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19. Januar 1987.

Thema: Sehvorgang - Räumliches Sehen - Kreiselbewegung

(# Martin Wagenschein - dieses Mal verhindert)
* Seminarteilnehmer
- weitere Seminarteilnehmer in der selben Runde
() redaktionelle Kommentare

* Also wir können uns überlegen, wollen wir erst den Kreisel machen, also warum der Kreisel nicht umfällt, ohne Fachausdrücke, voraussetzungslos?
Animismus ist erlaubt. Entweder einen Text gemeinsam machen oder jeder für sich. Oder, also Herr Wagenschein hat diesen Aufsatz, den die beiden Herren im Hinblick auf Biologie referiert haben, mal wieder gelesen und hat festgestellt: Was da drin steht, das Allgemeine, das sei ja recht gut. Er hat dick angestrichen und Anfang und Ende markiert. Das könnten wir gemeinsam lesen und uns noch mal klar machen.

- Ja, müssen wir denn das machen? Ich habe nämlich ein anderes Thema, das mich sehr interessiert, was mit dem zusammenhängt, was wir gemacht haben in der Optik. Das ist also eine Sache, die mir nicht aus dem Kopf geht, und für die ich auch keine Lösung habe. Nämlich die, dass, wie ja behauptet wird, das Auge den Lichtstrahl, den es sieht, geradlinig fortsetzen wird. Das würde mich einmal interessieren, wie das überhaupt funktioniert.
- Wie geradlinig fortsetzt, im Gehirn oder wie?
- Also wenn man einen gebrochenen Lichtstrahl sieht, dann sieht man ja das Bild des Gegenstandes, das von diesem gebrochenen Lichtstrahl erzeugt wird, in geradliniger Verlängerung der Lichtstrahlen. So genau dieses Verfahren, das würde mich sehr interessieren, wie das überhaupt, wie man das erklären kann, dass es so ist. Normalerweise wird da auf die Gewohnheit des Auges angesprochen, beim Fotoapparat hat man es ja auch. Aber durch das Fotografieren wird es wieder anders. Aber trotzdem...
- Aber wenn es der Fotoapparat nicht machen würde, würde man es ja sehen auf dem Foto.
- Der Regenbogen ist ja auch keine Einbildung, weil ich ihn fotografieren kann.
- Na ja, gut. Das ist vielleicht nicht das Richtige. - Und dann noch ein paar andere Sachen. Wenn ich mir beispielsweise einen Stern angucke, dann ist der ich weiß nicht wieviele Lichtjahre weg. Aber in dem Moment, wo ich hingucke, sehe ich ihn ja. Und ich sehe auch die Verschiebung davon. Ich kann also beispielsweise auch den Abstand eines Gegenstandes unmittelbar beurteilen, obwohl dieser Abstand sehr weit entfernt ist. Das heißt, ich habe also tatsächlich im Moment, wo ich hingucke, den Eindruck eines gewissen Abstandes ohne Berücksichtigung von irgendwelchen sichtbaren Zeichen und so weiter. - Die Vorstellung des Abstandes hat man durch den Vergleich mit daneben liegenden Dingen. Denn an der Größe kann man das ja schwer sehen. Sonne und Mond sind ja gar nicht so einfach zu unterscheiden. Daran sieht man ja auch, dass man für den Abstand selber keinen Grund hat.
- Ja, aber ich sehe zumindest, dass das sehr weit weg ist. Wenn ich jetzt vom Licht ausgehe, dann ist doch das Komische, wenigstens für mich, ich sehe jetzt irgend ein Lichtteilchen, das vor einigen Millionen Jahre auf die Reise geschickt worden ist und das empfindet mein Auge, da, jetzt. Ich sehe ja nicht dieses Lichtteilchen unmittelbar in meinem Auge oder in meinem Kopf, sondern ich sehe ganz da hinten, ich verfolge den Laufweg über Jahrmillionen und sage: "Da hinten steht er". - Ich habe die Frage noch nicht ganz verstanden.
- Ich gebe ja nur eine Richtung an, ich sage ja nichts...
- Ja, wie kann das Auge das überhaupt? Da trifft ein Lichtteilchen auf die Netzhaut...
- Also Sie meinen, es geschieht etwas hier bei mir...
- Bei mir und gleichzeitig kann ich den Weg in die Richtung zurück verfolgen...
- ...und stelle fest, dass das da drüben passiert, weil etwas bei mir hier passiert.
- Ja.
- Das Problem, da brauche ich ja nicht einen Stern zu nehmen, da kann ich jeden beliebigen Gegenstand eigentlich nehmen.
- Ja, ich habe zum Beispiel die Brechung genommen. Da verfolge ich einen Weg zurück, der gar nicht existiert hat.
