Wie sehr diese Behörde aber ständig sich bemüht, immer noch vollkommener zu werden, zeigte mir eine andere Todesanzeige. Denn darauf stand, schwarz umrahmt und trostreich: "Nimm Dir einen Fernsprechanschluss!"
Aber gerade diese Temperierung, gerade diese unsere Sachlichkeit hat gemacht, dass das Leid des Boten nicht verschwunden, vielmehr das Vorzeichen wechselnd, sozusagen negativ wieder aufgelebt ist in unserer Zeit.
Seht den Briefträger an! Musste er früher entgelten, was seine Schuld nicht war, so lässt man ihn heute gar nicht teilnehmen, woran er immer noch beteiligt ist, indem er es bringt.
Ein anonymer Schicksalsbote, so geht er durch die Häuser und wirft die Briefe in den Schlitz der Kasten. Ist schon im nächsten Stockwerk, wenn im vorigen sich der Kastenschlüssel dreht, und hört nicht mehr das Lachen oder Weinen, das seine Nachricht dort entzündet hat. Und weiß doch, sieht doch vor sich die Flucht erwartungsvoller, banger, sehnsüchtiger Korridore, und meint in seinem Rücken das Brausen der Leidenschaften zu hören hinter den Türen, die er schon besuchte.
Welch ein schmerzlicher, welch ein vornehmer Beruf, Briefträger mit Phantasie zu sein!
Du erhabenster aller Postbeamten, du menschlichster in deinen Möglichkeiten. Diskret und schweigend tust du deine Pflicht, entsagungsvoller Geheimnisträger. Dein Trost: Die Liebenden, die hinter den Gardinen dich erwarten; dein Trost, die abendlichen Gestalten, die an den Straßenecken, an den Briefkasten sich verzehren und flüchten, wenn du ihn geleert hast: So nimm denn Schicksal deinen Lauf!