner Vorlesung auf den Tisch stellte. Und da kamen sie und fragten die Sekretärin: "Was soll denn das?" Darauf sagte die: "Unser Professor trinkt gerne mal ein Glas Wasser."

* Es könnte ja daran liegen, dass das unten aufsitzt.

- Nicht zu feste ziehen, damit es nicht rausläuft! (Gelächter rundum).

# Übrigens ist hier schon eine Veränderung drin, die unbeabsichtigt ist. Hier oben sitzt eine Luftblase. Das kann man natürlich noch steigern, dann geht es wunderschön, geht auch.
Damit ist die Theorie hinfällig, dass das Wasser oben, wie die Kinder sagen "anbappt". "Das klebt" sagen sie, manche Kinder. Das klebt also gar nicht, da ist Luft drin. Aber es geht auch ohne Luft, und das ist der eigentliche Versuch. Und dann haben Sie gesagt: "Mit der Postkarte". Wie war denn das?

* Ja, wir haben letztes Mal den Becher auf eine Postkarte gestellt und auf der Postkarte war etwas Wasser, ganz wenig Wasser. Und das Wasser im Becher ist auch geblieben.

# Ganz trocken? Ich meine unterhalb. War kein Wasser außerhalb? War das so?

* Probiere es doch einmal aus, dreh doch mal rum.

- Es hat nicht ganz geklappt, die Karte war nicht steif genug gewesen.

- Es war die Frage, ob die Masse des Wassers, ob das wichtig ist für den Versuch.

# Ja auch. Aber ich meine jetzt den Versuch selbst. Also da war Wasser drin und da haben Sie die Postkarte. Und das äußere Wasser?

* Weg, war weg. War nur das.

# Das kennen die Kinder meist, aus einem Buch für Kunststücke. Hat jemand eine Postkarte? Postkarte deshalb, weil es etwas stabil sein muss, nicht zu weich.

() Allgemeine Sucherei beginnt, es wurde schließlich ein Stück Pappe von einem Schreibblock geholt, das wurde in seiner ganzen Länge unter den Becher gehalten. Nur kurz hielt es, der Karton war wohl zu weich, zu schnell mit Wasser vollgesogen. Der Karton wurde wesentlich verkleinert, der Versuch wiederholt und die Pappe hielt am Becher fest.

# Das ändert die Sachlage, entscheidende Sachlage. Das Wasser draußen ist nicht nötig.

* Und der Becher hat einen flachen Rand, das macht wahrscheinlich auch noch ein bisschen aus.

(Versuch mit der Quarkdose wiederholt, die einen breiten Rand hat). Das geht gut.

# Ja, worauf kommt es denn an, wenn das äußere Wasser nicht da ist? Sie müssen Ihre Kenntnisse ganz wegräumen, falls Sie welche haben. Wenn es auf das äußere Wasser nicht ankommt, wie man sieht, worauf kommt es denn dann an?

* Es tönt blöd, aber es kommt darauf an, dass das Wasser alleine bleibt.

# Ja, abgeschlossen, kein Loch zur Flucht.

* Es wäre jetzt interessant, ein Loch oben in den Becher reinzubohren, was dann passiert.

# Das hat schon mal einer vorgeschlagen, können wir hier nicht machen?

* Doch, da sind ja zwei Becher.

- Den durchsichtigen?

- Nein, den anderen.

# Den habe ich ja nur zum Schutz. Man sieht dann nicht das Wasser. Aber man sieht dann vielleicht doch, was passiert. Hat jemand ein Instrument, um ein Loch reinzumachen?

() Zirkel, Taschenmesser, Korkenzieher, Schere... mit gemeinsamen Kräften wird an die Arbeit gegangen.

# Also wir gehen ja schon weit, das ist ein operativer Eingriff.

* Vielleicht sollte man dann erst mal das Loch zuhalten, damit man durch das Stechen nicht etwas hervorruft.

# Klar, also erst mal narkotisieren sozusagen.

* Also mit dem Finger zuhalten.

# Also erst das Loch machen und dann das Loch verschließen.

* Kannst ja mal das Loch bohren, wenn Wasser drin ist.

() Mittlerweile ist ein kleines Loch im Boden des Bechers, ein Teilnehmer taucht den Becher unter Wasser, hat aber den Finger auf dem Loch. Holt es heraus, der Karton klebt dran wie beim Mal zuvor.

* Jetzt... und jetzt?

- Jetzt lass los!

- Jetzt wird's spannend.

() Finger hoch, der Karton fällt ab, das Wasser platscht aus dem Glas.

# Haben Sie das erwartet?

* So halbwegs.

# Ist ja klar. Ein kleines Loch dieser Art, wenn man das groß macht, dann ist es ja nur ein Rohr, ein zylindrisches Rohr, und das weiß dann ja jeder, was dann eintritt.
Ja, was kann man nun daraus schließen? Worauf es nicht ankommt... Ja, wie gesagt, die Abgeschlossenheit ist wichtig.
Ja, nun sagte das letzte Mal schon jemand, wenn -das war beim ersten Versuch- das Wasser absackte, dann würde da nun ein Vakuum entstehen. Ich habe gefragt: "Was haben Sie gegen das Vakuum?" Oder würden Sie nichts gegen das Vakuum haben? Ganz ohne Zweifel, dass ein Vakuum entstehen würde, wenn es anders wäre. Haben Sie da ein Gegengefühl oder ein Argument?

* Wenn ein Vakuum wäre... Da gibt es doch den Schulversuch mit der Blechbüchse. Also ich kenne ihn mit einer Blechbüchse, oben ein Korken, wo die Luft...

# Ja, den habe ich schon erzählt. Aber erzählen Sie mal bitte weiter.

* Das habe ich mal in der Schule gemacht. Also so ein Behälter mit einem Deckel oben und dann wurde die Luft rausgepumpt und dann ist die so richtig -plump- in sich zusammengefallen.