- Beziehungsweise beim Stern ist es vielleicht noch ein bisschen einleuchtender, da ist das Problem noch größer, weil der Stern, der kann schon gar nicht mehr existieren.
- Zum Beispiel ja.
- Der Gegenstand ist ja da, aber der Stern kann ja schon erloschen sein. - Mich wundert, das muss ich sagen, dass ich den Weg tatsächlich zurück verfolgen kann. Ich sage, das kommt aus der Richtung und ich sehe dort ein Bild, wo der Gegenstand sich, wenn es sich um Brechung handelt, zum Beispiel eine Spiegelung, nicht befindet.
- Aber das Problem ist auch, in solchen Darstellungen, wenn man das darstellt, ist das Auge als punktförmige Öffnung dargestellt. Das ist dann natürlich noch besonders schwierig, denn...
- Na gut, das alles mit eingerechnet.
- ...ich meine, dann ist es ja so, dass Lichtstrahlen aus verschiedenen Winkeln kommen, anders würde das ja nicht auf der Netzhaut entstehen.
- Kann ich das einmal vergleichen? Ich sehe zwar die Heizung, aber nur wenn ich sie anfasse, wenn ich dran bin, merke ich, dass sie warm ist. Und wenn ich hier bin, merke ich normalerweise nicht, dass sie warm ist. Und bei dem Licht dann kann ich es merken, merke ich etwas, was entfernt ist, was ich bei dem anderen nicht merke.
- Na gut, eine Heizung merkt man auch um die Ecke herum oder so.
- Wenn da jetzt ein Gasstrahler stehen würde und ein Parabolspiegel für Camping und der strahlt ziemlich stark, dann weiß man ja auch, wenn man nicht hinguckt, weiß nicht, wo das Ding steht, dass es irgendwo aus der Richtung, da muss die Heizquelle sein. Oder wenn man sich eine Heizung vorstellt, so ein richtig starker Wärmestrahler mit einem unheimlich stark bündelnden Parabolspiegel, dann könnte man wahrscheinlich auch sagen: "Da irgendwo, da oder da muss er stehen."
- Na gut, also die Leute, die unterrichtet haben oder unterrichten, wie erklären Sie Ihren Schülern das Zustandekommen eines scheinbaren Bildes? So kann man es auch ausdrücken.
- Das ist ja das, was ich vorher gemeint habe. Das Auge kann sozusagen nicht entscheiden, welchen Lichtweg das Licht vorher genommen hat, sondern es entscheidet die Richtung, aus der das Licht ins Auge eindringt, denke ich.
- Wie macht es das eigentlich?
- Ja, die Lösung ist, dass es nichts macht mit dem Licht, sondern es ist nur die lokale Reizung auf der Netzhaut, auf die es überhaupt reagiert, und die lässt sich eben nicht unterscheiden von derjenigen, wo das Licht mehrmals um ein paar Ecken bewegt wurde, relativ zu derjenigen, wo es geradlinig einfach direkt von der Quelle ausgebreitet wird. Also dieser lokale Reiz auf der Netzhaut, der ist eben nicht unterscheidbar in den beiden Fällen. Und er wird in genau der gleichen Weise verarbeitet. Deswegen kann man zwischen diesen beiden Dingen nicht unterscheiden und es ist sozusagen dieses Defizit im Unterscheidungsvermögen, das formuliert man dann positiv, indem man sagt: "Das Auge verfolgt den Lichtstrahl in der Richtung, aus der er gekommen ist, zurück."
- Ja, gut, aber man erklärt damit nichts.
- Wieso? Ich habe jetzt nur einmal die übliche Auffassung verteidigt.
- Ja, mir fällt auch nichts besseres ein. Auch so etwas Ähnliches.
- Mir fällt schon etwas ein. Also angenommen, hier ist ein Lichtpunkt und da... Also nach dem, was Sie jetzt gesagt haben, kann man nicht den Lichtpunkt dort sehen, sondern eigentlich sieht man ja das Photon, das gerade auf der Netzhaut blitzt. Also woher weiß ich dann, dass der Lichtpunkt da vorne ist? Das ist jetzt die Frage. Also jetzt muss man, glaube ich, grundsätzlich unterscheiden zwischen der Fähigkeit des Auges, die Entfernung zu bestimmen und zweitens die Fähigkeit zu bestimmen, in welcher Richtung, in welchem Raumwinkel dieser Lichtpunkt sitzt. Das sind zwei verschiedene Sachen erst mal. Die Sache mit der Entfernung, die kommt, die wird nur berechnet, weil ich zwei Augen habe, die einen Abstand haben, und ich kann dann, irgendwie nach Winkelgesetzen kann das Gehirn das ausrechnen, wie weit das weg ist. Das ist die erste Sache, die ist etwas weniger kompliziert. Aber die zweite Sache, in welchem Winkel der Punkt sitzt, das kann ich ja deswegen bestimmen, weil der Lichtblitz auf einer ganz bestimmten Stelle auf der Netzhaut ankommt. Also wenn ich die Netzhaut als Kreissegment sehe, dann ist der Lichtblitz bezüglich der optischen Achse, wenn die links sitzt, ja rechts. Also der Lichtblitz sitzt genau an der Stelle, wenn die Lichtquelle genau an der Stelle ist. Wenn der Blitz hier ist, dann weiß ich eben, der Punkt ist dort.
