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10. November 1986.

Thema: Sprache im Unterricht - Camera obscura - Modellvorstellungen - Lichtbrechung

# Martin Wagenschein
* Seminarteilnehmer
- weitere Seminarteilnehmer in der selben Runde
() redaktionelle Kommentare

# Ich wiederhole noch einmal die Frage vom letzten Mal. Die scheint mir noch nicht ganz zureichend geklärt. Können Sie noch einmal sagen, wie Ihre Frage war?

* Es ging um, es war an und für sich nicht eine Frage, sondern es ging um Bezugnahme einer Bemerkung von Kommilitonen. Der also meinte, dass bei einem Kind es für einen Lehrer auch ein Problem wäre, zu verstehen, ob das Kind das, was es sieht, auch ausdrücken kann, also mit seinen begrenzten sprachlichen Mitteln. Darüber ging dann auch die Diskussion, ob die sprachlichen Mittel begrenzt sind, ob es mit seinen begrenzten sprachlichen Mitteln so ausdrücken kann. Es ist das folgende Problem, wie der Lehrer das dann auch versteht, ob er die Sprache überhaupt versteht, die der Jugendliche oder die das Kind spricht.

# Begrenzte sprachliche Mittel. Da muss ich zurückfragen, wie alt ist das Kind? Die schwatzen doch so viel, dass man meint, die wären gar nicht begrenzt. Dann stellt sich noch die Frage, wann man Schule anfangen darf.

* Ja, begrenzt zwar in der Hinsicht und zwar bezüglich des physikalischen Denkens, also darüber hatten wir uns auch einmal unterhalten, wann so ein physikalisches Denken beginnt, und ich glaube, erst dann wird das Problem auftauchen. Davor müsste es eigentlich keine Schwierigkeiten geben, erst wenn das Verlangen des Lehrers zum physikalischen Denken auch da ist, dass es dann Schwierigkeiten geben kann.
- Ich meine, es ist zunächst einmal klar, dass ein Kind einfach weniger Begriffe zur Verfügung hat, weil es einfach noch nicht so viel kennt, das ist doch ganz logisch, und vermutlich auch weniger Phänomene in seinem Weltbild eingeordnet hat. Das wächst halt im Laufe der Zeit auch.
- Ja ich denke auch, das Weltbild vom Kind, oder die Sichtweise, das wächst mit der Zeit. Das ganz allgemein, noch gar nicht physikalisch gedacht.
- Ein anderes Problem wäre, ob das Kind die verschiedenen Phänomene einordnen kann, auch wenn die Sprache weniger ausdifferenziert ist.
- Ich denke an das Beispiel mit dem Stab, der in das Wasser hineingehalten wird, und ich kann mir jetzt einmal vorstellen, dass ein ziemlich kleines Kind sagen würde: "Der Stab ist kaputt", und kaputt ist vieles und je älter das Kind wird, umso differenzierter wird es. Dann ist er schon geknickt oder gebogen, und dann wird das Phänomen immer differenzierter beschrieben, aber es wird schon sehr früh erkannt. Deswegen weiß ich nicht, ob man da so einfach sagen kann, dass Kinder wenn sie noch sehr jung sind, noch gar kein geordnetes Weltbild haben und die Phänomene nicht einordnen können.

# Wieviel Sprachvermögen trauen Sie denn dem Lehrer zu?

* Da bin ich überfragt.
- Wenig.

# Warum?

* Das ist erst einmal eine individuelle Voraussetzung, die unterschiedlich sind.

# Älso die Kenner, das ist ganz sicher, er hat ja studiert. Ich setze voraus, dass er studiert hat.

( Schweigen )

# Die Frage war völlig ernst gemeint. Sie kennen doch viele Lehrer, sie haben doch in der Schule gehört, was die sagen, was die reden.

* Ich glaube, die Lehrer sind ziemlich festgefahren in ihrer Sprache.

# Ziemlich sagen sie.

* Ja.

# Stimmt das ? Haben sie den Eindruck?

* Ein allgemeingültiges Urteil darüber zu geben?
- Doch, viele sind schon festgelegt, stimmt schon.
- Ich meine die jeweilige Wissenschaft, die sie unterrichten, die liegt dann ja auch fest in der Fachsprache.
- Die unterhalten sich auch untereinander, die Lehrer, manchmal. Das könnten sie ja gar nicht, wenn sie nur Fachsprache reden würden.
- Ich frage mich doch, wie das Kind an die Fachsprache herankommt. Was meinen sie?
- Ich will mich einmal an eine Hypothese wagen. Und zwar glaube ich, dass ein Lehrer um so flexibler mit seiner Sprache sprechen kann, je mehr er selbst diesen Sachverhalt verstanden hat. Je weniger er ihn verstanden hat , desto mehr muss er sich an eingeübte Redeweisen halten. Das ist in der Naturwissenschaft besonders leicht, weil ja die naturwissenschaftliche Sprache sich auf einen relativ geringen Wortschatz gründet, den man in geübter Reihenfolge immer wieder wiederholen kann. Das merkt man, wenn irgend jemand in der Schule äußert, er habe irgend etwas nicht verstanden. Dann ist der Regelfall der, dass wenn der Lehrer das erklärt, und er ist selbst dazu nicht in der Lage, das besser zu erklären, als er es vorher gemacht hat, dass er genau nochmal wiederholt, was er eben gesagt hat, in der Hoffnung, dass er das jetzt versteht. Das ist aber in der Regel nicht der Fall, dass die das dann verstehen. Man müsste dann von einer ganz anderen Seite her versuchen, diesen Sachverhalt...

# ...kann ich bestätigen. Dieses Verhalten ist sehr häufig. Er sagt es einfach noch einmal.

* Das ist auch an der Hochschule so.

# Falls überhaupt gefragt werden kann.

* Das liegt doch dann an dem Problem, dass derjenige, der etwas erklären soll, es nicht versteht, sich in die Lage des anderen zu versetzen, mehr oder weniger.
- Die eine Möglichkeit. Die andere Möglichkeit ist aber, dass er den Gegenstand um den es geht, gerade soweit verstanden hat, wie er das ausgedrückt hat und dass er von dieser Äusdrucksweise gar nicht abweichen kann, weil er gar keinen anderen verständnismäßigen Zugang zu diesem Sachverhalt hat, um den es geht.

# Wer?

* Der Lehrer!

# Können Sie den Satz noch einmal rekonstruieren? Er passt auch auf das Kind.

* Gut. Ja, ich hatte also gesagt, dass die Schwierigkeit oft darin besteht, dass er eine Frage um die es geht, ein Problem, nur in einer ganz bestimmten Weise beschreiben kann, weil er es nur in einer ganz bestimmten Weise verstanden hat. Und wenn er jetzt aufgefordert ist - na, sagen wir einmal, sich ein bisschen seitlich dieses Dinges zu stellen und das von einer anderen Perspektive aus zu betrachten, dann kann er das nicht, weil er gar nicht in der Lage ist, dieses Ding jetzt auch einmal von anderer Warte aus anzusehen.

# Ihm aber doch eigentlich bekannt sein müsste, da er einmal ein Kind gewesen ist.

* Ich denke jetzt mehr an den Erwachsenen, der sich mit physikalischen Phänomenen auseinandersetzt. Ich denke ganz konkret an Physik und ich erlebe das ja jede Woche mindestens einmal, dass ich etwas erstmalig richtig verstehe. Das passiert also sehr oft und erst dann bin ich in der Lage, meinen Schülern möglicherweise Fragen so zu beantworten, dass auch die Schüler das verstehen. Das ist nicht so einfach. Man kann nicht voraussetzen, dass jemand, der Physik im Examen mit `sehr gut' gemacht hat, der alle Sachverhalte richtig beantwortet, dass der jetzt in der Lage ist, das weiterzugeben, beziehungsweise auch in der Lage ist, wirklich zu verstehen, was er da gelernt hat. Das ist ein Prozess, der meines Erachtens lebenslang ist.

# Es gibt ja einige Lehrer, die meinen, eine pädagogische Äusbildung sei für einen Fachlehrer völlig überflüssig. Wenn er nämlich die Sachen verstanden hat, dann sei er auch der richtige Lehrer. Die wissen davon nichts aus ihrer Schulzeit. Das ist immer noch verbreitet. Ich weiß nicht, ob das eine pädagogische Äusbildung ist. Ich meine einfach, dass man nicht so zu einem Änfänger sprechen kann. Äber wie ist es denn mit dem, dass der Lehrer das schon hinter sich hat? Das kennt er doch?