# Habe ich nicht verstanden. Was ist das für ein Einwand?

* Das habe ich gegen das Vakuum. Wenn die Luft aus der Büchse draußen ist...

# Ja, ja, wie haben Sie die denn rausgekriegt?

* Och, das hat der Lehrer damals gemacht.

# Mit Pumpen?

* Ja, ja.

# Ach so.
Das, was ich meine, ist auch eine Pumpe, aber eine andere Art. Das ist also ein Kanister, leer, oben offen. Man gießt ein bisschen Wasser rein und setzt ihn aufs Feuer, bis das Wasser kocht und die Luft raustreibt. Geht dann weg, aber dafür ist dann Wasserdampf. Um dann einen leeren Raum zu erzeugen, benutzt man die Kenntnis, dass Wasserdampf durch Kälte flüssig wird. Also schraubt man das oben zu und gießt ganz schnell einen Eimer Wasser über das Ganze weg, das kalt ist. Und dann passiert es eben. Es passiert -in unserer Phantasie- dass da drin ein Vakuum sich bilden will. Und was passiert? Die Wände des Gefäßes nähern sich aufeinander zu unter dem Zwang des Gebotes: "Ein Vakuum darf es nicht geben!" Also Wände zusammen, ein schrecklicher Knäuel aus Blech, der furchtbar gekrischen hat, geschrieen hat ( haben Sie es mal gesehen? ) und das beweist doch nur, dass die Angst vor dem Vakuum, das Verbot des Vakuums, erlaubt ist, begründet ist. Und dies ist eine ganz gewaltige Vorführung, der abgeneigteste Schüler gegen Physik wird sie wunderbar finden. Also die Sache mit dem Vakuum ist jetzt glaubhaft. Dann hätten wir als Naturgesetz: Ein Vakuum wird unter allen Umständen verhindert. Und das glaubte man lange Zeit, auch mit philosophischen Grundsätzen. Ein Vakuum kann ja gar nicht sein, denn es gibt ja immer einen erfüllten Raum, das hat die Sache sehr erschwert. Im übrigen haben wir noch vergessen, dass man natürlich dem Gefäß beliebige Form geben kann, also eine schöne Vase, auch so, gleiche Höhe.
Ja, mehr kann man eigentlich nicht machen. Da steht man also ratlos da und es bedarf eben eines Genies. Bei 'Jugend forscht' bedarf es keines Genies. Demnach scheint bei solchen Dingen mir, die scheinen schwieriger zu sein. Aber erst einmal möchte ich Sie fragen: Wenn eine Schulklasse das gesehen hat, dann wird sie vielleicht doch noch die Neigung spüren, das so richtig zum Exzess zu bringen. Also wenn das geht, dann muss es in großen Dimensionen gehen. So ähnlich, wie wenn ein Lehrer so ist, dann möchte man ihn auch ganz wütend haben.
Dann ärgert man ihn so lange bis er überläuft. Das ist wahrscheinlich ein allgemeiner Exzess, auch in der Entwicklung der Technik. Das muss man ausbeuten. Also im Grund das erste Gefäß breit machen, einen Eimer Wasser, unbedingt machen. Ein Eimer Wasser, ein richtiger Zehn-Liter-Eimer in einer Pfütze stehend, gefüllt bis oben hin, läuft nicht aus. Das ist schon etwas ganz anderes als dieses Spielzeug. Und dann den Eimer so an der Unterseite hochziehen, Kunststück, nicht? Ganz schwer. Man schleppt das mit, das Wasser, obwohl es doch weg könnte. Ich bin überhaupt gegen kleine Versuche. Kleine Versuche machen keinen Eindruck. Entsprechend der andere Exzess, dass man das Rohr länger macht. Ob das auch noch geht, wenn das einen Meter hoch steht oder zwei Meter? Wissen Sie, was dann passiert? Das wäre ja viel verlangt, dass das immer so weiter geht. Sie haben es natürlich nicht gemacht, aber mit einer Schulklasse kann man es ja machen. Ganz groß, ich lese Ihnen vor, ein Bericht von einer Schulklasse (die von Sieglinde Heinemann) einer Frankfurter Schule.
Wie würden Sie das machen, wenn Sie recht hoch kommen wollten, nicht einen Meter sondern zehn, fünf erst mal bloß? Es gibt keine fünf Meter langen Glasrohre so leicht zu finden...

* Schlauch vielleicht?

# Schlauch, ja. Und dann? Ein Schlauch ist kein Gefäß, der Schlauch hat zwei Enden.

* Irgendwie zustopfen oder zuhalten.

# Unten zuhalten und oben reingießen?

* Den Schlauch vielleicht in irgendein Becken legen, richtig vollfüllen und dann oben entweder zuhalten oder einen Korken drauf und dann hochziehen.

# Ganz genau. Haben Sie das schon mal gemacht?

* Nein.

# Waren Sie vielleicht dabei? Sie könnten ja in dieser Schulklasse gewesen sein.

* Nein.

- Man sieht doch nichts in dem Schlauch, das muss ein durchsichtiger Schlauch sein.

# Ja, ja, natürlich. Und dann haben die Kinder es alle beschrieben, jeder für sich eine solche Beschreibung: "Wir füllten ein Fässchen halb mit Wasser und ebenfalls zwei Gummischläuche, die wir vorne und hinten mit Gummipfropfen verschlossen. Dann gingen wir vor den Glockenturm der katholischen Kirche und stellten das Fässchen dort auf. Das untere Ende des sieben Meter langen Schlauches legten wir in das Fässchen mit Wasser und einer ging mit dem anderen Ende hoch in den Glockenturm. (Also nicht an der Fassade, sondern innen hoch). Als er oben angelangt war, machten wir den Stopfen im Fässchen auf und..."
Was kommt jetzt? Sieben Meter... kann man es wissen? Deswegen schreibt er: "...siehe da, das Wasser im Schlauch hielt sich von selbst." Schluss, macht einen großen Eindruck. Ich habe es also mehrmals gemacht, eine furchtbare Wasserplanscherei. Ja, und nun kommt etwas, das man nicht voraussehen konnte...