- Die optische Achse, die ist nicht wichtig. Die optische Anordnung ist eben im Grunde den verschiedenen Raumrichtungen jeweils ein Punkt auf der Netzhaut zugeordnet. Und das ist aber so, dass diese richtige Identifikation davon auch sicherlich ein Resultat langen Lernens ist. Wenn ich mir eine Brille aufsetze, die alles umkehrt, dann sind es ja nicht mehr die gleichen Netzhautpunkte, die gereizt werden. Aber mein inneres Bild stellt sich nach einer Weile darauf ein, und ich sehe dann die Dinge trotzdem aufrecht, so wie ich sie vorher wahrgenommen habe. Also da spielt sicherlich noch die Gewohnheit eine starke Rolle und da scheint diese Verknüpfung relativ leicht umprogrammierbar zu sein.
- Ist das so? (Frage wurde an den Biologen Frank Krämer gerichtet)

- Also das mit den beiden Augen, diese Verrechnung, das ist so da.
- Aber jetzt, dass den einzelnen lichtempfindlichen Zellen auf der Netzhaut gleichzeitig noch eine Raumrichtung zugeordnet ist.
- Also ich habe nur das erste, das weiß ich. Aber das zweite, das ist meiner Meinung nach auch so einleuchtend. Aber direkt habe ich es...
- Wie ist das denn mit Leuten, die nur mit einem Auge sehen? Da müsste man das doch feststellen können.
- Ei, ja, da kenne ich jemand (Gelächter), also es gibt...
- Das Problem ist, wann dieser Defekt mit dem einen Auge kam, direkt bei der Geburt oder nach der Geburt. Und da gibt es auch die Probleme eben, wenn ein Kind mit der Geburt schielt. Dann stimmen ja diese Achsen auch nicht, das heißt von Anfang an müssen die Eltern zusehen, dass halt dieser Schieleffekt durch eine Brille korrigiert wird. Wenn das nicht geschieht, schaffen es die beiden Augen nicht mehr, das zu verrechnen miteinander, das heißt, es wird auch wenn zwei tüchtige Augen da sind, im Laufe von vier bis fünf Jahren konzentriert das Gehirn sich nur noch auf ein Auge, das heißt, das andere Auge ist zwar primär noch funktionsfähig, aber ausgeschaltet durch diesen Schieleffekt.
- Dieses räumliche Sehen geht ja verloren, wenn ich nur ein Auge habe. Sie müssen einmal ein Auge zumachen und die Treppe heruntergehen.
- Das ist doch, weil ich ungewohnt bin.
- Ja, ja, wenn wir das jetzt machen, geht das noch einigermaßen. Aber wenn wir das längere Zeit machen...
- ...dann geht das sicher verloren.
- Ich kenne also jemand, der ist Drachenflieger, sogar Weltmeister gewesen und da kommt es bei der Landung, bei der Punktlandung, wenn man versucht, auf einem ganz bestimmten Punkt zu landen, muss man wirklich, aus Erfahrung, die Entfernung genau abschätzen können, wie weit man noch entfernt ist. Und der hat also seit etlichen Jahren ein Glasauge, sieht also nur noch auf einem Auge, und ist also Weltmeister im Punktlanden. Der kann die Entfernung absolut genau abschätzen, obwohl er nur ein Auge hat. Also wenn man voraussetzt, dass das Gehirn das mit dem Abstand der beiden Augen berechnet, dann funktioniert das ja überhaupt nicht mehr, dann funktioniert das nur noch mit Erfahrung.
- Diesen Defekt hat er aber erst später bekommen?
- Ich glaube schon.
- Dann war das ja schon eintrainiert.
- Außerdem bewegt er sich. Wenn ich mich bewege, kann ich ja auch abschätzen, was vorne und hinten steht. Wenn ich so ein bisschen hin und her gehe. Wenn ich ganz still stehe...
- Geguckt, gespeichert, noch mal geguckt und dann gerechnet. (Gelächter von allen) ziemlich unwahrscheinlich.
- Im Prinzip durch seine Bewegung, es ist ja kein Prozess, ist ja schon eine Dynamik in dem ganzen Prozess, er bewegt sich ja auf irgend etwas zu. Das heißt, in dem Moment rechnet man schon die ganze Zeit. Man merkt, es kommt näher, und dann muss eben so ein Prozess stattfinden, der mir sagt, mit der und der Geschwindigkeit, und dann eben auch mit der Erfahrung, muss ich dann und dann den Drachen noch weiter herunter lassen und dann einmal irgendwann bin ich an dem Punkt. - Wenn ich zu dem Zeitpunkt hier bin, zum nächsten hier, kann ich weiterrechnen, dass ich im gleichen Zeitintervall dann hier bin.