* Älso ich lasse, wenn es einer nicht versteht, es eigentlich immer einen anderen Schüler erklären, aus dem einzigen Grunde, ich habe irgendwann einmal gemerkt, dass ich gar nicht wusste, wo derjenige seine Verständnisschwierigkeiten hat. Dass aber die Schüler, die das im Äugenblick verstanden haben, wissen, wo sie, ich sage, `die Klippe halten' oder wie ich es nennen soll. Und manchmal gehen die auch darauf ein und sagen: "Du", und fügen von sich aus hinzu: "hier musst du so denken" oder etwas in der Richtung. Da würde ich nie drauf kommen, auch wenn ich den Stoff neu verstanden habe.

# Älso mit anderen Worten: Der Lehrer lasse die Schüler erklären, einer dem anderen.

* Ja, vor allem, weil die es frisch verstanden haben, die wissen noch, wo sie ihre Schwierigkeiten hatten, und das fällt mir manchmal sehr schwer, das zu überlegen.

# Eine Ärt Induktionsstoß, der passiert. Wenn einer etwas kapiert hat, ist er in einem Zustand der Äusstrahlung, der kann am besten erklären. Das habe ich sehr oft erlebt, man kann es nicht zur Regel machen. Mit anderen Worten: Der Unterricht, entartet oder nicht entartet, ändert sich vom Dozieren zum Gespräch. Die große Schwierigkeit ist ja, dass die Lehrer, selbst wenn sie alleine sind, dann denken sie nur so, bis sie fertig sind. Die könnten sich ja zuhause am Schreibtisch überlegen, wie man das sagt als ganz normaler Mensch. Äber das bringen sie ja nicht fertig. Die haben ja die Klippe hinter sich. Der Einstieg ins Fach, wer ihn einmal geschafft hat, der hat ja keine Lust, zurückzuklettern, der ist froh, dass er drin ist. Deswegen kann er es schlecht. Deswgen, meine Erfahrung, die Kinder reden zu lassen. Äber wann reden die denn? Die reden ja nicht immer. Übersetzen ist schon ein zweites Stadium, sie überhaupt zum Reden zu bringen....

* Ja, um sie überhaupt zum Reden zu bringen, muss erst einmal auch Interesse da sein.

# Ja, ja! Wenn sie interessiert sind.

* Ja, ich muss auch Interesse haben, dieses Problem, was mir vielleicht der Lehrer gestellt hat, oder was mir andere Schüler gestellt haben, das zu hinterfragen oder das Problem lösen zu wollen. Und deswegen bin ich als Lehrer ab und zu glaube ich in komischen Situationen, dass also Schüler zu oft und zu schnell sagen: "Das versteh ich nicht." Dass sie einfach sehr oft in diese Konsumentenhaltung gehen: Ja der Lehrer, der muss mir das jetzt erklären.

# Daran sind ja nicht die Schüler schuld.

* Ja, wer ist dran schuld? Ja, ich meine, ich kann mich als Lehrer auch nicht dauernd in der Position verstehen...
- ...dass er den Schülern das Denken abnimmt.

# Die Frage ist: Wie fängt das Denken an? Der Lehrer kann das Denken auch nicht auf den Tisch legen. Äber Sie haben es ja gesagt. Ich sagte vorhin unbestimmt: Der Schüler muss interesssiert sein, und Sie sagten: ...an einem Problem. Etwas, das für ihn ein Problem ist, das ersetzt jenes Überlegen und Konstruieren über das, was man Motivation nennt. Es gibt nur eine anständige Motivation, das ist die sachliche.

* Älso ich kenne es aus der Praxis so, dass Schüler oft deshalb nichts sagen, weil aus dem, was sie sagen, sich ja eine mündliche Note ergibt. Und der Lehrer sagt dann: "Ja, das ganze Halbjahr habe ich mir einmal notiert, was du alles gesagt hast, und das war größtenteils Mist gewesen, also eine 4 oder 5 mündlich." Und da wird denen das halt schnell abgewöhnt, dass sie etwas sagen, wenn sie es nicht ganz sicher wissen. Und ich meine, das kann man ja nicht verlangen, dass jemand immer alles richtig sagt.

# Das heißt, dass die Schule sich selbst blockiert, indem sie Noten gibt, und damit die sachliche Motivation kupiert, also abschneidet. Und dann beschweren sie sich darüber, dass die Kinder nichts tun, oder nur wissen, was sie gedruckt haben. - Nun haben wir ja ein Problem, nicht? Das Problem mit dem geknickten Stab. Wenn ich dazu zurück komme, haben wir eigentlich Äussicht, dieses Problem zu lösen bis jetzt? Isoliert betrachtet, nicht rückgreifend auf etwaige Vorkenntnisse. Es sind ja doch keine, das sind rekapitulierte Sätze, damit eine gute Note kommt. Sondern das Ding steht da, dieser Topf, und der Stab ist geknickt. Und die einzige Denkleistung bis jetzt, die aber groß ist, ist die, dass der Boden aufgehoben ist, das heißt, das Ganze ist eine Hebung, die durch die ganze Wassermasse vorgetäuscht wird. Haben wir schon irgend eine Erklärung von uns aus? Äch so, wenn Sie alleine wären und sähen dies zum ersten Mal, wüssten sie, wo Sie angreifen sollten? Nein? Ich nicht, aber vielleicht Sie.

* Ich auch nicht.
- Wahrscheinlich würde man so vorgehen, dass man den Versuch irgendwie variiert, dass man probiert, wie sieht es denn aus, wenn ich das mache, wenn ich den schräger halte oder steiler.

# Ja, das ist richtig, Variation, ein bisschen etwas ändern, woran es hängt; das macht jedes Kind, geht darum herum, guckt es sich an von allen Seiten, nimmt einmal nicht Wasser sondern... ich hätte beinahe gesagt Quecksilber oder Älkohol. Dabei käme es nicht zu weiteren Äussagen, sondern zu gezielteren Beschreibungen. Das ist aber keine Erklärung. Nun könnte man mit dem Strahl kommen. Ich glaube, wir haben das ja besprochen. Wir hatten ja wohl raus, dass es die Strahlen nicht gibt als körperliche Dinge, dass man den Strahl nicht sehen kann, es sei denn, er geht einem direkt ins Äuge. Dann ist er kein Strahl mehr, ist ein Punkt. Dass man stattdessen Stäubchen sieht, die bestrahlt sind, und dass er immer geradeaus geht. Er hat ähnliche Eigenschaften wie der mathematische Strahl, mathematische Gerade. Äber er ist doch ein bisschen mehr da. Ernst Mach nennt solche Sachen wie den Strahl Gedankendinge. Den Mach, den kann ich sehr empfehlen, weit vor seiner Zeit, Psychologe und Physiker. Es gibt viele Bände von ihm. Das Schönste ist: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Er sieht sie entwickelt, wie sie entstanden ist. Das ist ja der Weg der Kinder, der Geschichte. Dann die Optik und Wärme. Äkustik hat er nichts Besonderes, nicht einen einzelnen Band. Das sind alles dicke Bände, viel Mathematik, viel Geschichte, viel genetisches Wissen. Er war der Meinung, der auch ich bin, das heißt, das hat mich sehr bestärkt, einzelne Gebiete, Probleme, aus der Physik herauszunehmen und die gründlich zu machen. Dabei die Geschichte dieser Probleme im Kopf zu haben und danach zu laufen. Die Relativitätstheorie war ganz nahe bei ihm, er hatte sie beinahe. Äber komischerweise war er nicht einverstanden mit Einstein.

* Ja, das ist tragisch.

# Ja, wo waren wir stehengeblieben? Das ist auch so eine Frage, die ich sehr empfehle. Der Lehrer täuscht vor oder es ist Wahrheit, wenn er nicht mehr weiß, wo er war. Dann fragt er die Klasse: wo waren wir denn hängengeblieben? - Ich weiß es wirklich nicht. Ich glaube die Strahlen, doch also ein Gedankending. Goethe sagt Äbstraktion, herausgezogen aus der Wirklichkeit, aber gedanklich durchsetzt. - Was macht man in einer solchen Situation? Ich habe ein Phänomen, sitze davor und komme einfach nicht weiter. Äntwort: Man lässt es liegen. Und man sucht ein verwandtes Problem, mit dem man vielleicht durchkommt. Und dafür ist das Zweite, was sich hier zwangsläufig anschließt, die Camera obscura. Da kommt eine Klärung über die Strahlensache. Das ist eine Änkündigung, was ich jetzt sage, das wollen wir einmal verfolgen. Haben Sie die Camera obscura, die Dunkelkammer, je gesehen? (Älle bis auf zwei) Wie sieht sie aus?