* Ich habe gerade gesagt, das müsste man bei uns einmal machen, im Hochhaus!

# Im Schultreppenhaus kann man es auch machen.

* Außen an der Fassade machen, Strick runterlassen und dann hochziehen.

- Bei uns kann man es noch besser machen, von Balkon zu Balkon hochziehen.

# Also wenn man leichtfertig ist, schließt man aus so einem Versuch: "das geht also so weiter, man kann beliebig hoch." Solche Schlüsse sind doch sehr naheliegend. Man merkt sich halt: Man kann auf diese Weise das Wasser beliebig hoch schleppen, hoch ziehen. Und dann folgt eben eine Entdeckung und diese Entdeckung sagt: "nein, wenn der Schlauch über zehn Meter lang ist, dann bleibt das Wasser nicht drin, es sackt ab auf zehn Meter Höhe, nicht genau 10 Meter, hat mit dem Metermaß nichts zu tun, aber ungefähr, und bleibt stehen. Und darüber ist nichts." Das ist keine Entdeckung, die man gemacht hat in dem Gang, sondern das ist eine Pumpenerfindung. Die war Galilei bekannt, kann man bei Galilei nachlesen. Wörtlich - da erzählt eine von seinen drei Personen: "Ich kannte einen Brunnenbauer, der zeigte mir das bei einem Brunnen, der also so entsteht, dass man ein zylindrisches Loch bohrt, dann in dem Loch einen Kolben mit einem Seil hochzieht. Dann klettert das Wasser hoch." Das ist eine Variation dieses Versuches, denn Sie können ja auch hier das Wasser hochsaugen mit dem Mund. Das ist genau dasselbe. Was ich hier mache, ist ja auch ein Heben, ich hebe ja das Wasser hoch. Und dann hat dieser Brunnenbauer gesagt: "das ist eine alte Geschichte, das ist eine Handwerkerweisheit, das ist immer so, bei dieser Höhe hört es auf. Das wissen wir. Erst haben wir gedacht, das wäre undicht, aber das ist nicht der Fall." Zehn Meter. Handwerker alleine, die so denken, kommen nicht weiter.
Dazu brauchen sie einen Galilei, der darüber nachdenkt. Der hat es nicht rausgekriegt, er ist zu früh gestorben. Ein paar Jahre später hätte er es gewusst. Rausgekriegt oder geholfen hat Torricelli. Torricelli, sein Schüler. Und das ist jetzt, nachdem dies eine Entdeckung war, die ganze Geschichte hat ja einen dramatischen Ablauf. Nachdem dies eine Entdeckung war, die überraschend ist, hat jetzt einer eine experimentelle Idee, die mit der Sache nichts zu tun hat.
Nämlich Torricelli hatte auch solche Wasserpanscherei und sagte: "Wozu haben wir eigentlich Quecksilber?" Verstehen Sie? Wozu haben wir Quecksilber?

* Um es mit Quecksilber zu probieren, ob es da auch geht.

# Ja, würden Sie es denn machen mit Quecksilber? Ich meine, was will er denn mit dem Quecksilber machen? Warum fällt ihm Quecksilber ein?

* Es ist viel schwerer zu heben, Quecksilber lässt sich viel schwerer heben als Wasser.

# Ja, dann ist es ja ganz ungeeignet, nicht?

* Ja, aber da kann man eben sehen: schafft da die Angst vor dem Vakuum das auch noch?

# Ja, direkt gefragt: Wie würden Sie diesen Versuch variieren mit Quecksilber? Ich sagte vorhin, es ginge auch mit Bier, aber mit Quecksilber, wenn es dann auch ginge, das wäre schon etwas anderes, wirklich anderes. Muss ich viel Quecksilber haben, so ein Becken voll, und dann darin planschen, das kann man tun. Soviel Quecksilber hat man selten, das muss man also technisch etwas anders machen. Sie haben wenig Quecksilber, haben aber ein langes Glasrohr. Ja, da frage ich die Experimentatoren unter Ihnen.

* Da muss man das Rohr sehr, sehr dünn machen, ganz dünn und dann hochziehen.

# Und dann? Wir haben ja hier das Glas gefüllt.

* Werden dann nicht die Versuchsbedingungen zu sehr geändert, wenn man auf einmal ein ganz dünnes Rohr nimmt?

- Bei Wasser dürfen wir ja auch ein dünnes Rohr nehmen.

# Meinen Sie mit Quecksilber? Ja, um Quecksilber zu sparen, damit wenig Quecksilber genügt.
Nun ja, so ein Rohr von einem Zentimeter Durchmesser kann man schon nehmen. Ja, wie wollen Sie es füllen?

* Mit einem Trichter.

- Zum Beispiel, wie man es in der Chemie macht, indem man oben dran saugt.

- Also ziehen am Schlauch oder so?

- Dann hast du alles in der Schnauze.

- Wie eine Pipette und dann hochziehen.

# Man taucht es in ein tiefes Quecksilberbecken... Soviel Quecksilber hat doch niemand!

* Nein, ich meine, dass man oben dran zieht, zum Beispiel beim Schlauch mit dem Mund oder mit dem Blasebalg oder so... (Gelächter)

# Hinterher haben Sie eine Quecksilbervergiftung.

* Ich würde das Ganze sowieso nicht machen.

# ...dann schluckt man.

* Ja, aber vor vierhundert Jahren war Quecksilber noch nicht so giftig wie heute.

- Ach ja!

# Also wenn Sie mal ein physikalisches Praktikum mitgemacht haben, dann haben Sie so etwas schon mal erlebt. Wissen Sie es?