- Nur wenn es etwas Statisches ist, wenn ich jetzt sitzen bleibe und meinen Kopf nicht bewege, und dann versuche, diese Raumkomponente herauszubekommen, wie das mit einem Auge funktioniert, bin ich auch nicht schlüssig. Denn da, da wird jetzt auch berechnet. Das Auge rechnet auch, dass dieser Kreisel dahinter ist, hinter dem vorderen.
- Also es gibt etwas, dass man ganz starr sich hält und dann legt einer einem zwei Gegenstände hin und man versucht dann zwischen diesen zwei Gegenständen, wenn man ganz unbeweglich oder starr den Kopf hat, da unter Umständen so zu tun, als ob man andere Anhaltspunkte hätte. Man könnte das unter Umständen so paradox machen, dass man Dinge, von denen man eine bestimmte Größe erwartet, da hinlegt. Dann hat man womöglich eine Anomalie eingebaut, das heißt, der eine ist kleiner als er sein müsste und man glaubt, er liegt weiter hinten. Und dann kann man versuchen, so dazwischen zu fassen, und beide Male ein Auge zuhalten und kann sich dem Ganzen nähern. In dem Moment, wo die sich einander verschieben, habe ich dann einen Anhaltspunkt, wo ich dazwischen fassen muss. Also das ist tatsächlich schon ein gewisser Ersatz dafür, dass man mit beiden Augen guckt.
- Es gibt auch diese 3-D-Filme, die mit zwei Kameras aufgenommen sind, wo die Objektive im Augenabstand angeordnet sind. Dann macht man eben beim Fotografieren zwei Bilder aus diesen Positionen oder beim Film eben mehrere Bilder aus diesen Positionen. Wenn man dann später den Film auch wieder so projiziert, mit zwei Projektoren, die diesen Abstand haben und betrachtet dann mit so einer Polarisationsbrille, also wo man mit dem einen Auge nur das Bild des einen Projektors betrachtet und mit dem anderen das andere, dann kann man auch diesen 3-D-Effekt nachvollziehen. - Das Gleiche gibt es auch bei der Luftbildinterpretation. Das heißt, Kartografen fotografieren aus der Luft die Erdoberfläche, auch aus verschiedenen Positionen, dann haben sie zwei Bilder, die legen sie nebeneinander, und dann haben sie auch so einen optischen Apparat, da guckt man so durch, setzt das Objektiv direkt ans Auge, und dann entsteht auch dieser räumliche Effekt.
- Aber das ist nur bei der Projektion notwendig, wo jeder das Gleiche sehen soll. Man kann durch die Überschneidung, also die Überlappung dieser beiden Bilder, kann man den natürlichen stereoskopischen Effekt verstärken. Man kann dann mit einem Zeiger tatsächlich auch die Höhen abtasten, indem man in den Raum dazwischen geht, zwischen Beobachter und Bild. Man kann sogar Höhen in der Landschaft messen.
- Wie kann man das feststellen?
- Man hat einen Zeiger und stellt ihn auf die scheinbare Höhe eines Gegenstandes, den man im Bild sieht. Das muss dann umgerechnet werden. Ich habe es selbst noch nicht gesehen, ich habe es gelesen.
- Dass es noch plastischer aussieht als ohnehin schon.
- Ja, das auf jeden Fall. Die sind alle plastischer als ohnehin...
- Ja, so kleine Hügel, die sehen dann praktisch aus wie so...
- Das liegt daran, wenn der Augenabstand größer wird, dann ist der Sehwinkel größer, dann ist es plastischer. Ein normales, gebogenes Prismenfernglas ist zum Beispiel für den stereoskopischen Effekt besser als so ein normales Geradsicht-Fernglas, weil die Objektive weiter auseinander stehen auf Grund dieser Umlenkprismen. Das ist also schon günstiger, so ein Glas. Bei den Flugzeugen machen die das noch extremer, mit Luftbildaufnahmen, damit es noch deutlicher wird. Man kann, wenn man das im Unterricht vorführen will sehr schönen Effekt haben, indem man irgend so ein gitterförmiges, räumliches Gebilde, also ein Kristallmodell, mit zwei Lampen bestrahlt, mit rotem, und sagen wir einmal mit grünem Licht. Da bekommt man Schatten an die Wand, einen entgegengesetzt farbigen, einen grünen und roten Schatten von diesem Gebilde. Wenn man sich das jetzt durch so eine Grün-Rot-Brille anguckt, dann sieht man das Ding räumlich im Raum und zwar so toll, dass man da reingreifen möchte. Man kann fast drum herumgehen, das ist unglaublich, dieser Effekt.
