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27. Oktober 1986.

Thema: Was Unterricht schlecht macht - "schwache" Schüler - Lichtbrechung - Kinder beschreiben, was sie sehen.

# Martin Wagenschein
* Seminarteilnehmer
- weitere Seminarteilnehmer in der selben Runde
() redaktionelle Kommentare

(Die Teilnehmer tragen sich in eine Liste ein, es sind viel zu wenig "legale"):

* Es gibt halt zu wenig Lehramtskandidaten.

# Ich möchte heute einmal einen Vergleich ziehen zwischen einem ganz schlechten und einem guten Unterricht. Der schlechte kommt vor, im computergesteuerten Unterricht und im dozierenden. Und ich übertreibe etwas. Thema: Brechung. Und da ist der arme Lehrer, der damit fertig werden soll. Und sie sind überhaupt noch nicht da, und sind laut oder sind mit großen Augen ganz wo anders. Und sie sehen ihn auch nicht an, es ist als wäre er hohl, da ist nichts zu machen. Es dauert also fünf Minuten.
Und dann muss er noch die Aufgaben erledigen, das dauert auch wieder fünf bis n Minuten. Und dann kommt er endlich dazu. Und dann erinnert er sich: muss schnell, muss schnell gehen. Also nimmt er einen Lichtstrahl, ich sage schon: er nimmt, er macht einen und lässt ihn dann ins Wasser fallen und dann... das sieht ja jeder. Was sieht er? "Was seht ihr?" Dann sagen sie: "Er wird gebrochen" - "Sehr schön" sagt er, "und in welche Richtung?" - Ein anderer sagt: "der wird geknickt", was eigentlich besser ist, oder "gebogen". Darauf kann er nicht eingehen, das dauert zu lange. Und so geht das dann weiter: "Nun wollen wir mal den Winkel verändern. - Was beobachtet ihr?" - Niemand sagt etwas. Er weiß doch, dass es einen gibt, der es immer weiß. Der gibt dann die Antwort für alle. "Das merkt ihr euch." Und dann macht er eine Tabelle von den Winkeln in Bezug auf das sogenannte Einfallslot. Wie er darauf kommt, weiß kein Mensch. Denn das Natürliche ist ja doch, dass man dies wissen muss. Er sagt auch nicht warum. Das hat natürlich einen Grund. Er macht eine Tabelle und dann sagt er: "Nun wollen wir doch einmal den Sinus nehmen, es ist ja der Sinus, seht einmal in euren Tabellen nach und schreibt ihn hin." Und so weiter. Und so hat er das Brechungsgesetz: Sinus Alpha durch Sinus Beta gleich constans. Dann ist er fertig, er hat es doch schon. Dann kommen noch ein paar Anwendungen, aber das reicht schon nicht. Dann muss wiederholt werden und dann ist es da.
Habe ich zuviel gesagt, übertrieben? Das ist die Tendenz, darauf kommt es an. Wenn Sie diese Stunde interpretieren sollen, oder korrigieren, beurteilen, was würden Sie sagen? Vorteile?

* Es geht schnell.
- Nicht zu schlagen.

# Das Ganze ist ja auf Schnelligkeit eingestellt. - Und zweitens? Nachteil? Es ist alles richtig, nehmen Sie an, dass alles ganz richtig, wissenschaftlich einwandfrei ist.

* Vielleicht noch ein Vorteil aus der Sicht des Lehrers: das Ziel, was er sich gesetzt hat, hat er erreicht.

# Ich habe Sie nicht verstanden.

* Als Zusatz: Ein Vorteil aus der Sicht des Lehrers, das Ziel, was er sich gesetzt hat, hat er erreicht.

# Er sieht, was er erreicht hat?

* Er hat sich ein Ziel gesetzt am Anfang von der Stunde, und das hat er erreicht.

# Das erreichte er, das sogenannte Stundenziel.

* Ja.
- Für Referendare sehr wichtig!
- Die Frage ist, ob das Ziel wichtig ist, das er sich gesetzt hat.

# Weitere Vorteile? Leicht abzufragen, zumal es im Buch steht, nicht? -
Jetzt kommt es doch, jetzt kommt es doch. Warum machen Sie es denn nicht so? Würden Sie es so machen? Es kann doch sein, wenn sie alle sehr brav sind, dass sie in der nächsten Stunde etwas Richtiges sagen. Und sie haben es auch gesehen.

* Ja, aber der Schüler hat eigentlich überhaupt keinen Bezug dazu, es geht ihn im Grunde nicht viel an. Das ist eins von den tausend anderen Dingen, die so an ihm vorbeirauschen und wahrscheinlich nach gewisser Zeit wieder vergessen werden.

# Das ist ja klar, dass das der Fall sein kann. Ich sagte nicht, dass sie das wissen. Sondern es handelt sich nur darum, das zu formulieren.

* Also im Prinzip wäre das das Gleiche wie Geometrie, eine Geometrieaufgabe, irgendwelche Winkelbezüge bei irgendeiner Zeichnung fallen mir dazu ein. Der Vorgang selbst ist überhaupt nicht mehr im Blick.

# Man hat es doch gesehen. Wir wollen mal den Winkel ändern...

* Ja vor allem, man beobachtet es ja nicht so in der Art, man kann ja den Lichtstrahl gar nicht sehen.
- Na ja, das Bündel...

# Was meinen Sie?

* Ich sage, man beobachtet es ja nicht in dieser Form in der Natur.

# Ach, in der Natur? Nein, von Natur ist gar nicht die Rede.

* Es ist meines Erachtens die Frage, ob diese Erkenntnis hinreicht, um das zu erklären was man sieht, also beispielsweise, wenn ich jetzt in ein Glas Wasser irgendeinen Stab reinstecke, und ich lasse die Schüler das betrachten, und jetzt fordere ich sie auf: "Erklärt mir mal, wieso das zustande kommt, ihr kennt ja das Brechungsgesetz!" Dann möchte ich einmal wissen, ob die in der Lage sind, das zu machen. Ich bezweifle das.

# Ich auch.

* Vor allen Dingen, wenn sie erst das Bild gesehen haben und dann den Stab, dann geht gar nichts mehr.
- Das ist ja auch genau entgegengesetzt.
- Das meinte ich ja eigentlich auch damit.

# Das kommt von der Eile, gell? Das tut kein Lehrer gerne, glaube ich. Wenn er es gerne tut, ist er erledigt.
Ja, nun wollte ich einmal damit vergleichen, wie man es besser machen könnte. übrigens, was würde denn ein sehr intelligenter, aufgeweckter Schüler dazu sagen? Meinetwegen ein hochbegabter, also ein ganz wacher Mensch, der noch nicht viel Schule hinter sich hat? Wäre er zufrieden? Wüsste er, warum er nicht zufrieden ist?

* Der würde vermutlich fragen, warum das überhaupt so in dieser Form stattfindet.

# Das ist ja nicht so einfach.

* Ja eben.

# Er würde also fragen: "Warum?" Ja schon.
Dass man sagt: "Das kommt nächstens dran."

* Vielleicht würde er auch fragen, warum das Lot da gebraucht wird. Es geht doch auch anders, können wir nicht den anderen Weg...