* Es erinnert mich irgendwie ans Barometer. Das Barometer funktioniert ja auch mit Quecksilber und das muss ja auch in das Rohr reinkommen, das Quecksilber. Ob man es mit einer Wanne machen kann?

# Übersetzen Sie mir mal den Schweizer.

* Bei dem Barometer ist ja auch Quecksilber in einer Röhre drin, das muss ja auch irgendwie reinkommen.

# Also muss gehen, ja. Fragt sich nur, wie? Sie meinen so ein altes Quecksilberbarometer. Ja, die gibt es ja kaum noch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihre Phantasie nicht reicht.

* Warum soll man das nicht mit einem Trichter oben reinfüllen? Trichter oben aufs Glasrohr machen, so einen ganz engwandigen und rein damit!

# Dann läufts unten raus.
Unten kann man das Rohr ja erst mal zumachen...

- ...und dann oben zu und unten auf.

- Hm.

# Das ist doch voll, voll wie ein Glas. Es gibt natürlich Schwierigkeiten mit Luftblasen und dem Dreck, der im Quecksilber ist.

* Ich weiß gar nicht, was ihr gegen die Pipette habt. Ich habe in meinem ganzen Chemiepraktikum so gearbeitet. Man lernt eben, die giftigen Substanzen nicht so hoch in den Mund zu ziehen oder man nimmt einen Blasebalg dazu und pumpt und ziehts hoch.

- Ja, ja, das ist für die Nichtkönner.

# Da hat man also eine Flasche, eine meterhohe Flasche und... Durchmesser klein. Also da ist Quecksilber drin. Aber man braucht doch das äußere Quecksilber, das drückt, das äußere.

* Wir brauchen ja nicht viel, das haben wir ja gesehen, dass wir nicht viel brauchen.

# Postkarte? Das ist doch vielleicht ein bisschen sehr schwer, das Quecksilber.

* Es muss ja auch ein kleiner Behälter mit Quecksilber ausreichen.

# Ja, wahrscheinlich. Ich hab das nie gemacht, ich habe kein Urteil. Geht das? Ja, es müsste gehen. Es gibt noch eine andere Möglichkeit: Man hat erst das eine Ende zu und dann das andere Ende. Das Ganze ist voll und drücken Sie hier den Finger drauf und dann drehen Sie es rum, stellen es so in das Quecksilber, nehmen dann hier unten den Finger weg und dann passiert etwas, das dem verwandt ist, das hier die Kinder beschreiben. Die beschreiben, dass bei zehn Meter Höhe das Wasser nicht mehr steigt, nicht mehr drin bleibt, absackt bis auf zehn Meter, wenn das Rohr länger ist als zehn Meter. Und hat der Torricelli sich sicherlich etwas gedacht oder vorausgewusst, was dann bei Quecksilber passieren wird.

* Das wird wahrscheinlich dann auch rausfließen, das Quecksilber, weil es schwerer ist als Wasser.

# Ganz rausfließen? Das Wasser fließt doch bis zu zehn Metern raus. Und nun das Quecksilber?

* Das wird wahrscheinlich auch auf einem bestimmten Stand stehenbleiben, aber der wird niedriger sein als bei Wasser. # Wie hoch erwarten Sie ungefähr?

* Ich weiß ja nicht, von was für einer Länge gehen wir denn jetzt aus?

# Schätzen Sie doch mal.

* Wie lang soll denn jetzt der Schlauch sein?

- Wasser bleibt bei zehn Meter stehen. Wo bleibt Quecksilber stehen?

- Viel weiter unten halt.

- Bei fünf Metern?

- Noch weiter unten, ich weiß es nicht, nur weit weiter unten als Wasser, ich kann mir vorstellen, viel weiter unten.

# Na ja, schätzen Sie doch mal!

* Sag, zehn Meter oder drei?

- Ach, sagen wir mal ein Meter.

# Ein Meter? Quecksilber ist dreizehn mal schwerer als Wasser.

* Könnte weniger sein.

# Kann man nicht wissen, er hat es auch nicht gewusst. Aber er fand, dass es tatsächlich dreizehnmal... rund dreiviertel Meter. Da bleibts stehen.

* Gar nicht so schlecht.

# Darüber ist nichts. Das ist ein rein experimenteller Einfall, der aber ganz wichtig ist, ohne den wäre die Geschichte nicht weiter gegangen.

* Und warum bleibt das beides stehen?

- Was hast du gefragt?

- Warum das beides stehen bleibt, überhaupt.

- Der Versuch läuft sogar noch etwas merkwürdiger ab. Also ich habe ein ein Meter langes Glasrohr, auf der einen Seite ist es zugeschmolzen und es ist schätzungsweise drei Millimeter im Innendurchmesser. Dass ist also gerade so dick, dass eine Luftblase im Quecksilber nicht hochsteigen kann, die bleibt darin klemmen. Wenn ich jetzt dieses Rohr fülle, ich fülle es von oben und stelle es aufrecht hin, dass das geschlossene Ende unten ist, fülle es von oben mit einem kleinen Trichter bis oben hin. Dann nehme ich das Rohr und halte es frei so umgekehrt hin, natürlich nicht über dem Fußboden. Jetzt nehme ich den Daumen weg, und jetzt, ich habe es bisher zugehalten, jetzt nehme ich den Finger unten weg. Und jetzt läuft das Quecksilber da raus, da unten, aber nicht ganz, nur eben ungefähr ein viertel Meter läuft raus.