- Und es ist egal, in welchem Abstand die Lampen sind?
- Also man kann es stark oder weniger stark machen, diesen Effekt.
- Aber der Raum muss dunkel sein?
- Der Raum muss dunkel sein.
- Haben Sie das schon einmal gemacht, mit Leybold-Lampen oder so?
- Das ist ja auch in manchen Chemiebüchern so drin.
- Im Schröder-Uchtmann ist es hinten drin in der Geometrie, Grundriss, Aufriss, Seitenriss. Der ist rot-grün, so sind die Bilder gezeichnet und dann ist eine Brille drin, die kann man nehmen.
- Sehr eindrucksvoll, diese Bilder.
- Die sind schön.
- Es gibt das auch für Chemie, so Kristallstrukturen...
- So, das wäre geklärt.
- Jedenfalls ist es eine Vermutung, es könnte so sein.
- Jedenfalls gegenüber diesen... ...Theorien. Das, was man als eine großartige Leistung des Auges verstanden hätte, dass man das einfach versteht als Mangel an Unterscheidungsfähigkeit oder das Angewiesensein auf bestimmte Informationen.
- Ja, aber das ist doch gar nicht schlecht. Das ist toll!
- Nein, wie immer eine sehr einfache...
- Der Carl Zeiß, der Hersteller oder Fabrikant von den Gläsern - oder der Ernst Leitz - der hat einmal gesagt, das menschliche Auge wäre so miserabel gebaut, dass er das also keinem Händler verkaufen würde, wenn er es gebaut hätte.
- Dann würde ich ihm raten, das gegen ein Glasauge zu ersetzen. (Brüllendes Gelächter).
- Ja, er hat das auf die chromatische Aberration und so bezogen.
- Das braucht das Auge doch gar nicht.
- Das Gehirn ist so gut.
- Er hat wahrscheinlich das Auge selbst, den Augapfel gemeint.
- Das brauchst du ja auch als Objektiv. Das Objektiv kannst du zusammendrücken, von der Linse...
- Das Tolle ist ja, dass man gar kein randscharfes Bild braucht beim Auge. Das geht immer hin und her und zeichnet das so der Reihe nach auf, abtastend insgesamt. Ich glaube, das ist nur der mittlere Teil, der ist optisch einigermaßen einwandfrei. Das andere genügt völlig. Denn man kann immerhin mit diesen sehr schlechten Augen beurteilen, ob ein Leitz-Objektiv gut ist oder nicht gut. (Gelächter). Das hat der Ernst Leitz sicher auch benutzt.
- Es ist doch gerade so, dass von anderer Perspektive aus das Auge besonders gut konstruiert ist anscheinend. Zum Beispiel für die Empfindlichkeitsbereiche der Retina, die gerade so ausgelegt sind, dass, wenn man noch etwas größere Wellenlängen wahrnehmen könnte mit dem Auge, dann würde das Auge selber seine eigene Wärme wahrnehmen können und würde des halb dann wahrscheinlich in einem Meer von Rauschen untergehen. Die Information, die gerade so eben getrennt von dieser Schwelle des Wärmerauschens gut aufgenommen werden kann.
- Also das ist die Wärme. Wenn man Wärmebüschel sehen könnte, würden die auch noch eine Weile bleiben, so ein Nachziehereffekt. Wenn ich jetzt die Wärme sehen könnte und du gehst weg, sehe ich dich immer noch einen Moment lang.
- Also auch für eine scharfe Erfassung der Umwelt ist das genau der geeignetste Bereich. Und dann ist es so, dass es auch von der Empfindlichkeit her so ist, dass man tatsächlich schon wenige Photonen wahrnehmen kann. Also von daher auch eigentlich -bis auf die Ebene der Quantenmechanik beinahe- von den Dimensionen her in der Lage ist, mit dem Auge Wahrnehmungen zu machen. Das finde ich dann schon ganz enorm.

- Wollen wir noch an den Kreisel gehen?
- Ja.
- Also noch einmal: Was wir beschreiben können und dürfen: Warum der Kreisel nicht umfällt.
- Fachausdrücke sind verboten, voraussetzungslos, Animismus ist erlaubt, wir können gemeinsam einen Text machen, wir können auch jeder für sich einen Text machen.
- Was ist Animismus?
- Animismus ist: Den Kreisel beißt etwas, deswegen hüpft er weg. Noch ganz in der Stufe, in der das Ding magische Fähigkeiten hat.
- Noch belebt ist (Papendieck zeigt einen neuen Kreisel).
- Der tolle Kreisel, wo kommt er her?
- Den hat er mitgebracht, ist denen ihre Physiksammlung.