# Das Lot ist ja eine ganz skurrile Erfindung hier in diesem Fall.

* Ich weiß aus dem Physikunterricht, wie ich ihn an der Schule erlebt habe, dass ich auch nach dem Warum gefragt habe und der Lehrer sagte: "Ja, im Oberstufenunterricht wird nicht mehr nach dem 'Warum' gefragt, Da werden Modelle aufgestellt und die müssen wir erklären."

# Schön! Ganz ernsthaft?

* Das hat er ganz ernst gemeint und ich hatte auch immer eine schlechtere Note bekommen, weil ich nicht zur Fortführung des Unterrichts beigetragen habe.
- Ein Lehrer?
- Ja, es war wohl der Klassenlehrer gewesen und nicht einer, der einfach mal so zugehört hat.
- Der Physiklehrer, der den Unterricht gemacht hat. Immer Mordsgeräte aufgebaut, es kam mir so vor wie ein Verkäufer, der irgendetwas verkaufen muss, das man eigentlich nicht braucht, wofür man gar keine Anwendung hat. Also ich glaube, es ist sehr typisch, dass junge Leute heute gerne zu Pharma-Vertretern umgeschult werden. Die sollen den Leuten etwas verkaufen, das haben sie ja gelernt.

# Ja, ich habe immer den Eindruck, als hätte der Unterricht nicht die Aufgabe, die Schüler zu überzeugen, sondern nachzuweisen, dass vor einem nicht anwesenden großen Richter, dem Gott der Physik, der da eben die Fäden zieht und hinter allem steckt, dass der es billigt: "Ist es richtig?" - "So ist es, es ist wirklich wahr." Eigentlich kein Blick auf die Zuhörer, bestimmt kein persönlicher. Das kann er ja nicht. Ich finde nicht, dass der Lehrer schuld hat, der das so macht, vielleicht arglos. - Ja vielleicht würde ein kluger Mensch sagen: "Das ist ganz schön, aber ich habe noch niemals an einem Teich einen Lichtstrahl gesehen. Sie malen da immer Lichtstrahlen hin. Wo sind die denn? Die kommen ja gar nicht vor." Offenbar Erfindung der Schule, Erfindung eines Labors, und noch dazu sieht man ihn nur, wenn es staubig ist. Die ganze Geschichte ist eine staubige Atmosphäre oder wenn jemand geraucht hat, eine verbotene Atmosphäre, eine gesuchte Atmosphäre. Jüngere Schüler sagen so etwas natürlich nicht, weil sie es nicht formulieren können. Aber sie denken schon so etwas. Ja deswegen würde ich, wenn ich ein Eingangsthema aussuchen will, würde ich das nehmen, was Sie gesagt haben, dass ein Stab, den man ins Wasser steckt oder ein Pflanzenstengel, der aus dem Wasser kommt, oder ein Entenbein, das ins Wasser taucht, geknickt aussieht.

* Es gibt auch einen anderen Versuch, den ich immer benutze. Ich nehme irgend eine Schüssel, die undurchsichtig sein muss und lege da irgend einen Gegenstand hinein und fordere die Schüler auf, sie sollen sich so hinstellen, dass keiner diesen Gegenstand sieht. Kann man machen. Dann gieße ich Wasser rein und plötzlich sieht man ihn. Und dann kann man fragen: "Wie kommt das eigentlich?" Das ist, scheint es, weniger bekannt, dieser Versuch.

# Ja das ist schön. Ich ziehe die Natur vor. Das ist ja ein Spiel. Also diese Beobachtung oder dieses Phänomen hat einen Grund. Erstens man wundert sich, und zweitens ist es, im Gegensatz zu anderen merkwürdigen Phänomenen ist es gleichzeitig vertraut, denn es hat jeder schon gesehen. Es ist so genau auf der Kippe zwischen dem Ungewöhnlichen und dem Gewohnten. Viele Leute denken nicht mehr darüber nach, sondern denken einfach: lassen wir es sein, ist ja komisch. Man müsste mal eine Umfrage machen. Es kann ja ganz grotesk aussehen unter Umständen, unter günstigen Umständen. Was sagen nun die Kinder, wenn man dies einfach hinstellt und gar nichts sagt? - Würden Sie bitte mal vorlesen? Wir haben also den Vorzug, eine ganz frische Tatsachenschilderung zu bekommen.

* Also ich habe mir geholfen, habe ein bisschen eine Gemeinheit gemacht, ich habe nämlich gefragt - ich unterrichte Biologie und habe das da reingeschubst: "Wie sieht es vom Ufer aus, bei einer Ente, wenn sie..."

# Sagen Sie doch mal wer das sagt.

* Das ist die Frage, die ich gestellt habe an meine Schüler: "Wie sieht es vom Ufer aus, wenn die Beine im Wasser stehen, von der Ente? Versuche es ein wenig zu begründen."

# Wildente?

* Irgend eine. Keine richtige. Was sie gesehen haben, was sie wissen.
Es sind Fünfzehnjährige, die recht frei sind und mir auch sagen, was sie denken. Und dann kamen so die Antworten: die Beine werden dicker und kürzer, und wenn man unter Wasser sieht, sind sie wieder normal. - Und einer erzählt, er saß schon einmal im Schlauchboot, und da hatte der Arm einen Knick und wurde dicker. - Oder im Wasser sieht man den Unterschied nicht mehr, die Augen kennen den Unterschied nicht.

# Welche Augen, die Augen der Ente?

* Nein, wenn man unter Wasser ist, dann ist alles normal. Wenn man unter Wasser rausschaut, ist es oben geknickt. Einer erzählt, dass er mal mit dem Finger an so etwas langgefahren ist, und das war grusig, denn er glaubte, es ginge um die Ecke und dabei ging es einfach geradeaus weiter. Und der nächste sagte, beim Kanufahren sind die Steine ganz nah, aber sie sind weit weg, sie erscheinen größer und wirken deshalb näher. Und dann haben sie es formuliert, ein bisschen: "Wenn man am Ufer steht und jemand steht im Wasser, hat man das Gefühl, dass die Beine einen Knicks haben, dass sie leicht gebogen sind. Aber warum sie einen Knicks haben, weiß ich nicht. Der Knicks geht nach oben weg." Und so haben sie es dann alle formuliert.

# Wie alt?

* Fünfzehn.

# Und wie ist die ganze Gruppe?

* Annette, schildere sie. - Lebhaft, äußerst lebhaft kann man schon sagen, nur Buben.

# Herkunft?

* Bis auf einen Bayern alles Schweizer, sehr aufmerksam, hatten noch keine Physik in dem Sinne.

# Das ist die Hauptsache.

* Es stört nicht. Sie sind dauernd aktiv.
- Das habe ich mit 'lebhaft' gemeint.

# Was machen sie denn da?

* Entweder sie spielen oder sie gucken oder sie rennen rum oder sie fangen an, sich zu prügeln oder sie suchen etwas unter dem Tisch, also sie sind überaktiv.
- Wie viele?
- Acht von der Qualität.

# Also gute Schüler?

* Schwache! Extrem schwache.

# Was man so 'schwach' nennt. - Gerade das Gegenteil von schwach.

* Nein, sie sind schulisch wirklich schwach, das sind sie tatsächlich, sie können nur mühsam lesen, können zum Teil gar nicht schreiben...
- Aber beobachten tun sie ja gut.
- Ja.

# Beinahe analphabetisch.

* Zum Teil ja. Aber sie können beobachten.