Und wenn das fertig ist, dann schießt das ganze Quecksilber in dem Rohr nach oben und haut oben an. So läuft also der Versuch ab, wenn man ihn einfach mit einem unten offenen Gefäß macht, das lang genug ist, dass das Quecksilber rausläuft. Mit dem Wasser müsste man das vielleicht mit einem zwanzig Meter langen Schlauch hochziehen, und der Schlauch wäre auch einigermaßen eng, dass also nicht das ganze Wasser da rausplätschert einfach nachher, sondern auch im Schlauch klemmen bleibt. Dann müsste das also auch so ausgehen. Die Hälfte vom Wasser läuft raus, scht, und wenn es sich genug entladen hat, möchte ich fast sagen, dann wird das ganze Wasser wieder an das obere Ende von dem Schlauch hochgejagt. Erst mal muss ich unten zuhalten, aber dann muss ich nicht mehr zuhalten. Oben muss er zu sein, natürlich.

# Ja, verstehen Sie das?

* Nee.

# Verstehen Sie das selber?

* Da ist irgendetwas, das das Quecksilber gegen sein Gewicht nach oben drückt, in den Schlauch hinein, oder in das Rohr hinein.

- Durch das Vakuum vielleicht, dann zieht das Vakuum das ganze Quecksilber nach oben.

- Ei, des werd doch net so lang warte. Vom logischen Menschenverstand her würd ich sagen, das wartet doch net, bis es aufhört, auszufließen und dann ist oben so lang Vakuum und es krabbelt dann hoch. Warum genau der Viertelmeter?

- Ei, das Vakuum muss groß genug sein, vorher schaffts nicht.

- Schon ein kleines Vakuum...

- Das Vakuum muss groß genug sein und der Sog, den das Wasser nach unten hat, zum Ausfließen, der muss klein genug sein. Wenn viel Wasser drin ist, dann ziehts ja nach unten und will raus. Und wenn es wenig genug ist, dann zieht das Vakuum oben wieder mehr. So stell ich mir das vor.

# Mir kommt das abnorm vor. Ihnen auch?

* Also als es mir das erste Mal passiert ist, da habe ich also gestaunt, dass das so ablief, dass es eben rauslief...

# Und das zweite Mal?

* Ja, da wusste ich ja, warum, ja, aber...

- Wenn ich mir das überlege, ich kann mir das nicht vorstellen.

# Aber hier wurde ja zunächst etwas ganz Einfaches gefragt. Sie haben gefragt: "Wie war das?"

* Warum sinken die beiden Flüssigkeiten bis zu einer bestimmten Grenze?
Warum stoppen die da?

# Das hätten Sie doch beim Wasser schon fragen müssen.

* Ja, ja, hab ich ja (halt jetzt)...

# Die Frage ist, warum. Warum hört das plötzlich auf bei zehn Meter, beziehungsweise das Quecksilber bei dreiviertel Meter? Und hier muss das Genie einsetzen. Es haben alle diese Gedankengänge einen Kulminationspunkt, wo man nicht erwarten kann, dass die heutige Gesellschaft von Studenten einfach weiter kann, wenn es sie nicht gelernt hat. Das ist ein sehr schönes Beispiel. Es gab da zwei Genies, die beteiligt waren. Das eine war Descartes, und das andere war Pascal. Wer von beiden den Gedanken zuerst gehabt hat, ist nicht sicher.
Pascal stammt aus Clermont, südliches Frankreich. Bei Clermont gibt es einen hohen Berg, der Puy de Dome, über tausend Meter hoch, den kannte also Pascal und in Clermont wohnte sein Schwager, der hieß Périer. Er schrieb in einem Brief an den Herrn Périer, er möchte doch folgendes mal versuchen, denn er könnte so etwas machen. Ahnen Sie schon, was er macht? Er hatte nämlich einen Einfall. Er ahnte, was dahinter steckt, hinter dieser Grenze.
Wenn die Physiker eine Konstante finden, dann ist doch allemal was los. Dann muss doch etwas dahinterstecken, das begrenzt ist, und nicht etwas unendlich Mächtiges. Ja, ich weiß nicht, ob die beiden die einzigen waren, die so etwas geahnt haben. Ahnen Sie es? Das Komische ist, das ist sehr lustig, es gibt Briefe. Briefe sind immer gut, wenn sie aufgehoben werden, da kann man allerhand draus schließen. Dass es zwei Briefe gibt. Am 12. Dezember 1647 schreibt Descartes an einen Geistlichen, Physiker, einen Kirchenvater: "Mein ehrwürdiger Vater, und so weiter... ich habe Herrn Pascal benachrichtigt, den Versuch anzustellen, ob das Quecksilber oben ebenso hoch stiege, wenn man sich auf einem Berg befindet, als wenn man ganz unten steht..." - "Ich habe", sagt er, am 12. Dezember 1647. Und einen Monat vorher schrieb Pascal einen Brief an seinen Schwager Périer, der am Fuße eines Berges wohnt. Dieser Brief ist total vorhanden. Ahnen Sie, woher dieser Vorschlag kommt? Das Quecksilber war eben tragbar, das konnte man schleppen, diese zehn Meter Wasser konnte man nicht auf den Berg tragen. Dadurch war durch dieses Ergebnis von Torricelli erreicht, dass man den Versuch überall hinschleppen konnte. Also warum soll man das um Gottes Willen auf einen Berg tragen?

* Aber zu schleppen hat man doch im Grunde gleichviel, nur kann man es besser verpacken, das Quecksilber.

- Und er hat den Versuch im Dezember gemacht, das Wasser wäre ihm gefroren.

# Wieso ist etwas zu erwarten? Das ist eben die entscheidende Variation, die man macht. Die macht man immer nur, wenn man eine Ahnung hat. Ein Experiment ist nicht das, womit die Forschung anfängt, sondern eine Ahnung, und dann kommt das Experiment.

* Ich würde sagen: durch den Vergleich des Experimentes mit dem Quecksilber und dem Wasser stellt man fest, dass es mit dem Gewicht etwas zu tun haben muss, dem Gewicht des Stoffes, der da drin ist.

# Die Dichte?

* Ja, die Dichte und mit dem Gewicht der Säule, dieser Flüssigkeitssäule.

- Warum geht man denn jetzt auf den Berg?