- Nicht aus unserer, wir haben so etwas einfaches nicht. Die hat Herr Groth.
(Kreisel donnert los.)
- Ich habe so ein Ding in der Experimentalphysikvorlesung gesehen. Da kam der Professor mit dem Ding herein. Man sah also nicht, dass die schwere Scheibe sich drehte, weil eine Markierung oder so etwas fehlte. Da sah das einfach aus wie ein Stück Metall. Das war sogar mit einer Trennscheibe angeheizt, also drehte es sich unheimlich schnell. Da stand also die Achse absolut waagerecht, eine Minute lang. Der ist hereingekommen, keiner hat es gesehen, dass es angetrieben war, und hat so...
- Aber die muss sich doch drehen...
- Die kann nicht starr waagerecht stehen, das geht nicht, die muss sich doch drehen.
- Da kann ich mich jetzt gar nicht mehr erinnern. Es kann sein, dass da irgendwelche...
- Es muss so gewesen sein wie hier, vielleicht etwas langsamer.
- Es kann sein, das hat ja in den ersten Semestern keinen gestört, da hat sich keiner gewundert. Aber dass das Ding so einfach an einem Faden waagerecht hängt, war die perfekte Überraschung.
(weitere Unterhaltung geht im Kreiselgeräusch unter).
- Animistisch ist jetzt, wenn ich sage: "Der ist betrunken, weil er so torkelt. Jetzt ist er müde". (Er kippt)
- Man hat sich daran gewöhnt, dass die Achse nicht umkippt.
- Aber die könnte doch umkippen.
- Mal eine Frage zu dem Begriff: Also wenn ich mir überlege 'Kreisel' - Kreisel, weil er einen Kreis beschreibt oder weil er kreisrund ist?
- Vor allem, weil er sich dreht.
- Kreiseln dann heißt herumkreiseln, also nicht nur, weil er hier so wandert, er kann ja auch an dem einen Punkt hier stehen bleiben.
- Ich glaube, die Figur des Kreiselns ist da dabei.
- Ich hatte früher einen Zylinder, um den man eine Schnur wickelt und dann ganz schnell abzieht, und der drehte sich dann.
- Dann muss man noch peitschen.
- Ein hartgekochtes Ei kann man auch dazu bringen, dass es aufsteht.
- Ein weichgekochtes schlingert.
- Beim hartgekochten kann man besser zugreifen.
- Das ist der Test. Ein rohes kannst du sowieso nicht kreiseln lassen.
- Ich glaube, das Ei ist dann vielleicht auch ein ganz guter Zugang dazu weil... es könnte doch umfallen.
- Ich frage mich, ob das überhaupt ein exemplarisch geeignetes Thema ist, das ist doch viel zu kompliziert. Da fällt einem zunächst doch kaum etwas ein. Und das sollen Kinder kapieren, wieso das Ding nicht umfällt!
- Ich weiß nicht, man könnte es doch mit anderen Sachen mischen.
- Kinder spielen doch mit so etwas dauernd.
- Und die interessiert das schon.
- Aber auf die Frage 'warum fällt der nicht um?' kommen die doch nicht.
- Die machen doch Wettspiele, wer am längsten läuft - also wir machen das auch immer noch. Wir haben mehrere in einer Kiste und drehen, wessen Kreisel am längsten hält.
- Die werden trotzdem niemals herausfinden, warum der nicht umkippt.
- Und was sagen die, warum er nicht umfällt? Ich will gar nicht sagen, dass die es physikalisch herauskriegen. Aber was könnten die sagen?
- Dann sagen die: "Weil er sich dreht."
- Doch nicht schlecht.
- Weil... das hängt doch damit zusammen, ob er auf der Spitze steht oder nicht.
- Ja, vielleicht will der umfallen und darf nicht!
- Ja, das Drehen ist doch der einzige Grund. Denn wenn er sich nicht dreht, dann fällt er ja um.
- Gut, vielleicht will er umfallen und darf nicht. Dann muss man fragen: Warum darf er nicht umfallen?
- Oder kann er nicht?
- Er kommt gar nicht dazu. (Gelächter)
- Ja, vielleicht ist er zwischen den verschiedenen Teilen, vielleicht hat er mehrere Seelen in seiner Brust. Der eine Teil will umfallen und der andere Teil reißt ihn dann wieder zurück.
- Und der umfallende Teil gewinnt dann, weil er langsamer dreht zum Schluss.
- Es ist interessant, warum überhaupt jemand gewinnt. Aber vielleicht ist das so, dass immer ein Teil seiner Seele gerne fallen möchte und der andere reißt ihn dann doch wieder herauf.
- Man kann sagen, je schneller das Ding dreht, desto eher gewinnt der, der es nicht umfallen lassen will, die Oberhand. Erst wenn es langsamer dreht, dann...
- Der hat längere Ausdauer, der gewinnt das Fallen.