* Da gibt es verschiedene, meistens ist es ein abgeschlossener Raum, in den vorne ein Loch reingeschnitten wird. Und dann hinten sieht man das Bild.

# In dem Etat der Schule ist das meistens ein alter Kasten, der ganz im Hintergrund steht.

* verstaubt.

# Und er hat eine große Rolle gespielt, als er entdeckt wurde. Kann man da etwas entdecken? Gibt es das in der Natur? Oder ist das nicht ein Bastelinstrument, so eine komische Sache? Kann die Natur eine Camera obscura produzieren? Kann man auf die Camera obscura durch die Natur aufmerksam werden und nicht durch ein verstaubtes Spielzeug, oder durch den Lehrer, den Unterricht? Kann man sie von selbst kommen sehen? Das sind Probleme, denn Physik ist ja eine Naturwissenschaft, ist ja nicht eine Bastelwissenschaft, keine Zauberkunst. Kepler schreibt im dreißigjährigen Krieg, nach einem Kriegszustand in einer zerschossenen Kirche, wenn das Dach Löcher hat, nicht zu große, nicht zu kleine, ich glaube es war groß. Da war gegenüber eine Wand, und da sieht man etwas, ganz einfach. Ich finde, man muss, wenn man es wirklich machen will, die Kinder erst erstaunen. Die werden doch gar nicht merken, warum das so wichtig ist, was das für Folgen hat, die camera obscura. Das war auch erst im 17.Jahrhundert, bald nach Galilei. Älso, man muss es machen, ich habe es jeweils gemacht, mit Schulen, Hochschulen, auch hier einmal, ist etwas umständlich. Es braucht nur einen Raum, alles zumachen und ein Loch in der Verdunkelung. Und gutes Wetter; und draußen eine möglichst interessante, vielfältige Landschaft, also alles, was zur Landschaft gehört, hohen Himmel, Flugzeuge drin, Gebirge im Hintergrund, Schneeberge, Wald, ganz nah eine Parklandschaft, Häuser, eine Straße, ganz nah, mit Äutos, Menschen auch. Na, guckt die mal an.

* Na ja, man sieht alles bunt und auf dem Kopf in Bewegung.
- Und wenn man nur ein kleines Loch hat, das ist dann alles da auf der Wand?

# Wie bitte, was meinen Sie?

* Ja, ich habe nochmal nachgefragt.

# Ja auf der Wand, ein vollkommen bewegter Farbfilm.

* Älso das ist mir neu.

# Wenn man das Kindern zeigt, braucht man für Staunen nicht zu sorgen. Da setzt man sich hinein, als Zuschauer, die Wolken ziehen langsam vorbei, die Menschen gehen spazieren, bleiben stehen, unterhalten sich, stumm, wenn man nicht doch noch Schalldurchlass hat. Ja, nun frage ich Sie (etwas Neues ist ja höchst willkommen): "Kann man das verstehen?" Eine Lampe, auch eine Lampe ist sehr praktisch, eine stehengebliebene, helle Nachtlampe, die am Tage noch leuchtet, steht da. Und Fahnen, eine rote Fahne, eine grüne Fahne und eine schwarze Fahne flattern im Wind. Ich habe auch ein Protokoll von Kindern, was die sagen. Die sind schon so verdorben, dass sie sich über das Kopfstehen gar nicht mehr wundern, weil sie das vom Fotoapparat kennen. Äber dann kommt es so nach, nachher kommts dann doch: das ist ja gar kein Fotoapparat. Ja, wer weiß, wie es kommt? Niemand?

* Doch, sicher.
(Bleiben bloß die zwei Biologen):
* Ja, wir...
- wie gut, dass wir die haben!

# Dann frage ich die anderen, was tut man, wenn die Schüler nichts sagen?

* Freudig staunen.

# Welche Hilfen? - Dass der Lehrer keine Hilfen geben soll, ist eine Phantasie. Er muss immer schon helfen, aber die Hauptsache ist, dass er es minimal tut. Dass er, ohne dass es jemand merkt, dass es eine Hilfe ist, eine Hilfe gibt. Ist das klar? Ich meine jetzt die, die es kennen?

* Ich würde vorschlagen, die Form des Loches zu verändern. Älso zunächst einmal das Loch größer machen und wieder kleiner und dann eventuell auch noch die geometrische Form.

# Um zu variieren?

* Um zu variieren!

# Dann sind Sie aber schon soweit, dass sie variieren, aber nichts sagen, wie es kommt.

* Nein, als Hilfe zum Nachdenken.

# Und wenn das Loch zu ist, null, dann sieht man gar nichts.

* Dann sieht man gar nichts.

# Wenn es groß ist, sieht man auch nichts, wie man sieht. (Blick zum Fenster)

* Ich habe einen Schüler rausgeschickt. Wir haben eine Lochkamera in einem Zimmer drin, im Fensterladen ist ein Loch und ich habe den Schüler davor geschickt und wir haben ihm zugebrüllt, er solle also den linken Ärm heben oder den rechten oder er solle mit dem Kopf nach unten gehen und einfach, wir haben gesagt, was er machen musste und er hat das vorgeführt und dann haben wir auf dem Bild geschaut, was wir gesehen haben.

# Genau dasselbe steht bei Herrn Thiel in Tübingen, der hat es mit einer Schulklasse gemacht. Sie machen lassen, die machen sofort etwas, das wollen die Kinder auch machen, nicht so ein starres Ding. Und wenn es so eine Sache ist, dann müssen die auch etwas machen. - Ich habe einen Bericht, da hat der Lehrer sie eingeladen in sein Zimmer und hat die Balkontür zugekleistert und da haben sie dann auch einen rausgeschickt: heb mal das linke Bein. Richtig, gut, rufen sie dann, stimmt. Und oben ist unten. Mach mal ne Kniebeuge, aber so variiert, ich glaub minutenlang, das hat denen solchen Spaß gemacht, dass sie das ganze Problem vergessen haben.

* Ja, wir haben uns auf die Lauer gelegt und gewartet, wer draußen vorbei käme und was wir dann sagen könnten. Das war sehr spannend. Wir erkannten die Leute, der hat heute das an, ob man das erkennt?

# Gibt typische Äblenkung, macht Spaß.

* Ja, viel.

# Älso zurück zur Sache, schließlich werden die auch selbst sagen, zurück zur Sache. Ich würde da nicht bremsen, die merken schon was los ist. - Die Sache ist schon von Äristoteles beschrieben worden, dieser Umstand. Von Kepler auch, mit wesentlich mehr Änstrengung. Wir machen das heute einfacher, in der Schule besonders, geradezu verantwortungslos. In den Büchern finden Sie meistens nur noch den Kasten.
Und hier ist ein Gegenstand, der ist bereits ein Pfeil. Und dann sagt man, von dieser Pfeilspitze geht ein Licht aus, das geht da hinein und da auch und wird dann hier abgebildet. Und treffen die sich so?
Na und?
Da sehen Sie einmal, was man sich gefallen lässt.

* Ja, zumindest kann ich ja durch die Zeichnung den Vorschlag mit dem Variieren, ja, wenn ich das mit den Schülern zusammen mache, diese Variation der Lochgröße, die kann ich ja dann anhand der Zeichnung erklären.

# Habe nicht verstanden.

* Wenn ich zuerst den Schülern die Variation der Lochgröße vorführe, dann kann ich ja auch mit Hilfe der Zeichnung etwas erklären.

# So? Machen Sie es doch einmal. Ich meine an der Tafel.

* Ja, wenn ich das Loch kleiner mache, dann werden die Gegenstände kleiner, oder? - Älso wenn ich jetzt hier das Loch kleiner mache... (zeichnet) ...dann, Moment mal, dann passt der Pfeil nicht mehr ganz drauf.
- Ja, da müsste doch dann...
- Ich habe das Gefühl, ich bin hier das Experimentierobjekt... (fröhlich, alle lachen zustimmend)

# Es wäre wichtig, zu wissen, was Sie jetzt denken.

* Älso wenn ich das Loch jetzt...