- Man hat vorher gesehen, dass es von anderen Dingen offenbar nicht abhing, also nicht davon, wieviel Flüssigkeit unten in dem Gefäß drin ist. Davon hängt es offenbar nicht ab. Da man aber feststellt, bei verschiedenen Substanzen bekommt man etwas, was offenbar gar nicht von der Substanz abhängt, als Ergebnis, kann man nur überlegen, was kann man an den äußeren Umständen noch verändern?

# Man hätte es auch aus Frankreich über die deutsche Grenze schleppen können.

* Hätte man auch können.

# Ahnen Sie? Das kann man nicht ahnen.

* Da ist die Luft dünner.

- Der Luftdruck ist dünner.

# Wenig Luft? Ja, ja, das ist immer besser. Schön, ganz klar, Sie würden es rauskriegen. Ich lese mal vor. Für die Schule halte ich es für nötig, dass man so etwas ganz genau liest, diesen Brief, schon die Höflichkeiten dieses Jahrhunderts: "Ich würde die unausgesetzte Tätigkeit, die Ihre Geschäfte mit sich bringen, nicht unterbrechen, um Sie mit physikalischen Problemen unterhalten, wenn ich nicht wüsste, dass sie Ihnen in Ihren Mußestunde Erholung gewähren.
Was ich Ihnen jetzt mitteile, ist nur eine Fortsetzung der Gespräche, die wir miteinander in Bezug auf das Vakuum geführt haben. Wie Sie wissen, haben alle Philosophen an dem Grundsatz festgehalten, die Natur verabscheue es. Ich habe in meiner Abhandlung über das Vakuum diese Meinung zu zerstören gesucht und glaube, dass die Erfahrungstatsachen, die ich bezüglich dieser Frage herangezogen habe, klar erkennen lassen, dass die Natur einen beliebig großen, von anderen Materien leeren Raum zulassen kann und in Wirklichkeit auch zulässt. Ich bin jetzt damit beschäftigt, Tatsachen aufzusuchen, die entscheiden lassen, ob die Wirkungen, die dem horror vacui zugeschrieben werden, auf ihn zurückgeführt werden können oder durch die Schwere und den Druck der Luft veranlasst werden." Da haben Sie es: durch die Schwere der Luft. Torricelli hat das Ergebnis dieses Versuches später so ausgedrückt: "Wir leben auf dem Grunde eines Luftmeeres von bestimmter Höhe." Und wenn die Luft Gewicht hat -was sie hat, tausendmal leichter als Wasser, aber das ist doch auch etwas- wenn die Luft Gewicht hat, dann muss ein ganz gehöriger Druck auf uns lasten. Wenn ich auf einen Berg klettere, dann kommen wir der Grenze näher und dann haben wir nicht mehr so viel über uns und dann müssen wir erfassen, dass das Wasser nicht zehn Meter hoch steigt sondern vielleicht nur acht. Und das ist zu kompliziert, da nehmen wir Quecksilber, weil es sich gut verpacken lässt und es ist dann zu erwarten, dass das Quecksilber nicht bei dreiviertel Meter stehen bleibt sondern schon bei sechzig Zentimeter etwa. Ist das klar, der Gedanke?
"Ich habe nun einen Versuch ausgedacht", schreibt er, acht Tage später schreibt Descartes an Mersenne: "ich habe Herrn Pascal vorgeschlagen, er soll mal diesen Versuch machen."
Hübsch schreibt er, er hat sich ausgedacht, "der genau durchgeführt werden muss. Der Versuch wird darin bestehen, das Vakuum... " das brauche ich nicht vorzulesen, Sie können sich das denken. Jedenfalls ist ein Jahr später der Antwortbrief des Schwagers Périer auch da. Die sind also mit großem Gepäck, mehrere Gefäße voll Quecksilber kiloweise im Rucksack, sind sie auf diesen Puy de Dome raufgeklettert und haben dort oben die Sachen mit Quecksilber gefüllt und haben das auch gemacht und haben dann entdeckt, dass es stimmt. Da oben stand eine Schutzhütte, es schneite und sie haben gefunden, dass das Schneien keinen Einfluss hatte. Unter der Schutzhütte, unter dem Dach, von wegen dem Luftdruck wahrscheinlich, und außerhalb des Daches, alles dasselbe.

* Zum Glück hatten sie wirklich kein Wasser gehabt.

# Und dann sind sie wieder runter und haben es auf halber Höhe nochmal versucht, wieder anders. Dann hat der Périer sich hingesetzt und hat einen ausführlichen Bericht geschrieben: "Endlich habe ich den Versuch angestellt, den Sie vorschlagen... der letzte Samstag war sehr unbeständig (und so fort)... dann goss ich in ein Gefäß zehn Pfund Quecksilber..."

* Was ??

# ... dann hat er noch ein paar angesehen Bürger mitgenommen, ein lokales Ereignis zunächst. Schreibt er so. Aber interessant: "... dies erfüllte uns alle mit Bewunderung und Erstaunen und überraschte uns dermaßen, dass wir, uns von der Richtigkeit überzeugend, den Versuch noch fünfmal sehr sorgfältig an verschiedenen Stellen des Gipfels wiederholten, sowohl unter dem Dach einer kleinen Kapelle als unter freiem Himmel, an geschützter Stelle, im Winde, bei klarem Wetter und bei Regenschauer. Immer zeigte sich, dass bei all diesen Versuchen die Quecksilbersäule von einer Höhe von 23 Zoll und 2 Linien innehielt." Sehr ausführlich.

* Ich bin aber noch an deinem Versuch, ich kann mir den nicht erklären, wie das sein kann, dass wenn... Er hat ja erzählt, er hat es probiert mit der Röhre, die oben zu war. Wie es geht, dass erst alles rausläuft und ein starkes Vakuum entsteht und es dann wieder hochgeht. Normal müsste doch ein Gleichgewichtszustand sich einstellen.