# Paul Geheeb war ja ganz glücklich, als er einmal einen wirklichen Analphabeten bekam. Ja, was sagen Sie dazu? Ihr Eindruck?

* Ich muss dazu sagen, die sind sehr vertraut, die sagen, was sie denken, die wissen, dass sie alles sagen dürfen.
- Ich habe den Eindruck, dass sie, obwohl sie oder gerade weil sie schulisch schwach sind, eigentlich doch gut beobachten können. Ich habe manchmal das Gefühl, dass man in unseren Schulen das Beobachten verlernt, weil man nicht mehr beobachten darf sondern nur noch Kenntnisse vermittelt bekommt und im Grunde eigene Erfahrungen sehr oft ausgeschlossen sind.
- Ja, weil die Schüler gewöhnt sind, dem nachzuspüren, was der Lehrer meint.
- Das, was ich denke, spielt eigentlich keine Rolle mehr, sondern das, was ich meine, was der Lehrer von mir erwartet, dass ich es sehe. Das ist, glaube ich, so die Verbildung, die bei uns im Unterricht passiert.
- Es gibt ja bestimmte Prüfungsverläufe, über die man sich als Prüfling sehr freut, wenn einem alle Worte suggeriert werden und fast in den Mund gelegt werden, dass man es selbst dann immer nur einzufügen braucht und so ähnlich sollte auch der Unterricht sein.

# Nach Ihrer Erfahrung: würden unsere Durchschnittskinder hier so etwas schon sehen oder wissen?

* Was mich wundert ist, dass die das wussten mit einer Ente oder so etwas als Beispiel.

# Ja, die scheinen Unterwasser-Erfahrung zu haben. Ich bin sehr erstaunt.

* Einer war in den Sommerferien an der Nordsee, einer ist ein Kanufahrer. Und der an der Nordsee hat also unwahrscheinlich gut aufgepasst, der weiß recht viel.

# Aber die anderen sind Festlandbewohner.

* Ja,
- Schweizer, fester geht es nicht.
- Und da sind vermutlich keine rekonstruierten Erfahrungen dabei. Also wenn ich diese Dinge einmal irgendwo gehört habe, dann kann ich mir ja vorstellen, wie die Erfahrung ausgesehen hätte, ohne sie selber gemacht zu haben.
- Nein, das ist hier nicht der Fall.

# Lesen die Bücher?

* Ja, irgendwelche Micki-Maus-Heftchen.
- Da wären wir ja bei der Ente!

# Ich habe zum Vergleich noch etwas, das fünfzig Jahre alt ist.

* Moment noch. Was mich jetzt wundert, das war ja eine gestellte Frage, das heißt, es war keine Beobachtung.
- Ja.
- Das war quasi doch die Imagination: 'Stellt Euch vor, was habt ihr gesehen, wenn eine Ente im Wasser stand?' Das finde ich schon einen Anspruch. Deswegen stört mich das 'schwach'.
- Also ich habe sie auch noch gefragt, um das Ganze zu bringen: "Wie bewegt sich eine Ente auf dem Land fort? Versucht euch zu erinnern." Einer hat dann ganz entsetzt gesagt: "Woher wisst ihr das, ich entsinne mich nicht." Die anderen haben das wirklich gut geschildert. Die scheinen da gut und interessiert zu sein.
- Mir fällt dabei ein, dass ich bei einem Ententeich noch nie die Beine einer Ente gesehen habe, unsere Ententeiche sind generell so braun und trüb, dass man nie die Beine sehen konnte.
- Das schrieb auch einer.
- Was ich so beobachtet habe bei Schwänen, wenn die so gravitätisch schwimmen, dass die Beine kürzer sind als wenn sie ins Wasser gehen. An das kann ich mich noch erinnern.

# Das Letzte bitte noch, mit der Trübheit des Wassers.

* Also das haben sie dann schriftlich verfasst, das ist etwas: "Es kommt drauf an, wie dreckig und dunkel das Wasser ist, je nachdem sieht man nämlich gar nichts. Aber ich denke, man sieht oder meint, die Beine seien größer und dicker und nochmals geknickt. Wenn die Ente gerade im Wasser steht, so geht der Knicks nach oben hin."

# Das ist aufgeschrieben?

* Das ist aufgeschrieben, das ist dann nicht mehr in Ordnung. Da war es dann nachgedacht.

# Haben Sie da eine Erklärung verlangt?

* Ja, falls sie etwas wüssten. Aber sie wussten keine.

# Wollen Sie eine haben?

* Ich weiß noch nicht, ob ich das kriegen kann, ohne dass es sehr gestellt ist. Ich meine, es ist ja Biologie und nicht Physik, was ich bei denen unterrichte.
- Mir schießt die ganze Zeit durch den Kopf: Was machst du mit dem 'größer'? Wenn ich das durchdenke, wird es dann dicker oder größer? Und deswegen sieht es so aus... ich habe unheimliche Schwierigkeiten in dem Moment.
- Also sie haben mir gesagt: Wasser wirkt wie ein Vergrößerungsglas.
- Also sie müssen länger werden und nicht kürzer.
- Wir werden uns das schon noch angucken.
- Größer kann ich mir als gedrungener vorstellen. Dadurch, und durch das Gestauchte.
- Es wurde ja auch so beschrieben, dass es näher und dadurch größer erscheint.
- Größer und dadurch näher!
- Der Stein wirkt größer und dadurch näher.
- Das ist schon eine Erklärung.
- Nein, nicht für das Ganze, nicht für den übergang Luft-Wasser.
- Also der hat sich ja eine Menge dabei gedacht, so intuitiv. Der Stein kann nicht größer sein. Wenn er größer aussieht, muss er näher sein, nee, muss er näher wirken. Näher sein, hat er ja nachgefühlt.
- Ja das ist ein Kanufahrer, der erzählte, er hätte durchlaufen wollen, aber es wäre nicht gegangen.
- Für die ist das sehr wichtig, wenn die sich beim Kanufahren überschlagen. Wenn die Steine immer so nahe wären wie sie aussehen, das wäre wahrscheinlich ziemlich schrecklich.
- Ich denke, wenn man jetzt da anknüpft, wo die Schüler eigene Erfahrungen gemacht haben, eine Welt die sie kennen, die sie selbst beschrieben haben, wenn man da jetzt mal näher hinguckt und nochmal untersucht, dass das Schüler doch viel mehr interessiert als wenn der Lehrer irgend so ein Modell herbringt und sagt: "Sinus Alpha durch Sinus Beta, der Wert ist so und so..." Ich glaube, dass damit Schüler überhaupt nicht angesprochen sind.

# Der gebrochene Stab kommt ja auch von selbst vor. Eine Ente ist natürlich noch besser, weil sie lebendig ist. Fachlich gesehen ist sie schlechter, weil sie Biologie ist.

* Weil sie nicht still steht, damit wir unsere Untersuchungen machen können.
- Kannst ja schlecht eine Ente in den Klassensaal bringen.
- Ich habe mir schon einmal überlegt: Wir haben ein Hallenbad neben der Schule, ob ich nicht mit meinen Schülern bei dieser Gelegenheit wirklich mal... ich habe es aber noch nicht gemacht.
- Warum nicht?
- Das wäre der nächste Punkt, warum man es nicht macht. Also als Möglichkeit ins Nichtschwimmerbecken zu gehen, also dann müsste ich ja mich selber reinstellen.
- Aber wieso denn? Alle!
- Nee, alle nicht, erst mal einen als Entenersatz.