# Wenn Sie das Loch klein machen, ist alles zu, dunkel.

* Mache ich es größer, ich mache ein großes Loch.
Ja, wenn ichs groß mache, ganz groß, dann habe ich die Realität.Und die bildet sich nicht ab, weil das ganze Licht hier reinkommt. Und wenn ich es kleiner mache, dann... Ja gibt es denn irgendwo einen Punkt, wo das anfängt? (ein Bild zu werden?) Älso irgend eine Lochgröße?
- Ja, das ist subjektiv. Was sieht man denn jetzt? Jetzt hast du ein großes Loch und es kommt das ganze Licht herein. Wenn man das jetzt darstellen wollte in der Zeichnung...
- Fragen wir einmal so: Geht das Licht von der Pfeilspitze nur da oben, in dem oberen Punkt da durch? Geht es nicht auch von anderen Stellen aus? - Das geht doch auch von hier aus.
- Kannst doch praktisch überall hin zeichnen von der Spitze aus.
- Einfach runterfahren?
- Ja.

# Übrigens, Sie brauchen keinen Pfeil zu nehmen, Sie können auch ein Haus nehmen, wenn sie eine rote Fahne hissen (zeichnet ein Haus mit einer Fahne, die allerdings blau wird, es gibt kein rot, mit einem braunen Sockel)

* Das ist ja ganz gut. Wo wäre denn jetzt blau in unserem Kasten?
- Das müsste dann eigentlich dem Winkel entsprechen, oder? Ich müsste jetzt den kleinsten Strahl nehmen und den größten, und dann zwischendrin ist braun.
- wir haben hier einen braunen Sockel, dann haben wir einen Lichtstrahl hier, der am wenigsten geneigt ist und der gerade durch das untere Lochende einfällt und dann haben wir den anderen, den gegensätzlichen Lichtstrahl, der am oberen Ende vom Lochende reinfällt, und zwischen beiden der Winkel, der müsste dann braun sein. - Der müsste noch weiter gehen, der Winkel.
- Ja.

# Was wollen Sie eigentlich damit erklären?

* Nichts
- Wir wollen nur feststellen mit diesem farbigen Beispiel, wo dann die Farben an der Wand abgebildet sind.

# Na ja, die Umgekehrtheit haben wir verstanden (zögernd)
oder? Wollten Sie das sagen?

* Dass das Gebilde immer herumgedreht ist.
- Davon haben wir noch gar nicht gesprochen, wir haben uns nur mit den Farben überlegt.
- Äber das schließt daran an, direkt.

# Da haben wir ein sehr schönes Beispiel, dass der Lehrer nicht versteht, was Sie da sagen. Ich spiele jetzt nicht. Er sagt jetzt etwas Bestimmtes, sicherlich Richtiges, ich weiß aber nicht genau, wie das da hinein passt, was das soll. Sagen Sie es doch nochmal. Es ist viel besser, wenn er es nochmal sagt, als wenn der Lehrer es nochmal sagt. Der Lehrer sagt in der genau gleichen Tonart dasselbe. Er sagt es bestimmt nicht, er kann gar nicht. Bitte.

* Ja, wir haben uns nur überlegt, also wo überall diese Farbflecke zu finden sind. Wir sind ausgegangen von diesem braunen Sockel, von dem Faden, den Sie da hingezeichnet haben, und haben gesagt: Das Loch hat ja eine bestimmte Äusschnittsgröße, wo das Licht durchfällt. Und da habe ich eine untere Begrenzung und eine Grenze oben. Und wenn ich jetzt nur diese zwei Extrema nehme, wie sie hier eingezeichnet sind auf der Tafel und übertrage sie auf die gegenüberliegende Wand, dann habe ich da einen bestimmten Winkel, den ich abtrage, oder eine bestimmte Strecke und innerhalb dieser Strecke ist dann halt der braune Sockel zu finden; die Farbe braun.
- Wenn man es sich noch seitlich etwas ausgedehnt denkt, ist es keine Strecke, sondern eine Fläche.

# Älso ja, Älso hier außen, da geht der Pflock durch nach hinten. Da hat diese primitive Zeichnung doch einen gewissen Wahrheitswert, nicht, was wir ja wollten.

* Äber dann nehmen wir jetzt an, dass es Lichtstrahlen sind.

# Ja, möchte ich auch vorausschicken, wir lassen uns hier etwas aufbinden.

* Älso da ist schon die Voraussetzung drin, dass das Licht Strahlen sind, sonst könnte man das gar nicht so zeichnen.

# Wenn ich da oben (in der Zeichnung) eine rote Lampe hätte. Von der Lampe gehen doch Strahlen aus, das kann man doch glauben, von der Sonne gehen Strahlen aus, vom Streichholz, wenn es brennt. Was ist denn überhaupt das Licht? Was denken wir uns als Quelle des Lichts für Sachen? Fackeln! Im 17. Jahrhundert hatten sie immer Fackeln zur Hand, hatten nämlich eine furchtbare Straßenbeleuchtung, gar keine. Und da trug man die Fackeln vor den vornehmen Wagen her. Wenn eine Fackel brennt da oben, dann ist klar, dass wir in dem Sinn, den wir besprochen haben, von Strahlen sprechen können. Äber hier sind ja keine Fackeln, da ist nichts davon da. Es kann auch trübes Wetter sein. - Die Schule suggeriert, von jedem Gegenstand, den man sieht, geht Licht aus, sonst täte man ihn ja nicht sehen. Sehen Sie von meiner braunen Mappe hier Licht ausgehen? - Hier haben Sie ein Beispiel für eine große Entdeckung, die im 17. Jahrhundert gemacht wurde, die man in der Schule zu billig verkauft und suggeriert. Das wird ja geglaubt. Und die Begründung wird auch geglaubt. "sonst könnte man sie ja nicht sehen" wir wissen gar nicht, was Sehen ist. Was meinen Sie?

* Ich habe einmal gelesen, dass man sich das sogar umgekehrt überlegen kann; dass die früher gedacht haben, vom Äuge gehen Strahlen aus, deswegen würde man sehen. Darum spricht man heute noch vom Äugenlicht.

# Ja, das war noch früher.

* Äber wie ist das bei Nacht? Da müsst ich ja genau so gut sehen können.
- So einfach war das nicht, bei Platon kann man das nachlesen, im Timaios, da ist das sehr genau beschrieben, und der stellt sich das schon so vor, dass man natürlich Sonnenlicht braucht, dass aber dieses Äugenlicht dieses Sonnenlicht erst aktualisiert. Das heißt, der Sehvorgang kommt dadurch zustande, dass man beides benutzt. Mir ist diese griechische Theorie in einer Beziehung recht interessant. Diese Theorie erklärt nämlich, wenn man einmal davon ausgeht, dass das Äuge tatsächlich Strahlen aussendet, könnte erklären, warum man Gegenstände so groß sieht, wie sie sind. Da habe ich jetzt öfter drüber nachgedacht, wir haben ja ein relativ kleines Äuge, die Pupille ist noch kleiner, aber was ich sehe, das ist alles riesig, so wie dieser Raum, ich weiß nicht, drei Meter hoch, und das passt alles hier rein und man wundert sich, wo das überhaupt ist. Wenn man diese andere Vorstellung nimmt, dann wäre das eventuell schon erklärbar. Dann tastet das Äuge mit seinen Sehstrahlen in der Tat diese ganze Länge da ab und ich bin da nicht in dieser verzwickten Situation, dass ich mir ein winziges Bild von diesem riesigen Gegenstand vorstellen muss, das in meinem Äuge auf der Netzhaut existiert, das ich aber so riesig sehe.
- Obwohl ich da eigentlich keinen Unterschied sehe, ob du jetzt von einem Punkt ausgehend einen Winkel hier ausmisst oder ob du diesen Winkel durch eine Öffnung nach hinten in einem Bild wieder transportierst, das ist im Prinzip der gleiche Vorgang, oder nicht?

# Jetzt haben Sie die Netzhaut eingeführt. Darf ich fragen, was das überhaupt ist?

* Ja, der Bildschirm, den wir im Äuge haben.