- Ja, je schneller es läuft. Es hängt auf jeden Fall mit der Geschwindigkeit zusammen, welcher Teil da jetzt die Übermacht hat.
- Warum wird er überhaupt langsamer?
- Er wird abgebremst, durch die Spitze, die auf dem Boden halt aufliegt.
- Vielleicht ist die Sache noch nicht ganz richtig gedacht. Vielleicht ist es nicht so, dass ein Teil, dass eine Seele in seiner Brust möchte, dass er umfällt und ein Teil möchte, dass er steht. Vielleicht ist es so, dass der eine Teil seiner Seele sich immer auf die eine Seite legt und der andere, dass er sich auf die andere legt und solange er am kämpfen ist, kann er sich eben nicht hinlegen.
- Er kann sich nicht entscheiden: Was will ich denn, wo will ich hin?
^ - Er kann ja auf allen Seiten liegen.
- Es ist so, wenn zwei Seelen in seiner Brust sind und der eine will umfallen und der andere hindert ihn daran, ist doch so wie beim Tauziehen. Wenn zwei ziehen und der andere etwas stärker ist als der andere, dann geht es eben langsam in die eine Richtung.
- Ja, aber hier ist das ja so, dass im nächsten Moment der, der vorher der Stärkere war, an der Seite steht, wo der andere vorher gestanden hat.
- Ja, da kommt noch so ein Stabilisierungseffekt eben dazu. Da sind nicht bloß die einen Teile stärker...
- Die Teile, die ziehen, die wechseln dann immer schnell ihre Position.
- Die drehen das Seil schnell herum. Dann eiert es. Dann würde dieses Tauziehsystem eiern, wenn auf der einen Seite der Stärkere ist.
- Ja, geht das überhaupt? Actio gleich Reactio...
- Das sind schon wieder Fachausdrücke, soweit sind wir noch nicht.
- Ich will das nur einmal so einwerfen. Kann denn beim Tauziehen einer mit größerer Kraft ziehen als der andere?
- Sobald er stärker zieht muss der andere halt mit. Das kann man nicht quantitativ sagen: Das ist jetzt soviel mehr gewesen. Sondern man weiß einfach: Die Gruppe ist stärker. So sagt man jedenfalls. Dass das Seil das nicht entscheiden kann, von welcher Seite die Kraft größer ist... Für das Seil ist es Wurscht, es steht unter Spannung (Gelächter) und hält wahrscheinlich gegen beide Gruppen.
- Wenn einer von der schwachen Gruppe der starken Gruppe Schmierseife unter die Schuhe macht, dann zieht die starke Gruppe... (alles Weitere geht im Gelächter unter)
- Einmal angenommen, der (Kreisel vor ihm) ist gerade so und dreht sich, und dann will er nach der Seite. Das will er und macht er, wenn er so liegt. Aber wenn er sich dreht, dann ist mein Punkt da unten betrachtet, der wird ja von der Trägheit, wenn es erlaubt ist, von dem Schwung, das ist besser, wird der Punkt ja so hochgerissen, der wird so hochgeschleudert.
- Und dafür der andere heruntergerissen.
- Genau, ja, der Punkt wird heruntergerissen.
- Es könnte theoretisch, es könnte auch in dieser Lage stehen bleiben, (schräg), aber das geht wahrscheinlich nicht, weil es den nach unten zieht, die Erde zieht ihn an.
- Hier ist ja auch ein Punkt. Bei der Erde ist das auch so, dass der Erdball jedenfalls schräg liegt und dafür hält sie die Richtung dauernd bei, also wenn es nicht einen Auflagepunkt gibt, dann scheint das ja zu funktionieren.
- Alle Punkte, die auf der Hälfte liegen (er macht einen senkrechten Schnitt durch den Kreisel), die werden heruntergerissen, und alle, die auf der anderen Hälfte liegen, die werden hochgerissen.
- Aber wenn du ihn andrehst, stellst du ihn ja gerade hin.
- Kannst ihn ja auch schief andrehen (wird sofort gemacht).
- Das funktioniert aber nicht mit dem schief, das stimmt gar nicht mit dem Vergleich mit der Erde. Ich kann den Kreisel ja einmal schief hinstellen, der bleibt nicht so schief stehen, selbst wenn der keinen Auflagepunkt hätte. (Wird vorgeführt.) - Wie will man denn hier den Kreisel ohne irgend eine Auflagekraft...
- Der hat sich wieder aufgestellt.
- Man kann ihn im Schwerpunkt aufhängen. - Sie werden aber schon sehr fachlich jetzt.
- Na gut, aber ich meine, man kann das zeigen.
(Das weitere Gespräch geht im Kreiselgebrumm unter.)
- Wenn er frei aufgehängt ist, 'kräftefrei' sagt man, und wenn ich jetzt eine Kraft wirken lasse, dann macht er das so, die Erde ist doch kräftefrei...