# Es gibt also zum Vergleich, wenn Sie wollen, wenn Sie es nicht langweilt, ein Gespräch zweier Knaben um 1936 von Frau Banholzer, die damals eine Lehrerin war. Die hat zwei zusammengesetzt und dieses Experiment gemacht mit dem Stab. Dann hat sie stenografiert, wörtlich.
Mögen Sie vielleicht mal das Duett spielen? Sie sind der eine und Sie der andere.

* (Zwei Teilnehmer lesen das Gespräch vor. In dem Gespräch 'macht alles das Wasser'.)

# Ja, was meinen Sie?

* Die sind zäh und schnell, die bleiben ja an dem Problem dran.

# Das liegt am Wasser, das liegt am Wasser..., Schwaben sind das.

* Und das andere sind Schweizer.
- Also mich verblüfft erst mal, wie zäh die am Problem dran bleiben und wie lange die sich damit beschäftigen.
- Ja.
- Ich habe eher so den Eindruck, wenn ich so einen Versuch vorführe: "ja und? was solls?" also die wollen direkt eine vorgekaute Lösung dabei haben. Also eine richtige Auseinandersetzung mit irgend einem Effekt, der da ist, so richtig knobeln wollen, das habe ich noch nicht erlebt.
- Was für eine Klasse ist das!

# Wenn Sie nun Ihrer Klasse so etwas vorsetzen und Zeit lassen?

* Ich werde es ausprobieren, ich kriege ja jetzt hier viel mehr Ideen.

# Aber keine Zeit!

* Ich meine in der sechsten Klasse, wo anfange mit Physik, da ist das anders. Da wollen die das ganz genau wissen. Die sind ja unheimlich lebhaft, die machen auch mit. Schon nach einem Jahr, dass sich das so stark ändern kann?
- Das hängt auch von dem Versuch ab, ob der drankommt, weil er drangehört oder ob man sagt: "Hier ist eine Beobachtung, guckt euch das mal genau an. Dann überlegt mal, ob ihr es erklären könnt oder wie ihr es erklären könnt." Also das ist auch die Erfahrung mit dem achten Schuljahr. Die können also selbstverständlich mehr, sonst würden sie wirklich ins Schleudern geraten. Dann kommen die schon. Darum geht es mir jetzt als Lehrer, mir geht es jetzt darum, dass sie hier an der Stelle nachdenken wollen.
- Das geht auch bei Erwachsenen so.
- Ein anderes Beispiel ist der Mond, der große Mond und der kleine Mond.
- Ich könnte mir vorstellen, dass sehr häufig die Bemerkung gemacht worden ist an runden Glasgefäßen. Da hat man dann festgestellt, dass etwas größer aussieht, weil noch der Linseneffekt dazu kommt. Jetzt mag das auch ein bisschen daran liegen, dass in diese Beobachtung und in diese Erfahrung mit einem Phänomen auch schon andere Erfahrungen mit einzufließen scheinen.
- Ja, was er gesagt hat, wenn etwas größer ist, muss es näher sein. Also alles was im Wasser größer erscheint als es ist, ist scheinbar näher dran. Das ist ja schon eine sehr geschickte Erklärung.

# Mir scheint, die Schule unterschätzt die Kinder. Würden Sie zustimmen? Und zwar in unglaublichem Maß. Komisch, nicht? Die Schule merkt das gar nicht. Sie kann es gar nicht merken, eilige Vorschriften.

* Ich finde es wichtig, das Beispiel mit den Schweizer Knaben. Man sagt ja immer 'schwach'. Aber deswegen finde ich es wichtig zu sagen 'schulschwach'. Das sind keine schwachen Menschen, das sind keine schwachen Beobachter, die sind in dieser schwachen Schule.

# Es ist ja schon ein unverschämtes Wort, dieses Wort 'schwach', das wir überhaupt verwenden. Der ist schwach... Auch der ist gut. Was für eine ungeheure Suggestion darin liegt für die Eltern und für ihn selbst. Er wird immer kleiner, hält sich selbst für schwach.

* Das kann er ja immer an den Noten sehen, wie gut oder wie schwach er ist.
- Dann kann er sein Selbstwertgefühl immer zurechtrücken.
- Oder auch nicht.

# Ich habe mal die Banholzerschen Aufzeichnungen sortiert nach dem Alter. Was meinen Sie, wann Kinder anfangen den physikalischen Blick zu kriegen? Und was für einen Blick sie vorher haben?

* Was ist denn der 'physikalische Blick'?

# Das werden wir schon merken. 'Der böse Blick der Wissenschaft' sagte Schlechta immer.

* Also ich denke, wenn ein Kleinkind die Rassel zwanzigmal aus dem Bett wirft und wieder hochheben lässt, dann ist das eine Vorform von Physik, auch zu probieren, dass das Ding immer hinfällt.
- Und immer wieder neu geholt wird, die Erziehungsberechtigten dressiert werden.

# Also ich kann das trotz Brille nicht lesen. Würde das einer mal bitte vorlesen? Ich habe das also sortiert nach Jahreszeiten... nach Jahreszeiten, nach Alter. - Einfach so runterlesen, spaltenweise. Oben steht, wie alt sie sind.

* Also A: reine Beschreibung wie alt sie sind ... usw.
- Was sich so anhört, glauben die, dass das wirklich passiert.
- Da wird die Wahrnehmung noch wirklich mit der Außenwelt gleichgesetzt.
Das 'ist' so. Und es gibt vor allen Dingen in dieser Auffassung ja auch gar keine Probleme sich vorzustellen, dass der Stab, wenn man ihn ins Wasser steckt, krumm ist und wenn man ihn rauszieht wieder gerade ist. Weil eben sowieso alle möglichen wunderbaren Dinge passieren können. Dann kann es sogar sein, dass in dem Moment, wo ich ihn abtaste, er ganz gerade ist und wenn ich ihn angucke, ist er krumm. Das sind ja alles ganz andere Beziehungen als die, die man physikalisch nennt.

# Das Wort 'ist', ist also offenbar sehr biegsam.

* Genau wie der Stab.

# Er ist Christ, der Oberstudienrat...

* Ja, was mir auffällt, also dreimal wird ja betont, dass der Stab abbricht, also das ist eine punktuelle Verformung dieses Stabes. Und dieses Mädchen sagt: "Er ist krumm." Das ist ja für meine Begriffe so ein allmählicher Übergang, den man aber gar nicht beobachten kann.
- Die gehen davon aus, dass das noch weitergeht unter Wasser.

# Das verstehen die vielleicht unter 'krumm'.

* Ja, vielleicht verstehen die das Gleiche.
- Abbrechen könnte ja heißen: Er hört auf.
- Das liegt daran, ob man die Aufmerksamkeit mehr auf die Knickstellen richtet oder mehr auf die Enden. Wenn ich die Enden angucke, kann ich mir sagen: Der ist nicht mehr gerade, der ist krumm. Und da ich aber nicht so genau weiß, was da passiert sagt die da eben 'krumm' und der andere sagt eben 'geknickt'.
- Hier im Text steht überall: Er bricht ab. Das heißt, er ist nicht geknickt, er bricht ab...