- Es hat einen gewissen Schwung wahrscheinlich beim Rauslaufen, und da fehlen drei Millimeter.
Die sind halt vor lauter Freude mit rausgelaufen.

- O.K., dann verstehe ich es.

- Wenn man es ganz vorsichtig macht, dann kann man eine Säule haben, die kann man dann so rauf und runter wandern lassen. Aber das erste Mal ist es so: Es läuft raus, und -huit- der Rest wieder hoch.

# Können wir weitermachen? Sie verstehen, dass damit der Fall erledigt scheint, dass die das gemessen haben. Die Atmosphäre drückt, weil sie schwer ist, auf das äußere Wasser. Und das äußere Wasser drückt das innere, so hoch es eben kann. Und dann haben Sie solche Röhren. Zunächst jedenfalls in vereinfachter Darstellung kann man sich so ausdrücken. Dies hat noch einen kleinen Haken, der aber nicht für die Sache selbst hier entscheidend ist. Damit ist das entschieden.
Ich habe gefunden, das hat mit der Sache jetzt nur indirekt zu tun, dass man in der Schule sich nicht begnügen soll, von diesen beiden Herren da kleine Bildchen zu zeigen, sondern zu sagen, was man von denen nun zufällig weiß. Descartes, der ja sehr ernsthaft aussieht, etwas grimmig -ich lass ihn schnell rumgehen - die dreht ihn natürlich gleich rum...

* Wer ist das denn?

- Newton.

# Dieser Descartes ist dadurch berühmt und berüchtigt, dass er die sogenannte cartesische Spaltung erfunden hat, das heißt die Behauptung, dass Leib und Seele nichts miteinander zu tun hätten. Woraus sofort folgt, dass Tiere keine Seele haben, zumal sie nicht getauft sind und Tiere infolgedessen seelenlose Maschinen sind. Descartes hielt sich lange auf einem Bauernhof auf während des Dreißigjährigen Krieges und schrieb da sein großes Buch über die Spaltung.

* Der bekannteste Satz ist ja wohl der: "Ich denke, also bin ich." Die Trennung von Körper und Geist ist auch bei ihm.

# Ja, ja. Die Leute wurden damals alle von den Fürstlichkeiten finanziert. Es kam eine Einladung der Königin von Schweden, die damals Forscher um sich versammelte. Und er ist dann schon ziemlich bejahrt nach Schweden gereist, nicht mit der Bahn, nicht mit dem Auto, sondern wie üblich mit der Kutsche und hat dann einige Wochen warten müssen, bis ihre Majestät geruhte, ihn kommen zu lassen. Er erkältete sich dann stark und starb sehr bald. Das sind nur die Sachen, die ich weiß, ich erzähle nur die Sachen, die ich weiß. Ernsthafter liegt die Sache bei Pascal, von dem ich auch ein Bild habe. Das ist möglicherweise Pascal. Auch die Totenmaske ist verdächtig, aber man hat einen Eindruck von ihm. Pascal ist einer der merkwürdigsten Menschen, die je gelebt haben und seine Bücher, ich bin überzeugt, die werden niemals vergessen werden können. Es gibt viele Geschichten von Pascal, meistens sind es Legenden, die seine Schwester, die in ihn verliebt war, ausgestreut hat. Als kleiner Junge saß er bei seinen Eltern -sein Vater war ein Jurist in Paris, reich und wichtig, Verkehr mit vielen Forschern- beim Essen. Es war langweilig und der kleine Pascal experimentierte mit Weingläsern, wenn man sie so andreht, dass sie dann klingen und hat schon entdeckt, dass, wenn man sie berührt, dass sie dann aufhören. Zweite Geschichte von Pascal: Er wollte gerne Mathematik lernen, denn er hatte bei den Gesprächen, die sein Vater mit den Mathematikern hatte, zugehört und fand das sehr interessant. Der Vater sagte: "Nein, erst Latein!" Da war nichts zu machen, autoritäre Erziehung. Er verbot es. Er wollte gerne Bücher haben, wo Mathematik drin ist: "Nein, erst Latein!" Nach einigen Monaten ging der Vater zufällig in das Zimmer seines Sohnes. Der Sohn war so Zehn, Zwölf. Der Sohn saß auf dem Boden und hatte Papiere um sich mit offenbar geometrischen Zeichnungen. Der Vater staunt, wollte bereits aufbrausen, fragt aber erst nach: "na, was soll denn das?" - "Ja", sagt er, "das ist eine geometrische Sache, die stimmt." (Ich weiß nicht, was es war.) - "Na, und wie hast du das rausgekriegt?" - "Die habe ich rausgekriegt, indem ich sie abgeleitet habe aus einem anderen Satz, der noch einfacher ist." Die Geschichte ist bestimmt falsch und es war nachher der 47. und der 46. Satz von Euklid gewesen, alles aus seiner Phantasie. Diese Geschichte erzählt der Vater seinem Freund und bricht in Tränen aus, aus Gerührtheit über diesen Sohn und fragt: "was soll ich denn nun machen?" Der Freund sagt: "Lass ihn nur machen." Und er ließ ihn auch machen, von nun an konnte er machen, was er wollte, mathematisch und auch sonst.
Und hat dann auch den Pascalschen Satz entdeckt, so mit siebzehn, ich weiß nicht. Ich weiß auch nicht, wie der Pascalsche Satz heißt, etwa von der Art: "Nehmen Sie einen Kreis und verteilen auf ihm beliebig sechs Punkte, so verbinden Sie jeden Punkt mit dem nächsten immer in derselben Richtung, dann entstehen also gerade Linien, und diese geraden Linien schneiden sich in einem Punkt, die Schnittpunkte liegen auf einer Geraden." Irgend so etwas.

* Allgemein: Ein Kegelschnitt ist durch fünf Punkte bestimmt.