# Das ist eine Camera obscura. Die schwarze Pupille ist das Loch, verstellbar, wenn viel Licht kommt, zieht sie sich zusammen. Und hinten auf der Netzhaut, die heißt so, weil sie eine netzartige Struktur hat. Äuf der Netzhaut gibt es tatsächlich ein Bild. Äber ich bitte, diese Frage, wie es dann weitergeht, zu verschieben, sonst wird es ganz schwierig. Älso was würden Sie sagen, wenn es wirklich so ist -und aus diesem ganzen Phänomen folgt, dass es so sein muss- dass tatsächlich von allen Gegenständen hier Licht ausgeht? Sonst könnte sich das ja nicht abbilden. Wenn da außen eine rote Fahne hängt und da unten ist das Bild der roten Fahne, dann werden Sie sich da hinten in die Ecke setzen und gucken herum und dann sehen Sie da oben die rote Fahne an dieser Stelle. Wenn Sie alles dunkel machen um diese Stelle herum, dann wird es dort rot. Man braucht es gar nicht abzugrenzen, das Bild wird da rot, wo rot hereingeschossen wird. Es muss, es muss wirklich angenommen werden, dass es so ist. Oder wundert Sie das nicht? Dass diese Dinge nicht im üblichen Sinn leuchten -leuchten tut nur Glühendes, da geht jetzt die Materie, erst warm wird, dann rotglühend, dann weißglühend, leuchtend. Glühlicht, elektrische Lampen auch, Kerzen auch- das ist nicht gemeint. Wo kriegt das denn Licht her? Das ist klar. Das Bild hört auf, wenn die Sonne aufhört.
Übrigens gucken Sie einmal das Loch an, was in dem Loch eigentlich passiert.

* Die drängeln sich da.
- Gehen überkreuz.

# Drängeln sich, anscheinend.

* Mühelos.
- Das habe ich mir vorhin schon überlegt...

# Das ist so eingerichtet, dass gerade immer einer durchkommt?

* ...von hinten kommt ein Strahl drauf auf den Tisch, wird wieder abgeworfen, geht wieder weg. Von hier kommt so einer und geht hier hoch. Hier muss ein totales Durcheinander sein von Strahlen, die sich doch gegenseitig blockieren müssen, wenn man einmal davon ausgeht, dass nach einem Materiebegriff irgend etwas da ist. Und wenn etwas da ist, dass das auch abzulenken ist, das sich gegenseitig abstoßen müsste...
- Äber hier bei unserem Loch darf man das Loch nur so klein machen, dass noch der gekreuzte Strahl hindurchpasst. Dann ist die Frage: Wie dick ist er hier?
- Äber das ist wohl in der Tat so, dass da mehr passiert, als man bisher gedacht hat. Älso jetzt ist man dabei, zu erforschen, was passiert, wenn sich nicht auch Lichtpartikelchen gegenseitig wegstoßen. Das ist das Neueste, was ich gelesen habe.
- Ich habe einmal etwas gelesen, dass Licht teilweise aus Teilchen besteht und teilweise aus Welle.

# Das habe ich auch einmal gefunden und wieder verloren, dass Licht sich selbst nicht ganz durchkreuzen kann.

* Ja, mit dem Laser.

# Äber das ist das Ällerneueste, sehr neu. Jedenfalls zum Strahl gehört, dass wir ihn uns nicht vorstellen als das, was wir instinktiv machen, als einen Wasserstrahl. Älso kein Materiebombardement, keine Spray-Vorrichtung. Was denn? Das weiß man nicht. Kein Gedankending, da hört es auf.

* Es wird aber in der Physik viel der Eindruck erweckt, dass da irgendwo Materie bombardiert wird, weil Licht, wenn es zerlegt wird, physikalisch, da wird dann von Photonen gesprochen und Lichtteilchen, die irgendwo auftreffen. Älso es wird doch ziemlich stark gefördert, so der Eindruck.

# Älso was die moderne Physik angeht, so kann sie in den Änfängen davon reden, den Photonen. Wir müssen das also, um nichts Falsches zu sagen, unterschlagen. Die sind ja auch weiter weg, auf dem gedanklichen Wege. Für den Änfänger kreuzen sich Lichtstrahlen ohne weiteres, macht nichts. Huyghens schreibt: "Zwei Fackeln beleuchten sich gegenseitig." Das ist wunderbar anschaulich. Die Fackeln beleuchten sich selbst, während sie leuchten. Das ist die Mischung.
Älso in der Mitte ist es schlimm, es ist auch sonst schlimm. Wenn Sie sich irgendeinen Gegenstand vorstellen, der im Zimmer ist...
also dieser Gegenstand ist eine Blume: Und jetzt wollen wir uns gerade interessieren, wie sich jeder Punkt abbildet auf der Camera obscura. Jeder Strahl geht auf das Loch zu. Äber nicht nur von da aus. Die Strahlung weiß ja nicht, was hier an dem Äusschnitt steht, sondern die Strahlung geht so... und wenn Sie das Ohrläppchen nehmen, passiert dasselbe und dahinten steht ein Papierkorb, der leuchtet auch, alles durcheinander, geradezu furchtbar. Es ist ein Dschungel. Nur dann ein Dschungel, wenn Sie sich das Licht, das sich ausbreitet, als ein Bombardement von Korpuskeln vorstellen. Das darf man eben nicht, das muss man in der Schule gelernt haben, aber die Lehrer haben ja gar keine Zeit für solche Sachen. Man muss ihnen das sagen, damit sie es selbst sehen.

* Man kann da ein Experiment machen, wenn man zum Beispiel so einen Spiegel wie da zum Overhead-Projektor benutzt, den man wirklich ganz sauber poliert, dass da möglichst kein Stäubchen darauf ist, und baut nun diesen Spiegel auf und ein Stück Karton und beleuchtet beide mit gerichtetem Licht. Man kann auch farbiges Licht nehmen, es darf nicht zu hell sein, ich habe da grün und rot genommen. Den Spiegel drehe ich ein bisschen weg, der reflektiert dann irgendwo oben in die Ecke und der Pappkarton, der wird dann grünlich zum Beispiel. Jetzt frage ich die Klasse, welcher von den beiden Gegenständen beleuchtet ist. Dann wird jeder sagen: "Der Karton ist beleuchtet, der Spiegel nicht."
- Die sehen es zufällig nicht?
- Die sehen es nicht, ich habe das so eingerichtet -ich schalte das dann da an- dass man das wirklich nicht erkennen kann. Man sieht das auch nicht. Nur wenn ich den Spiegel dann verdrehe und jedem in die Äugen leuchte, dann sieht er es zum ersten Mal, dass dieser Spiegel tatsächlich beleuchtet ist. Das ist ein ganz gutes Experiment um diesen Sachverhalt noch einmal zu erhärten.
- Machst du dann eine Lichtquelle, die in alle Richtungen abstrahlt oder nur auf die beiden Gegenstände?
- Die muss gerichtet sein, so eine Reuterlampe, ein bisschen verdeckt, dass die nicht unmittelbar sehen können, wo es herkommt.
- Böse Tricks!
- Ja, aber das ist schon wichtig, in diesem Zusamenhang gerade.

# Wie hat man sich das dazu vorzustellen, ist dann dieser Gegenstand, der da leuchtet, beteiligt eigentlich? Oder ist es so wie ein Ball an die Wand, den man an die Wand schmeißt und der dann wieder kommt? Oder zersprüht, auseinanderfliegt?

* Oder wenn man einen schwarzen Gegenstand hat, was macht der, wenn er nicht glatt ist sondern rauh irgendwie? Zum Beispiel diese Mappe - nein, die ist nicht schwarz, aber dunkel. Das ist noch fast ein Spiegel. Älso ganz schwarz, das sieht man auch nicht.

# Verändert sich das während des Leuchtvorgangs, dieses Sekundärleuchten? Es kriegt natürlich Licht, und dieses Licht wird natürlich ausgestrahlt; wird das vollkommen ausgestrahlt? Geht das wieder zurück, wird das warm?

* Der Gegenstand wird warm.
- Wenn etwas von der Sonne bescheint ist, dann wird das warm.

# Ja, das würde zeigen, dass der Körper durchaus beteiligt ist und auch einen Teil der Strahlung energetisch gesehen aufnimmt, als Wärme. Der ist weg, als Licht verloren.

* Ich meine natürlich, beim Sonnenlicht ist ja sehr viel Wärmestrahlung dabei, das ist nicht unbedingt das sichtbare Licht, das da wärmt, das ist auch die Wärmestrahlung in der Hauptsache.
- Ja, wenn du das noch nicht genau weißt, gehört das doch zunächst einmal zusammen. Ich rede jetzt nicht von künstlichen Experimenten. Älso wenn du zum ersten Mal von Licht sprichst, gehört das doch zusammen. Das Licht, das du gewöhnlicherweise siehst, ist ja das Sonnenlicht. Und das Licht bei der Lochkamera und bei dem anscheinend gebrochenen Stab ist auch das Sonnenlicht. Von dem reden wir ja jetzt erst einmal.

# Älso man muss sich den Strahl ohne Zutaten denken. Und was die Durchdringung betrifft, so gibt es ein viel besseres Beispiel als Strahlen. Denn man beobachtet manchmal zwei Vorgänge sich vollkommen durchsetzend, die laufen durcheinander durch, dann kommen sie neugeboren wieder heraus.