# Er hört auf.

* Ja, genau.
- Nee, das sagt man doch nur, wenn er gleich abbricht.
- Vorhin, bei den anderen fiel es mir auch zum ersten Mal auf, was die eigentlich meinen können, wenn die das beschreiben: "Das hört auf, und der Rest ist Spiegelung" hat der eine vorhin auch gesagt. Der Wasserspiegel, der da ständig reinkommt. Das habe ich mir noch nie gedacht, dass man das so sehen kann wie im Spiegelbild. Es geht bis zum Spiegel und der Rest ist Spiegelbild. Geht auch nach hinten weg in irgendeiner Weise, geklebt oder so.
- Deshalb auch die Diskussion, ob das Wasser durchsichtig ist.
- Ja, das ist mir da zum ersten Mal aufgegangen.
- Ja, das ist sicher total unlogisch. Jeder hat schon mal etwas vor den Spiegel gehalten. Das hat man ja gesehen.
- Du beschreibst keine Unlogik sondern einen Widerspruch zu deiner Erfahrung, als du etwas vor den Spiegel gehalten hast.
- Die Welt des Wassers als Spiegel kann ja eine andere sein als die des normalen Glasspiegels.
- Ja, das stimmt.

# Nun weiter.

* Ich lese weiter jetzt "... ... ... ... weil das Wasser da ist"

# Darf ich unterbrechen, 'weil das Wasser da ist' könnte sogar eine magische Anwesenheit sein, das braucht nicht Kausalität zu sein. Ich schildere eine Aussage, die nicht hier dabei ist. Da steht ein Apparat im Zimmer, da sagt das Kind zu etwas Merkwürdigem, das dort passiert: "Da ist der Apparat dran schuld".

* Also nochmal weiter: ... das möchte nicht auf dem Boden bleiben, weil es schwimmen möchte. Das ist ab, weil es nicht hat wollen drunten bleiben. Der Stab ist ab, weil er nicht hat ins Wasser wollen. Weil der Bleistift bunt ist.

# Da fällt mir eine Geschichte von Faraday ein. Der hatte ein Stehaufmännchen, schreibt er selbst, so etwas, das wieder hoch kommt. Und er hat selbst geglaubt, wie er sagt, dass das nur daran liegt, weil da oben ein kleines Figürchen, ein rotes Figürchen drauf sitzt. "Erst später", sagt er, "habe ich das unterscheiden gelernt."

* So, das nächste: Der Stab biegt sich, weil das Wasser kalt ist, wie man die Füße aufzieht, wenn es einen drin friert, im Bett oder so. Vielleicht ist im Wasser etwas drin. Da liegt ein Druck drauf, damit der Stab sich biegt. Wenn der Druck nicht da ist, ist der Stab wieder gerade...

# Was fällt Ihnen auf?

* Also da ist eine ganze Menge, die glaubt, dass das abbricht, regelrecht abbricht, also ein Stück auseinander.
- Also die denken, da passiert etwas mit dem Stab. Das Wasser macht etwas mit dem Stab.
- Bricht ihn ab, und dann muss man ihn zum Schlosser bringen.
- Mit zunehmendem Alter taucht das Wort 'meint' immer stärker auf.
- Was die kleinen Kinder wirklich meinen, das weiß man natürlich auch nicht so genau, die können sich ja eben auch nicht so differenziert ausdrücken. Indem sie diese Formen verwenden 'man meint das und das' ob die nun wirklich davon überzeugt sind, dass der abgeknickt ist, ist nun eigentlich auch unsicher.
- Man kann doch genau feststellen, wie weit die Abstufung geht. Die ganz jungen, die beschreiben nur, was sie sehen, dass es eben abknickt oder abbricht. Die älteren versuchen dann schon Erklärungen zu bringen, Wasser lastet drauf oder so, und dann die ganz alten, die sagen dann halt "na ja, man meint halt nur so, dass es so ist".

# Wollen Sie mal meine Überschriften vorlesen.

* Also erste Spalte: Reine Beschreibung. Was ist schuld? Das Waser. Wie ist das Wasser schuld? Animistisch, magische Deutungen. Dann zweitens: Warum ist das Wasser schuld? Physikalische Verursachung. Dann drittens: Die Scheinbarkeit wird erkannt, Einzelheiten werden gesehen, auf die es ankommt, optische Täuschungen. Ja, das war es.

# Und die beiden

* Die waren zwölf Jahre.-
- Mir ist aufgefallen, dass das magische Denken vielleicht schon übergeht, zum Beispiel hat ein Kind gesagt: "Das macht das Wasser". Jetzt weiß man nicht, das Wasser macht irgend etwas ganz ominöses, das nur so aussieht oder ist ihnen aufgefallen, dass sie das Phänomen nur im Zusammenhang mit dem Wasser gesehen haben? Das sind zwei verschiedene Sachen. Das könnte darauf kommen, immer wenn ich auf so etwas kommme ist das Wasser im Spiel (das macht das Wasser) oder ob es jetzt meint, das Wasser bricht halt den Bleistift entzwei.

# Das Wasser ist ein wichtiger Faktor meinen sie, wenn sie sagen: "Da ist das Wasser schuld".

* Ich habe jetzt gemeint, man kann nicht genau sagen, ob das jetzt magisch gemeint ist...

# Nein, das kann man nicht genau sagen.

* Oder ob das schon eine Erfahrung ist, dass immer das Wasser an solchen Sachen...

# Dass es schuld ist. Das Wort Schuld ist ja in der Physik verboten. Da habe ich als Referendar ja mehrmals angeeckt, als ich das sagte in der Schule. Ich habe auch noch gesagt: "Wer ist schuld?", um Gottes willlen. Das hat zu heißen: "Was mag wohl die Ursache sein?" Aber 'Schuld' ist etwas ganz anderes.

* Ich glaube, eine Schwierigkeit ist auch die, dass im Sprachschatz der Kinder noch gar nicht die Worte für die distanzierte physikalische Betrachtung vorkommen, so dass man eigentlich deshalb so gar nicht sicher immer sagen kann, wo die jetzt ihre eigene Vorstellung beschreiben und sie jetzt meinen, dass sie Gegenstände beschreiben. Auch von der Sprache sind sie ja noch gar nicht so ausdifferenziert zwischen ihren Vorstellungen und der Realität. Das geht ja bis in die Philosophie rein, dass man sich nicht darüber einigen kann, ob man jetzt Sinnesdaten beschreibt oder ob man jetzt die objektive Welt beschreibt. Ich glaube, dass man das bei Kindern noch nicht voneinander trennen kann.
- Ja das Denken ist doch sehr stark an die Sprache gebunden. Es muss nicht unbedingt sein, dass die sich etwas anderes dabei denken als das, was sie zum Ausdruck bringen.
- Nein, das muss nicht, aber man weiß es im Einzelfall halt nicht so genau. Wenn sie sagen: "Das Wasser macht es", weiß man nicht, ob sie meinen, das Wasser war immer dabei oder ob sie meinen, es wirkt magisch und drückt oder physikalisch oder wie auch immer.
- Zum Teil haben sie es ja gesagt.
- Ja, das ist klar, aber der Übergang ist schwer feststellbar.
- Also in dem Fall müsste man eigentlich weiter fragen, was sie damit meinen. Das können die sicher dann ausdrücken.
- Das denke ich auch, dass das dann laufen würde, genau wie das Gespräch, das hier jetzt vorgelesen wurde. Das sind jeweils punktuelle Einzelaussagen, das sind ja einzelne Schüler, also die ganze Liste. Dementsprechend weiß man nicht, was als nächster Satz, wenn die dran geblieben sind, kommt.
- Aber ich weiß nicht, ob das so ein Problem ist bei der Beurteilung. Ich weiß nur, dass ich davon ausgehe, dass der Schüler ganz bestimmte Vorstellungen im Kopf hat, in einer ganz bestimmten Weise einen Vorgang auffasst, anders als ich.