# Und nicht nur das, und nicht nur beim Kreis so, sondern auch bei der Ellipse so und bei der Parabel so und bei der Hyperbel. Das stimmt. Auch sonst hat er viel Physik, Hydrostatik gemacht. Erfand die erste Rechenmaschine, ließ einen ersten Omnibus durch Paris laufen, keinen mit Motor, mit Pferden natürlich. Und entwickelt sich, wie es schien zu einem Playboy, bis ihn seine schon immer ihn bedrängenden philosophischen, religiösen Gefühle übermannten. Und das ist auch eine Geschichte, die wahrscheinlich nicht wahr ist: Weil er mit seiner Kutsche beinahe geradewegs in die Seine gefahren wäre und die Pferde gerade noch so am Rande des Flusses gestoppt werden konnten, das soll ihn also beeinflusst haben. Dazu kam eine Vision, die er hatte, ein Gesicht, das ihn völlig auf die religiöse Seite warf, so dass er dann später sagte: "Mathematik ist ja ganz schön, interessiert mich nicht mehr sonderlich, die religiösen Fragen sind unendlich wichtiger." Er hat ein Buch geschrieben, das zu den berühmtesten der ganzen Literatur gehört, das ist überschrieben mit 'Pensées', das heißt Gedanken, hat auf tausend Zettel Notizen gemacht, ähnlich wie Lichtenberg, der aber in Hefte schrieb, Sudelhefte. Er schrieb auf Blätter und die hat man später versucht chronologisch zu ordnen. Es gibt unter diesem Titel mehrere Ausgaben. Diese sind außerordentlich charakteristisch für ihn, in einem unnachahmlichen Stil geschrieben, immer über religiöse Fragen. Er war ein absolut humorloser Mensch, wie alle Heiligen sind, die Heiligen sind ja auch meistens vorher Playboys gewesen.
Ich lese Ihnen einen Satz vor, ich habe ihn bei ihm selbst nicht gefunden, sondern ich habe ihn bei dem Gehirnforscher E. gefunden, der sich durch diesen Satz sehr beeindruckt gefühlt hat. Er sagte, wie er durch Gedanken dieser Art, die er mit achtzehn Jahren hatte und bei Pascal wiederfand, dazu kam, eine lebensentscheidende Wendung bei sich vorzunehmen. Also ich lese vor:
"Bedenke ich die kurze Dauer meines Lebens, aufgezehrt von der Ewigkeit vorher und nachher, bedenke ich das bisschen Raum, das ich einnehme, und selbst den, den ich sehe, verschlungen in die unendlichen Weiten des Raumes, von denen ich nichts weiß und die von mir nichts wissen, dann erschaudere ich und staune, dass ich hier und nicht dort bin. Keinen Grund gibt es, weshalb ich gerade hier und nicht dort bin, weshalb jetzt und nicht dann. Während ich hier eingesetzt, durch welche Anordnung und Verfügung ist mir dieser Ort und diese Stunde bestimmt worden? Das ewige Schweigen dieser unendlichen Räume macht mich schaudern."
Hier spüren Sie die Entdeckungen der Astronomie von den großen Entfernungen, die ja heute noch viel größer sind, auf das religiöse Empfinden. Ich halte Pascal für einen Mann, der ja auch in Mathematik und Physik bedeutend ist, sehr bedeutend. In der Schulmathematik nur als Erfinder des Pascalschen Dreiecks, Binomialkoeffizienten, unwichtig. Aber viel wichtiger ist sein unnachahmlicher Stil, den man hier schon spürt. So ein dickes Buch. Also ich finde, von den Menschen, von denen man ein bisschen etwas weiß, sollte man ihnen erzählen. Man kann nicht alles wissen. Er starb sehr jung, vierzig war er, glaube ich. Er hat später einen Dornenring getragen und sich, wie sagt man, kasteit. Jedenfalls ein Mensch, der nicht lächelte, das ist sicher. Und was unser Problem hier betrifft, das ist noch nicht beendet, denn ein Einwand gegen das Ganze: Wenn der Luftdruck das ist, der das hochtreibt, dann wäre doch zu erwarten, dass, wenn wir ein Loch oben reinmachen...

* ...dann muss es eigentlich einen Springbrunnen geben.

# Einen Springbrunnen, ja. Statt dessen haben Sie ja gesehen, was passiert, das Wasser sackt ab. Also ist das Ganze falsch, nicht? Wenn der Luftdruck die Ursache wäre, die das Wasser um die Ecke drückt, nach oben, in das Gefäß hinein, dann muss ja das Wasser, wenn es überhaupt sich halten kann, und da es ja auch höher steigt, wenn man ein Loch macht -es will ja zehn Meter hoch- also wenn Sie ein Loch machen, müsste es ja raussausen. Tut es nicht die Spur.

* Aber durch das Loch kommt ja auch wieder Luftdruck, der das verhindert. - Wenn der Luftdruck es hochdrückt, dann würde er es auch hochdrücken, wenn oben das Loch drin ist, dann könnte das Wasser oben raus.

- Ja, es gibt ja so etwas wie einen Druckausgleich. Es kommt nicht nur von unten Druck, es kommt auch von oben Druck. Es wird von beiden Seiten gedrückt und der Luftdruck gleicht sich aus, so dass doch wieder nur das Gewicht des Wassers entscheidend ist. Und das fällt dann halt runter.

- Dann ist gar nichts mehr da.

- Doch, das Gewicht des Wassers ist immer noch da.

- Wenn er oben drückt und unten drückt...

# Ja, das wäre ein Thema für das nächste Mal.

* Und oben das Loch ist viel kleiner als unten das.

- Ja.

- Ja, der Luftdruck oben ist kleiner, unten drückt die Luft mehr als oben.

# Ich will das mal anders sagen, das hat gar nichts mit Mathematik zu tun. Wenn das nach oben will, geht es auch rauf, wenn ich oben ein Loch reinmache.

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