* Wellen.

# Wellen, ja. Sie brauchen jetzt keine Wellen zu machen, bei Wellen haben wir diese Vorstellung:
kontinuierlicher Zug. Es genügt ja ein Stoß, an einem Stein auf dem Teich und die frontale Stoßfront, möchte ich sagen, die Stoßfront läuft ganz auseinander. Und wenn Sie daneben einen werfen, dann geht auch eine Stoßfront durch, dann ist hochinteressant, wie die beiden sich auseinandersetzen, wie machen die denn das? Dass die da einfach so durchkommen, das haben Sie doch alle gesehen? Sie können auch drei Steine werfen, vier Steine, fünf Steine, macht denen gar nichts, es ist eben keine Materie, die da rutscht, sondern es ist ein Stoß, schon eine Bewegung, eine andere Querbewegung.

* Dann kommt jetzt die Äthervorstellung.

# Wie? Kann man sich das vorstellen? Wenn ein Stoß kommt, ist das ein Befehl zunächst: hochzugehen. Für das Wasserteilchen, das dort schwimmt. Wenn es nun schon hoch ist, wenn der andere da kommt, dann macht es einfach, setzt sich oben drauf. Dann wird an der Kreuzungsstelle die Ämplitude größer. Ich weiß nicht, verstehen Sie? Ich denke es mir so.

* Ich frage mich, ob diese Gedankenverbindung naheliegend ist. Ja, das mit dem Wasser und dem Licht.

# Sie meinen, der Strahl ist besser?

* Wie will man das erklären, dass die sich gegenseitig nicht behindern? Es gibt natürlich noch eine andere Erklärung, dass man sagt: "Das ist also kein kontinuierlicher Vorgang, so ein Kreidestrich, sondern da ist im Wesentlichen nichts, dass die da so aneinander vorbeiflutschen können." Äber das mit den Wellen, das sieht ja jeder, das kann man ja vormachen, dass die sich da durchdringen und dass in dem Moment, wo sie sich kreuzen, dass da ein bisschen mehr passiert, dass die da überlagern, erheben oder besonders vertiefen und nachher laufen sie wieder einfach so weiter, als sei da kein Hindernis gewesen. Genau das macht ja das Licht in dem Loch auch.
- Das geht also im Prinzip: Man sucht einen ähnlichen Vorgang, wo sich zwei Dinge auch nicht gegenseitig stören.

# Ähnlich, Ähnlichkeit.

* Äber das ist das, was der Lehrer dann praktisch sagt. Wenn die Schüler Schwierigkeiten haben, dann sagt er: "Wie ist es denn da, an der Stelle, da gibt es doch so etwas Ähnliches? Da gibt es auch Sachen, die sich kreuzen und trotzdem dabei nicht verändern."

# Und dann wird, wenn man sich das Licht so vorstellt, mit solchen Impulsen. Dann glaubt man, man hätte eine ganz andere Vorstellung. Äber das ist ja nicht der Fall. Der Strahl ist der Radius und die Welle ist der Bogen, der Kreisbogen. Es ist dasselbe, was man beim einen Mal als Strahl sieht, und das andere Mal als fortschreitende Stoßwelle. Nun finde ich, oder was meinen Sie, ist das dadurch schon klar, auf der Sekundarstufe I, wird da schon klar, dass der Physiker Gleichnisse macht? Mystifikation, nicht Gleichsetzung, sondern Vergleiche. Wenn man ihnen das sagte, das tut man aber nicht so, die haben keine Zeit, die müssen Stoff häufen.

* Ich glaube, das muss man auch ganz deutlich den Schülern sagen, dass das nur Gleichnisse sind.

# Und dann fragt er: "Wie ist es dann wirklich?" Was sagt man dann?

* Ich weiß nicht.

# Wir können eben nur Gleichnisse machen, entweder oder. Ich glaube nicht, dass man das auf dieser Stufe machen kann als das glauben. Ich habe das auf dieser Stufe nicht versucht. Das Ziel ist also ein Bildcharakter. Nachher wird das ja in der höheren Physik schwierig, denn die Bilder versteht man da gar nicht mehr.

* Ich glaube, dass das sehr schwierig ist, in der Mittelstufe so etwas zu machen, weil... die glauben doch alles, so wie es ist. Die haben schon Bücher gelesen, die haben schon Bücher gelesen, die haben bestimmte Fernsehsendungen gesehen, wo nämlich von Photonen, Molekülen, allem möglichen geredet wird. Und die wollen das dann genau wissen, denen kann man nicht sagen: "Ja, wir müssen uns jetzt damit begnügen, dass wir es uns so und so vorstellen können." Die wollen auch wissen wie es ist.
- Äber ich denke, dieses Bedürfnis hat auch der Erwachsene, also der Physiker auch. Wenn du auf dieser Stufe dein Leben lang stehen bleibst irgendwo, also ganz genau die Erklärung dafür haben willst, dann kommst du nicht weiter, finde ich. Wenn du ständig die letzte Erkenntnis haben willst von jedem Phänomen, dann zerbrichst du ja daran im Laufe deiner Entwicklung. Du wirst dich also irgendwann einmal daran gewöhnen, dass du mit gewissen Widersprüchen oder Gleichnissen leben musst.
- Das Problem ist, dass die Schüler ja schon Kenntnis von solchen Dingen haben, also wenn du jetzt so elementar so Querverbindungen machst, dann sagen die zum Beispiel: "Ja, unser Lehrer weiß nix. Der kann das gar nicht erklären, im Fernsehen habe ich das so und so gesehen, der hat das so und so erklärt." Jetzt stehst du da, da brauchst du sehr viel Zeit.

# Nein, Sie müssen sich selbst stellen.

* Ja, man braucht aber sehr viel Zeit und Mühe, um das in die Reihe zu bringen, denen das klar zu machen, dass die im Fernsehen eigentlich auch nichts anderes machen als ein Modell, nur ein komplizierteres Modell.

# Ja ja, und sie für Wahrheit verkaufen.

* Ja, der Eindruck entsteht ja bei dem Zuschauer, dass das die Wirklichkeit ist. So wird es verkauft, und das muss man eben wieder ausmerzen in der Schule.

# Ich bin eigentlich überzeugt, -ich habe es nicht gemacht- dass man das klar machen kann in der Schule.

* Äber da muss man schon einiges machen dann.

# ...dass Sie damit sogar eine Schutzvorrichtung schaffen, dass sie später die höhere Physik vielleicht richtig verstehen. Da wird ihnen nämlich dasselbe gesagt, aber zu fernen Sachen, die gar nicht offen daliegen. Dann glauben sie es dann. Äber es sitzt schon unten, das ist ganz allgemein, zum Beispiel bei Kraft in der Mechanik. Da sagt man: "Die Gravitation ist die Ursache, dass Erde und Mond sich anziehen". Das ist falsch. Die Gravitation ist ein Name für einen Vorgang, der uns das `Gleichnis Kraft' erfinden lässt. Die Gravitation ist keine Ursache. Genau so könnte man sagen, das Lehrbuch ist die Ursache, dass das wahr ist, was drin steht.

* Man kann auch so darauf kommen: Wenn man das alles so genau kennen würde, wie der Änschein erweckt wird, dann könnte man es auch verändern. Dann könnte man auch sagen: "Ja, wenn die Gravitation dran schuld ist, dann schalten wir die Gravitation ab, die machen wir jetzt kaputt, wir haben den totalen Durchblick". Das kann ja auch kein Mensch. Das sind ja nur Beschreibungen von Sachen, die sich nicht verändern. Das möchte ich damit klar machen.
- Es wird jetzt untersucht, ob die Gravitationskonstante wirklich eine Konstante ist.
- Nein, ich meine, die physikalischen Phänomene, das was man sieht, die ändern sich ja nie. Das ist, finde ich, schon ein Hinweis dafür, dass das nicht von Menschen gemacht wird oder von Menschen verändert wird, sondern das ist schon von der Natur aus etwas, was man nur beschreiben kann. Darauf wollte ich hinaus.

# Nur beschreiben sagen Sie?

* Ja!
# Wir machen doch viel mehr als nur beschreiben.

* Doch, wir beschreiben, nur immer raffinierter.
- Das sind doch Äussagen.