# Sie können ja mal sagen: "Was meinst du damit?" oder Sie können sagen: "Verstehe ich nicht". Das sagt man natürlich ungern als Lehrer, dass man etwas nicht versteht.

* Also wird es auch bei so einer Beschreibung nur ein Satz sein.

# Ich habe noch ein paar auffallende Einzelheiten. Da gibt es Berichte von Eltern. Ein Vierjähriger, jünger als die hier, sieht im Spülstein eine Tasse stehen, eine ihm wohlbekannte, unter Wasser. Er ruft die Mutter: "Guck, die Tasse ist auf einmal viel kleiner". Er meint niedriger. Auf einmal, man hat ihr vorher noch gar nichts angesehen. Nun probiert er, er holt sie heran, da ist sie wieder richtig, tunkt sie wieder ein, da ist sie wieder niedrig. Immer wieder. Das ist kein gesprochener Text, das ist nach der Beschreibung der Mutter, vier Jahre. -Jetzt wird es sogar quantitativ, aber von selber.. Als Kind von etwa vier Jahren schräg in das Halblitermaß blickend, das, wie sie wusste, innen schwarze Striche trug; nach ihrer eigenen Erinnerung, die in gleichen Abständen bis zum Rand aufstiegen, das aber nun mit Wasser halb gefüllt war, so dass die obersten drei Striche noch im Trocknen saßen, die anderen alle unter Wasser getaucht, sah sie. Ach, lesen Sie mal weiter.

* ...sah sie, dass die eingetauchten Striche enger aneinander lagen als die oben in der Luft. Sie erklärte sich das damals so: Die da unten, die sitzen alle gedrückt und bedrückt im Wasser. Was sich aber oben herausgeschafft hat, das atmet auf. Und wenn man aufatmet, wird man größer.

# Das ist ein Gespräch mit der Verfasserin, die sich erinnert. Also ein ganz anderer Typ von Bericht, unexakt, unoffiziell. Sie können manche Erwachsene dazu bringen, solche Sachen zu erzählen, natürlich nicht, wenn die plötzlich merken, das ist Physik. Dann denken sie, sie würden geprüft.- Ja, was haben Sie jetzt für einen Eindruck, wann Physik beginnt, beginnen dürfte? Womit nicht gesagt ist, dass es tun soll, könnte, oder dass es am Platze wäre, dass es nicht verfrüht wäre, nicht verspätet. Geben Sie denen recht, die behaupten, es sei ein Bruch zwischen den beiden Auffassungen, der frühkindlichen, die bestimmt noch nicht Physik ist, und die physikartige? Das sind die Diskontinuitätsprinzipien, das kommt gerade wieder zur Sprache. Es gibt Leute, die hätten gerne, dass es zwei ganz getrennte Welten wären, dass es also gar keinen Zweck hätte, nach rückwärts zu fragen, dass die Physik also eine Art Weltanschauung ist, die Gott weiß woher kommt, und ganz andere Wurzeln hat und unverständliche für den gewöhnlichen Menschen. Aber das ist eine Redensart, hängt damit zusammen. Wo sitzt sie, die Grenze? Natürlich nicht bei allen gleich, aber ungefähr; oder - wodurch ist sie ausgezeichnet? Dann braucht man das andere gar nicht zu fragen. Kommt sie bei Erwachsenen gar nicht vor? Als Doktorarbeit könnte man ein ganzes Buch schreiben: a) solche Erwachsene, die in Physik gut waren und b) solche, die ungut waren, schwach. Ob die eine Grenze spüren lassen, noch in sich, beim Abfragen?

* Also, ich glaube, einschneidend ist sicher der Moment, in dem das Kind sich nicht mehr mit wunderbaren Erscheinungen zufrieden gibt, sondern wo es von sich aus versucht, Licht da hinein zu bringen in die Phänomene.

# Was ist denn wunderbar?

* Ich meinte jetzt die Erklärung mit wunderbar. Dass eben, das Kind jetzt in diesem Fall, mit dem Stab würde ich sagen, nicht mehr zufrieden ist mit der Erklärung, dass das Wasser jetzt wunderbar irgendwie einwirkt auf den Stab, so dass er dann geknickt ist, und sich diese Wundertätigkeit des Wassers ganz entsprechend zurecht modelliert, wie sie sie brauchen, um ein einzelnes Phänomen zu erklären, sondern dass irgendwann das Kind selbst meint, also die Künstlichkeit dieser Wundererklärung selber bemerkt und merkt, dass es in der Lage ist, hinter die Dinge etwas zu steigen, dann fängt das im Grunde schon an. Ich hab das schon bei unserer kleinen Tochter gemerkt, die eben noch nicht anderthalb Jahre alt ist. Wenn man das Spiel macht, dass man eine Münze hat, und dann hat man sie mal in der einen und mal in der anderen Hand, und das Kind sieht nicht genau, wo die Münze ist, in welcher Hand sie ist, dann ist es ja so, dass eine reine Wundertätigkeit, die würde sich dann, wenn sie jetzt geguckt hat und dann hat man schnell weggemogelt, oder in die andere Hand, dann würde sich diese Wundergläubigkeit damit begnügen, zu sehen: eben, ach, die ist jetzt verschwunden. Es gibt ja keine Probleme, wenn so etwas verschwindet. Aber ich habe das Gefühl, sobald die Auffassung da ist, da bleibt etwas erhalten, die Münze gibt es ja eigentlich noch, die ist nur eben nicht mehr da, die hat er mir nicht gezeigt... in dem Moment setzt ja eigentlich... ist ja schon fast ein physikalisches Substanzerhaltungsprinzip da, das in den Anfängen keimt. Und da würde ich sagen, da ist schon eigentlich der Anlass gegeben. Ich glaube nicht, dass man das altersmäßig lokalisieren kann. Ich glaube, das geht ganz weit zurück, das dieses rationale...
- Aber die Frage wäre, ob das jetzt ein physikalisches Prinzip ist, wenn man erfährt, dass Sachen da sind und auch da bleiben, also ganz normale Alltagserfahrungen. Also ein Apfel verschwindet nicht einfach, der Apfel ist da, der Apfel ist etwas. Da braucht man keine Physik draus zu machen, der ist da.
- Man weiß, tagsüber sehe ich etwas, nachts sehe ich nichts. Tagsüber scheint die Sonne, nachts scheint sie nicht. Ist das Physik, ist das Alltagserfahrung?
- Das ist für mich noch keine Physik!
- Ja aber es ist doch eine Erfahrung, die dann zusammen mit anderen Dingen zu einer gewissen Vorstellung führt.
- Die man dann im Rahmen des Physikunterrichtes zu einer physikalischen Beschreibung oder sonst etwas ausbauen kann. Mir geht es gar nicht darum, jetzt irgendwo die Physik da reinzubringen. Ich meine einfach, dass deswegen auch Erwachsene so reden können wie Kinder, also damit, dass du irgendwann mal diesen Überbau oder Aufbau der abstrahierten Physik wieder zur Seite legst und dann kommmt durchaus deine alte Erfahrung durch. Deswegen verstehe ich auch manche Sachen, die ich jetzt als physikalische Prinzipien anschaue...
- So war das doch nicht gemeint, mehr in dem Sinne, dass man sagt: Die Bedingungen physikalischen Denkens, oder wenn man so will, Ansätze für physikalisches Denken, die sind schon ganz früh angelegt, und insofern, in Bezug auf die Ansätze fällt die physikalische Erklärung nicht gänzlich heraus aus anderen Arten alltäglicher Weltbeschreibung. In welcher Weise die dann nachher völlig herausfällt ist, dass sie im Grunde die ganzen Alltagserfahrungen als Schrott beiseiteräumt und davon nichts mehr wissen will. Im Grunde besteht der Bruch mehr in diesem Sich-Lossagen von den Alltagserfahrungen durch die Physiker und weniger in der anders gearteten Denkweise, die es benutzen wird.

# Sicher erscheint es mir, dass die Schule so unterrichtet, dass ein Bruch entsteht. Was die physikalischen Apparate mit Natur zu tun haben? Nichts! Gar nichts zu tun. Sie stehen in einem Glaskasten, kommen nur in Häusern vor, kommen nur in Gegenwart von Lehrern vor, funktionieren nur in Gegenwart von Lehrern, nicht von Schülern.

* Das wird dann so hingebogen, dass das herauskommt, was der Lehrer schon vorher gewusst hat.
- Die funktionieren in der Gegenwart von Schülern dann nicht mehr.
- Ist denn nicht noch ein Unterschied da, ob ich nur beschreibe was ich sehe, als Kind, das ist für mich noch keine Anlage oder kein Ansatz zum naturwissenschaftlichen Denken; oder im anderen Fall, in dem ich nach der Ursache suche. Wenn ich die Alltagserfahrung gemacht habe, dass Dinge nicht verschwinden und ich die Dinge wieder suchen will, muss das doch noch kein naturwissenschaftliches Denken sein, dann ist das doch nur eine Erfahrung, die ich in meinem bisherigen Leben gemacht habe. Also für mich setzt naturwissenschaftliches Denken doch etwas später ein.
- Ja, naturwissenschaftlich würde ich dieses Denken nicht nennen, ich würde sagen, also von der Rationalität des Umgehens mit der Welt her, dass man nicht ad hoc Wundererklärungen beliebig herbeizieht, sondern versucht, eine Situation rational zu durchdringen, ist schon etwas Verwandtes.

# Was ist hier rational?

* Vielleicht, dass man bestimmten Erfahrungen, die man gemacht hat, mehr vertraut als dem Augenschein des Momentes, zum Beispiel der Erfahrung, dass Dinge nicht verschwinden, mehr vertraut als dem Augenschein, dass sie jetzt verschwunden sind. Während die andere Umgangsweise damit wäre, dass ich jedes beliebige... dass ich Wundertätigkeiten akzeptiere und sage: "Es ist einfach verschwunden, es hat sich aufgelöst, es ist weg."

# Vielleicht gibt es Sachen oder Dinge oder Vorgänge, die nur passieren, wenn niemand dabei ist.

* Ja, aber wenn ich an der Trambahnhaltestelle stehe und ich weiß, da kommt immer eine Straßenbahn, da kommt immer eine, das hab ich erfahren, und dann stehe ich nachts um Eins da und der Betrieb ist schon längst eingestellt, dann kann ich lange da stehen und es kommt keine.
- Ja aber dann weiß ich trotzdem, dass die irgendwo ist, dass die unterwegs ist... oder schläft.
- Du meinst, dass die irgendwann dann doch noch kommt? Ich kann doch nicht jedes Denken schon als Ansatz für naturwissenschaftliches Denken nehmen.
- Nein, es geht ja nur darum zu sehen, wo der Bruch liegen könnte. Und ich glaube, das ist schwierig, einen Zeitpunkt herauszunehmen und zu sagen: "Da finden sich noch keine möglichen Ansätze für naturwissenschaftliches Denken", sondern ich glaube, der Boden wird sozusagen schon von frühester Kindheit an bereitet und das findet sich dann in immer auskristallisierterer reinerer Form wieder. Aber so rein, wie Wissenschaft manchmal meint, ist sie im Grunde auch nicht, sondern es stecken eben auch da teilweise induktive Schlußweisen drin, die das kind vollzieht, wenn es glaubt, die Münze kann nicht verschwunden sein, bisher hat sich alles irgendwann wieder eingefunden.

# Wissen Sie, wann die Griechen angefangen haben, so etwas zu machen? Heraklit doch noch nicht, aber weiter weiß ich nicht. Dahinter, hinter den Vorsokratikern, hat man da Aufzeichnungen?

* Ich finde auch, dass der Bereich sehr fließend ist. Wenn jemand die Erfahrung macht, das kam ja vorhin auch in dem Text vor - in dem Wasser erscheint der Boden gehoben, erscheint der Bleistift geknickt - und sich überlegt: Der Bleistift ist ja auch gehoben und dadurch entsteht der Knick... dann hat er doch zunächst nur beobachtet, noch gar nichts, hat nichts darüber geschrieben, woher es kommt und Ursache, nichts. Und trotzdem, das würde ich auch sagen, das sind schon ganz deutliche Wurzeln naturwissenschaftlichen Denkens.

# Ich finde, das ist eine sehr wichtige Stelle, das ist die richtige Entdeckung, dass die Knickung des Stabes, man sieht das nicht, wenn der Stab zunächst hängt und nicht aufsitzt, dass die Knickung des Stabes und die Hebung, überall, dasselbe ist, es passt etwa. Also es ist eine Ordnung hergestellt.

* Das wollte ich noch sagen: Wenn man viele, viele Erfahrungen sammelt über ähnlich gelagerte Dinge, dann ist das auch schon ein Stück, wenn man diese ganzen Erfahrungen dann zusammen nimmt, dann ist es halt mehr als Erfahrung.
- Man könnte sagen: Eine beschreibende Erklärung.
- Ja, es ist nicht die letzte Erklärung, aber da muss man fragen: "Was ist in der Physik überhaupt die letzte Erklärung?" Ist es denn von sich aus einfacher und klarer und deutlicher, wenn dann jemand sagt: "Ja, das sind elektromagnetische Wellen, die werden im Wasser, in dem anderen Medium... gilt da etwas, weil sie auch wieder auf Ladungen treffen..."
- Ja, das ist wahr, das ist vielleicht doch gar nicht so ein falscher Kern, was der Physiklehrer gesagt hat, in der Oberstufe, dass man da eigentlich erkennt, dass man in der Physik im Grunde mehr beschreibt als erklärt, denn diese Warum-Fragen werden ja in der Tat von der Physik nicht beantwortet, sondern es wird die Beschreibung auf eine andere Ebene verlagert. Und da denke ich, kann man ja sehen, wie problematisch das ist, wenn man beispielsweise anstatt dass man die Phänomene wahrnimmt in Bezug auf elektrischen Strom, Wirkung oder so, dann gleich von Elektronen spricht. Damit hat man nicht die Ursachen angegeben sondern ist auf eine andere Ebene der Beschreibung gegangen. Und das Fatale daran ist, dass man auf eine Ebene gegangen ist, auf der die Schüler gar keine eigenen Wahrnehmungen machen können. Während auf der Ebene der Wirkungen des Stromes sie noch solche Wahrnehmungen haben können.
- Ich würde sagen: Die ganze Physik sucht immer nur bessere und tiefere und vielfältigere Zusammenhänge. Und insofern ähnliche Sachen zu erkennen und miteinander in Verbindung zu bringen, das ist ist schon Physik.