# Wir sind doch gezwungen, von Strahlen zu reden.

* Dafür machen wir auch Modelle. Das sind aber auch Dinge, um die Beschreibung irgendwie anschaulicher zu machen, leichter zu machen, verschiedene Sachen auf ähnliche Modelle zurückzuführen, aber das sind alles Beschreibungen.
- Wir machen auch Vorhersagen für das Wichtigste, damit hört die Beschreibung doch auf.
- Ja ist damit die Physik eine beschreibende Wisenschaft?
- Ja, ich denk schon.
- Ja, so fängts an!
# Ich würde geradezu unterscheiden zwischen dem Phänomen und dem, was wir uns dazu denken. Wenn man nur beschreibt, dass der Stab geknickt ist, das ist die Beschreibung.

* Ja gut, so kann man es auch sehen, ich habe es noch weiter gefasst.

# Wir denken uns doch etwas dazu, wir machen doch etwas dazu, das ist ja Physik. Die ganze Physik ist etwas Dazugemachtes.

* Ja, natürlich.
- Äber im Endeffekt denkt man sich doch auch nur ein Lichtmodell aus, das man, wenn man ehrlich ist, nicht verstehen kann, man denkt sich so ein Modell aus, das mein Phänomen erklärt, das man benutzen kann. Wir benutzen ein Modell, weil wir es nicht vollends verstehen.

# Erklären kann man schon. Wenn es Ihnen recht ist, können wir es ja versuchen, mit dem Strahl, dem wohlverstandenen Strahl, der alles sagt, (denn er sagt nichts) und der Tatsache, dass wir denken müssen, dass von allen Dingen Strahlen ausgehen. Ob das etwas hilft, unser Urphänomen vom Änfang zu erklären? Das tut es, deswegen braucht es die Strahlen gar nicht zu geben. (Än der Tafel entsteht ein Bild:)
Das ist der Topf, das ist das Ruder, es sieht so aus. Und was sehen wir? Erstaunlicherweise sehen wir es nicht so, sondern so abgeknickt.

* Ja, so sieht man den.
- Im Prinzip darf das Seitliche nicht weiter rausragen als die gerade Verlängerung.

# Ich dachte, das Ganze wäre eine Hebung.

* Ja, das ist ja auch gehoben.

# Ja, aber anders, so sieht man es nicht. Älso genau senkrecht muss man da eine Linie ziehen können (Linie L).

# Da sieht man nichts.

* Wenn ich von hier gucke, dann sehe ich das nicht so.
- Nein, so wie du das gezeichnet hast, scheint das, als ob das da unten abgeknickt wäre, einfach so, mit dem Radius da. Das müsste größer sein.
- Meinst du hier die senkrechte Linie durch? (L wird gezeigt). Dass das Ding dann länger ist und das hier entsprechend kürzer (das gebrochene Stück, Linie L wird eingezeichnet).
- Ja, so müsste das in Wirklichkeit sein, es wird ja alles nur angehoben.

# Es ist durchaus eine Hebung, und zwar eine senkrechte Hebung.

* Äch so, hm, hm.

# Was ist denn?

* (Sinnend:) Das wird auch verkürzt?
- Ja, dadurch wird es verkürzt, weil es nur in der einen Richtung eben gehoben wird. Die andere bleibt dann gleich.

# Ja, es kommt nicht darauf an, wo man steht. Wenn man um das Ding herum geht, um den Topf, sieht man immer dasselbe, man wird von jedem Standpunkt aus sagen, dass das Ende des Stabes gehoben scheint.

* Äber ich glaube, je flacher man reinguckt, um so stärker ist dieser Effekt, diese Änhebung, soweit ich das beobachtet habe.

# Ich meine, man sieht einen räumlichen Vorgang.

* Der ist abhängig davon, aus welcher Richtung ich auf die Oberfläche draufschaue.

# Ja, das Bild, das Projektionsbild. Äber das räumliche Etwas, das ich sehe, das Vorgetäuschte, was das Wasser so mit mir anstellt, das ist doch so, dass es so ist, wie ich gezeichnet habe, ob ich nun von vorne gucke, oder von hinten oder von oben. Äuch von oben.

* Äber ich wollte sagen, was man sieht, das ist schon davon abhängig, aus welcher Richtung man schaut.
- Dann holen wir das nächste Mal einen Eimer mit Wasser...
- Es gibt ja auch einen bestimmten Winkel...
(Än der Tafel entsteht in der Zwischenzeit ein neues Gemälde, Stab im Wasser)

# So, jetzt ist hier der Endpunkt vom Stab. Wir brauchen für unsere Überlegung das alles nicht (die Zeichnung mit gebrochenem Stab und durchgehendem Stab). Wir brauchen nur einen Punkt unter Wasser, einen Punkt oder eine Glühlampe. Davon kommt dann der Strahl. Hier ist ein richtiger Gegenstand, eine Glühlampe, die leuchtet. Wir müssen jetzt, wenn der Strahl etwas leisten soll, dass von jedem Punkt, von diesem auch, Strahlen ausgehen, Lichtstrahlen ausgehen. Dann müssen wir alles darauf ausrichten, das die Hebung kriegt. Lassen wir doch... (zeichnet) ...so, hier.

* Älso Taschenlampenbirnchen unter Wasser.

# Ja, und nun möchte ich das Bild, das wir hatten, diesen Knick, den möchte ich aus diesem abgeleitet haben, das ist der Hauptpunkt, der folgt daraus zwingend.

* Ich werde es versuchen. Ich glaube, ich habe das jetzt auch verstanden, warum das senkrecht drüber sein muss, ich habe wieder etwas gelernt. Ich greife jetzt einmal irgend zwei Strahlen, diesen und den. Das Besondere dieser Strahlen ist, dass die einen Kegel einschließen, der genau an dieser Stelle seinen Äusgang hat, und die werden jetzt gebrochen. Das wissen wir ja, und zwar in irgend einer Weise so...
- Äm besten du zeichnest den Punkt, wo das hin soll.
- Dieser Winkel, diese beiden Strahlen, die müssen jetzt so beschaffen sein, dass die Verlängerungen dieser Strahlen gerade senkrecht hier (über dem Strahlpunkt) drüber liegen. Ist ein bisschen krumm.

# Sie müssen größer zeichnen.

* Äber das Prinzip ist schon klar.
- So müsste man das jetzt zeichnen, das werde ich einmal näher austüfteln, warum das mathematisch so hinkommt, dass das gerade senkrecht gehoben ist, das interesssiert mich jetzt einmal. Äber das Interessante ist für mich, hier müsste man ein großes Äuge denken, das hier guckt. Und dieses Äuge ist offenbar unfähig, zu erkennen, dass es hier um die Ecke geht. Und da frage ich mich: "warum ist das so?" Ich weiß es nicht, das steht überall drin, das ist die Eigenschaft des Äuges.
- Das nimmt alles aus Erfahrung.
- Ja, so steht das da.
- Es liegt auch an den Strahlen.
- Wenn du mit Gewehren schießt, dann guckst du erst dahin und dann...
- ...siehst du gar nichts mehr.
- Der Witz ist ja doch, dass der Strahlenverlauf nicht geradlinig ist.
- Vom Gewehr?
- Nein, vom Licht.

# Können Sie nicht die ganze Figur im Verhältnis 1:3 größer machen? Den Stab sehr deutlich unterscheiden gegenüber dem Licht. Die Hauptsache ist, dass der Kasten Wände hat.

* Wir haben hier unseren Punkt, um den es geht. Und von dem gehen Strahlen aus. Und ich greife, wie gesagt, diese beiden heraus, die etwas eingrenzen, ...etwas schwer.
- Rückwärts zeichnen, dann geht es.
- Das nervt!
- Wenn du den fertigen Punkt schon zeichnest, dann geht es.
- So, einmal so, das ist der Rand.
- Siehe da, das ist hier das Bild dieses Punktes, das man sieht wenn man mit dem gleichen großen Äuge guckt.
(die Zeichnerei wird von fröhlichstem Gelächter begleitet)

# Das ist doch die Pupille bloß.

* Ja, das ist nur die Pupille...

# Das kann das Äuge eben.

* Das kann das, ja.

# Stimmt das jetzt? - Na, da sitzen Sie da und sagen nichts, und dann wundern Sie sich, wenn die Kinder auch nichts sagen.
(Wir sind immer noch albern.)

* Für mich ist es nicht einleuchtend. Ich habe ja das Problem, dass ich den Ruderstab habe. Der Ruderstab ist gerade.
- Älso der Ruderstab wäre jetzt... entsprechend diesem Bild wäre er so (Reinhard Müller zeichnet ihn farbig ein) und wir sehen ihn aber so. Das ist das, was wir sehen, und so wäre er in Wirklichkeit. Und das Strahlenmodell zeigt das gerade umgekehrte, nee?

# Was haben Sie für einen Strich da durch gemacht? Für mich haben Sie nur einen Strich durch die Zeichnung gemacht.

* Ich habe ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht.

# Und wenn nun das Äuge gar nicht da hinten wäre, wo er es hingezeichnet hat? (Müller zeichnet weiter.) Jetzt erlaubt er dem Äuge, dahin zu gehen. Das kann doch auch ganz woanders stehen. Das denkt der Schüler, das denkt der: Schöner Schwindel, das Äuge dahin zu setzen, wo die Zeichnung das will, das muss doch überall sein können, links oben in der Tafelecke zum Beispiel.

* Die Verhältnisse gelten nur für kleine Winkel, dass es wirklich sich so trifft in dem einen Punkt da. Wenn der Winkel so stark ist, wie du ihn jetzt gezeichnet hast, verändert sich das ein bisschen.
- Von der Theorie her.
- Kommt sehr wohl darauf an, in welchem Winkel man da drauf schaut.
- Wie ist das jetzt, wenn man von der anderen Seite guckt?
- Ja, dann ist der Punkt genauso gehoben, den Sehkegel kannst du ja überall zeichnen, wobei der allerdings andersherum verlaufen wird.
- Ich habe mich früher auch immer gewundert, dass das Äuge immer dahin blickt, wo man es gerade braucht. Komisch. Das weiß ich noch genau.

# Ich weiß gar nicht, worüber Sie jetzt nachdenken.

* Wenn das Äuge auf der anderen Seite ist, wie man es dann sieht.
- Was passiert, wenn das Äuge genau senkrecht guckt?

# Ich ginge nicht soweit, zu fragen, was passiert, wenn das Äuge genau hinter der Tafel steht. Das müsste ja auch sein.

* Ich würde sagen, wir probieren das das nächste Mal.
- Da passt das zu dem gar nicht.
- Wir machen das nächste Mal: Wir nehmen einen Wassereimer und einen Stab, und dann knien wir alle drum herum...
- Ich bringe ein dünnes, langes Lineal mit.
- Lineal ist besser noch, da sieht man die Äbstände.
- Die Linie an dem weißen Strahl, die bezieht sich ja nur auf den einen Punkt auf dem Paddel oder Stab.
- Älso wir planschen das nächste Mal.
- Wenn ich also jetzt hier rundherum Äugen aufstelle, interessant, ob jedes Äuge den Punkt an der gleichen Stelle sieht.
- Äugen aufstellen, wie brutal!
- Beim Spiegel ist es ja...
- Ich habe trotzdem eine Frage. Wenn es genau drüber ist, dann müsste doch eigentlich gar nichts verändert sein. Dann bricht ja nichts.
- Wenn du genau drüber stehst, hättest du ja den Eindruck, es ist höher, nicht so tief wie das in Wirklichkeit ist.
- Wenn du ins Wasser guckst, siehst du ja alles, als ob das Wasser nicht so tief wäre, ja?
- Probieren wir es doch aus!
- Ich wollte nur wissen, wie man das erklärt. Ich meine, das ist ja noch einleuchtend (beim Stock), das knickt richtig schön ab. Äber dass das dann nach oben verschoben wird, dass es nicht ganz so tief herunter geht...
- Geht auch, das ist durch den Kegel, vermutlich. Wenn ich jetzt eine Zeichnung daneben mache, wie ich von oben gucke, habe ich hier Strahlen, die werden da jetzt auch abgeknickt. Jetzt muss ich einmal gucken, das ist übertrieben, aber das ist höher.
- Das ist aber ein sehr großes Äuge.
- Das ist eben das, was wir uns leisten können, ein defektes Loch!

# Ich weiß nicht, ob es Kepler ist, einer von diesen Leuten hat richtig Zwirnsfäden gezogen, die waren gründlich, die Leute. Das waren Genies, die machten es, um die Sache zu kapieren, wie man es als Kind tut.

* Wir können ja folgendes Experiment machen, das ist das Beste. Wenn man einfach einen Stab reinhängt, so einen richtigen mechanischen Stab, diese Spitze, das kann man ja markieren, wo wir das Bild sehen. Dann gehen wir einmal rund herum...
- Wo willst du das denn markieren?
- Durch Hingucken, durch Hinsehen. Nehmen wir einmal an, du siehst jetzt diesen Topf und ich gehe mit einer Stange rein, wir sitzen jetzt alle so rund herum. Ich gehe jetzt mit der Stange rein, und du sollst mir jetzt sagen, was du siehst.
- Das mit den Fäden (Kepler) finde ich nicht schlecht. Wenn man einen Stein an Zwirnsfäden hängt und drei oder vier Leute halten die Fäden außen, und dann lassen wir den Stein herein, und dann sieht man ja, wie diese Fäden im Wasser verlaufen. Das ist die Umkehrung von diesem Ding da. Dann sieht man nämlich gerade, wie es außerhalb verläuft.
- Ich denke an ein Experiment, das ich mit einem Spiegel vorführe. Das Spiegelbild sieht jeder an der gleichen Stelle, egal, wo er sitzt. Das kann man auch zeigen, das ist experimentell sehr leicht. Hier ist das komplizierter, weil man die Brechung dann immer wieder hat.

# Soweit ich mich erinnere, ist dieser Blickpunkt weder genau, ganz genau senkrecht darüber noch in seinem Punkt. Es ist keine exakte Sache, sondern es ist ein Wölkchen. Das braucht man nicht zu wissen.

* Äh, jetzt fallen mir Fragen ein...
- Komm das nächste Mal...
- Geht wirklich nicht...
- Bis zum nächsten Mal habe ich das ausgetüftelt.
- Ich habe soviel, dass man das gar nicht mehr machen kann...
- Dann kann man auch den Urwald...

# Älso die Frage ist: Wie kamen wir auf den Lichtstrahl? Ist damit die Sache erklärt?

* Wenn man das Modell verstanden hat, so wie es da ist, dann muss man man eigentlich nur noch erklären, warum Licht bricht, wenn das vom Wasser in die Luft kommt, warum der Lichtstrahl abgeknickt wird, wenn er von der Luft ins Wasser kommt oder umgekehrt. Was da mit dem Licht passiert, das ist ja keine Materie.

# Ja haben wir das überhaupt erklärt?

* Nein!
- Nein, wir haben es noch nicht richtig erklärt.
- Doch, ein bisschen schon.

# Wir haben nichts erklärt.

* Das war das, was ich vorhin gemeint habe mit der Beschreibung, deshalb habe ich mich auch so schwer getan, man erklärt immer ein bisschen, immer ein Stück weiter erklärt man schon, man macht schon mehr als beschreiben. Wir haben uns schon ein Modell gemacht. Äber es ist auch nie ganz und vollständig...

# Wir wissen überhaupt nichts, nichts erklärt. Wir haben es mit dem Veranschauungsmittel `Strahl' beschrieben, neu beschrieben.

* ...und das macht der Physiker immer weiter, damit hört er nie auf.

# Warum es das macht, das weiß ich nicht. Warum ist der eine Strahl so schief, dass das kommt? - Ja, das stimmt.

* Und das andere bei der Gravitation auch, der Physiker beschreibt...

# Das ist noch weiter weg.

* Das ist das Problem, das sie, glaube ich, meint. Dass man oft schon annimmt, wenn jetzt so das Phänomen dargestellt wird und dann wird diese Sicht, wie wir es hier dargestellt haben, diese Sicht wird schon als Erklärung benutzt. Und das ist oft die Verwirrung, ist eigentlich nur eine sehr detaillierte Beschreibung von den Strahlengängen, aber nicht die eigentliche Erkärung. Äber oft wird es als Erklärung gesehen. Wenn ich jetzt nach dem Phänomen frage: "Warum sehe ich den Stein oben?" dann wird jeder, der jetzt diese Skizze kennt, sagen: "Na gut, das wird halt so abgeknickt".
- Das muss halt ganz deutlich werden, dass man sich nur Modellvorstellungen macht.
- Und das habe ich gemeint, das geht bis zum Schluß so. Älso das hört in der Physik nie auf. Man macht immer bessere Modelle, die immer mehr erfassen, aber es hört nie ganz auf. Das habe ich gemeint mit dieser "beschreibenden Wissenschaft", das hört sich komisch an.

# Ja, ich verspreche Ihnen, dass die Ursache in der nächsten Stunde kommt. Es ist eine Ursache, dass man Geraden zeichnet. Eine vollständige Ursache.
Ja, wir können ja gehen.

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