# Wäre also ein Ordnungsbestreben, wenn man auf Dinge trifft, die nicht in diese Ordnung passen, dann haben Sie den Ursprung der Forschung. Und das heißt genetisch. Im Grunde haben die Menschen ja mehr Sicherheit, wenn sie Physik anfangen, physikalisch anfangen, passiert nichts, nichts neu. überall entdecken sie aber Seltsamkeiten wie diese und dann strengen sie sich sehr an, die Ordnung herauszukriegen. So entsteht Physik. Wenn man also Physik lehren will, muss man sie so lehren, man muss sie entstehen lassen. Sie entsteht aus einem Ordnungsbestreben, allerdings mit gewissen Einschränkungen, denn man kann auch andere Ordnungen haben. Ich habe schon hier erzählt, dass die Indianer sagen, dass das Gewitter in Mittelamerika, dass das Donnern die Sprache der Vulkane ist, dass die Vulkane sich untereinander verständigen. Dann haben sie das Gewitter mit dem Vulkanismus in Verbindung gesetzt in einer Weise, die ihnen einleuchtet. Das ist aber nicht Physik. Wenn man von Sprache spricht, dann ist man nicht in der Physik sondern vorher, wo das Donnern eine Sprache ist. Aber wir können ja auch donnernd sprechen, mancher donnert los, mancher Schulmeister donnert los.

* Vielleicht kann man den Übergang auch beschreiben in dem Zusammenhang mit Sich-Wundern. Also ich glaube, bevor man nicht anfängt, sich zu wundern, kann man eigentlich nicht zu einer wissenschaftlichen, physikalischen Denkweise kommen, denn wenn Wunder selbstverständlich sind, dann ist eigentlich noch kein Keil gelegt für eine andere Art der konsistenten Erklärung der Welt. Dann wundere ich mich nicht, dann finde ich überhaupt keine Anhaltspunkte, an denen ich anfangen könnte, eigenständige Gebilde aufzubauen, Erklärungen zu sammeln, Theorien zu machen. Also ich muss mich erst einmal wundern und das Ziel dieses Wunderns oder diese Aktivität, die davon ausgelöst wird, ist im Grunde: Alle Wunder allmählich aus der Welt zu schaffen und in mein Weltverständnis einzubauen.
- Und wann fange ich an, Wunder zu begreifen? Da ich Wunder brauche, um darüber nachzudenken, dann ist die Frage, warum man sich gegenseitig sehen kann und warum man überhaupt etwas sehen kann, darüber nachzudenken, ist eigentlich klar. Ist kein Wunder mehr. Schwieriger wird es, wenn man nachfragt, wann, unter welchen Bedingungen, wann sehe ich überhaupt etwas? Man macht alles Fragwürdigmachen zur Selbstverständlichkeit. Sich wundern, aber fragwürdig machen. Das ist schon seit Jahr und Tag so, es fragt sich keiner mehr, warum er etwas sieht.
- Aber ich finde, das ist ja gerade das, was man, wenn man zur wissenschaftlichen Denkweise hinführen will, wieder fördern muss, dass man über Alltäglichkeiten anfängt sich zu wundern und damit ein paar Stufen dieses Prozesses wieder von rückwärts durchläuft.

# Kann man sagen: Die Physik hat den Zweck, das Wundern abzugewöhnen? Könnte man hervorhören aus dem, was gesagt wurde. Der Physiker weiß alles. Einiges weiß er noch nicht, aber er wundert sich über nichts mehr. Ich habe den Eindruck, dass manche Physiklehrer diesen Eindruck erwecken. Ein Aufklärungsfeldzug höchster Tat. Wir müssen aufpassen.

* Manche versuchen halt, viele kleine Wunder durch ein großes zu ersetzen.

# Ja, das würde ich auch sagen. Das Wunder, das durch Wunder sich schaffen lässt, ist viel größer als das einzelne Wunder.

* Oder man wundert sich über das Phänomen... mit Wundern hat das aber nichts mehr zu tun, dass das Licht in irgendeiner Weise abbricht.
- Ist aber doch erstaunlich, dass Luft und Wasser die Winkelfunktion Sinus kennen. (allgemeines Gelächter)
- Mir ist aufgefallen: Ich weiß nicht, ob ich jemals diese Sinusfunktion mit eingeführt habe oder das Brechungsgesetz in diesem Ausmaß unterrichtet habe.
- Aber wir wissen, dass es so und so lautet.
- Das Gesetz ist doch gerade so gemacht, dass das hinhaut. Also ganz im Ernst, Descartes hat an dem Problem den Sinus entwickelt.

# Man kann es auch ohne Sinus...

* Also die Wurzel des Sinus, die trigonometrische Beziehung, die steckt in dem Problem dann drin. Da wurde erst eine Reihe entwickelt, irgendeine Reihe, eine recht komplizierte Angelegenheit. Descartes hat daraufhin den Sinus entwickelt, weil der ganz einfach war, um diesen Knick da in eine Formel zu bringen.

# Man kann ja sagen, man legt einen Kreis um den Punkt, wo der Strahl ins Wasser geht, fällt von dem Strahl ein Lot auf die Horizontale und das macht man unten auch im Wasser, und dann ist das Verhältnis dieser beiden Strecken konstant. Diese Stecke in Bezug auf den Radius als Einheit ist der Sinus.

---- Von nun an Gedächtnisprotokoll ----

# Manche Leute, besonders Frauen, haben den Eindruck, Physik ruiniere die ganze Schönheit der Welt. Wenn man am Strand sitzt und vor sich hinschaut heißt es: "Was beobachten Sie denn nun schon wieder?"

* Ja, man ist doch schon verdächtig, wenn man als normaler Mensch etwas beobachtet.

# Diese Frauen sind der Meinung, dass man die Welt mit großen runden Augen ansehen muss. Der Physiker tue es mit zusammengekniffenen. Das tut er ja auch, um scharfe Bilder zu bekommen. Es erhebt sich die Frage: Ist Physik eine besondere Beziehung oder die, die die Wahrheit erfährt? Ob es in der Physik herauskommen soll, wie es eigentlich wirklich ist? Was antworten die Knaben, die die Brechung geschildert haben, dann?

* Es gibt viele Leute, die denken, dass die physikalische Erklärung der Dinge die Erklärung schlechthin ist, dass es gar keine andere gibt.

# Ein Astronom schildert zwei Schreibtische: a) denjenigen, den er seit seiner Jugend kennt, der vollgeräumt ist, b) denjenigen, der fast leer ist, bei dem die Atome nur so hin und her rasen. Zwei ganz verschiedene Schilderungen und doch der gleiche Schreibtisch.
Nach allem müssen Kinder ja womöglich den Eindruck bekommen, dass alles nicht wahr ist, was sie in der Physik lernen. Tritt es nicht auf, dass man versucht, die Wirklichkeit so darzustellen, wie sie eigentlich ist?

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