- Na, die ist natürlich im Schwerpunkt, die angreifenden Kräfte im Schwerpunkt...
- Es kommt nur darauf an, dass die Sonne nicht so arg dran zuppelt.
- ...vielleicht fällt der Kreisel auch dauernd, und jedes mal, wenn er fallen will, ist er schon ein Stück weiter.
- Ich meine, das wäre so eine ähnliche Fassung wie bei den anderen Versionen, dass er sich nicht entscheiden kann, wohin er fallen will.
- Ja, aber dass er dabei dauernd fällt.
- Wenn ich ihn auf die Spitze stelle, fällt er auch nicht um.
- Dann fällt er dauernd nach einer anderen Seite.
- Ja, und dadurch bleibt er gerade vielleicht.
- Ja (Kreisel surrt erneut).
- Steht auch so! (Kreisel steht schräg)
- Toll, ganze Theorie dahin.
- Es steckt schon etwas dahinter, dass er dauernd fällt, aber immer nach einer anderen Seite, weil er sich ja gerade weitergedreht hat, und dadurch die verschiedenen "Fälle" sich aufheben.
- Wobei das auch die Frage ist, wie sich das aufheben kann, weil ja das nie gleichzeitig passiert (wird demonstriert). Wie das zeitlich verteilt wird, der muss ja sozusagen ein Gedächtnis oder eine Vorschau haben, dass wenn er hier fällt, dass er dann im nächsten Moment in die andere Richtung fallen muss. Das muss ja vermittelt werden, die verschiedenen Falltendenzen. Die Frage ist, wodurch er das vermittelt bekommt.
- Geht zu schnell. Da er ja gar nicht zum richtigen Fall kommt. Er kann ja praktisch nur ein ganz kurzes Stück fallen oder ein kurzes Stück kippen, und das reicht nicht, um ganz umzufallen. Und in der Zeit ist er wieder weiter.
- Oder er hat ein Gedächtnis.
- Soll mich wundern.
- Und sowie er kippen will, wird er wieder in die andere Richtung gezogen, und dann torkelt er so herum.
- Das heißt, er fällt dann immer in eine neue Richtung?
- Hast du schon mal beobachtet, in welche Richtung er torkelt? Wenn ich ihn so andrehe, wie ist dann die Torkelrichtung?
- Bei strengem Uhrzeigersinn?
- Ja... also...
- Da fällt mir ein, es gibt die Unterscheidung, er fällt bezüglich des Tisches davor oder bezüglich sich selbst? Fachausdruck 'Laborsystem' oder 'Inertialsystem'. Also entweder ich sage: "Der kippt bezüglich des Tisches nach der Seite" oder ich markiere mir hier einen Punkt und der kippt sozusagen bezüglich des Punktes nach der Seite. Und wenn der Punkt aber später hier ist, dann fällt er aber bezüglich des Punktes immer noch nach der Seite und dann heben sich eben bezüglich der beiden Punkte zum verschiedenen Zeitpunkt die beiden Fallrichtungen auf. Und wenn ich den Tisch betrachte, dann muss ich natürlich sagen: "Also gut, wenn er nach der Seite fällt, wieso soll er im nächsten Moment bezüglich des Tisches eben nach der anderen Seite fallen?" Aber wenn ich den Punkt am Kreis betrachte, dann sage ich: "Gut, der fällt jetzt nach der Seite bezüglich des Punktes, also auf den Kreis, und im nächsten Moment fällt er immer noch nach der gleichen Seite bezüglich des Kreisels selbst." Ich markiere einen Punkt auf dem Kreisel, und dann fällt er bezüglich des Punktes.
- Dann muss die Kreiselbewegung genau so schnell sein wie die Drehbewegung von dem Kreisel selbst und das scheint ja nicht der Fall zu sein.
- Wolltest du jetzt das Eiern erklären oder das Kreiseln selbst?
- Das Problem war jetzt, wenn er nach der Seite umfällt, wieso fällt er dann im nächsten Moment nach der anderen um? Das würde ja erklären, dass er nicht ganz umfällt, sondern dass sich die beiden... dass er überhaupt nicht umfällt, würde das erklären. Wenn er umfällt und im nächsten Moment dann so, gut, dann kann man sagen: "Die heben sich auf, weil es so schnell geht, die beiden Bewegungen, und dann bleibt er eben gerade". Aber wieso soll er jetzt einmal nach der Seite umfallen und dann nach der? Deswegen ist mir jetzt eingefallen, dass das ja vielleicht dieselbe Seite ist, wenn man bezüglich des Kreisels sieht. - Und warum soll er gerade nach der einen Seite umfallen, wo er doch symmetrisch ist?
- Weil ein Körper immer nach einer Seite umfällt.
- Aber das ist immer eine andere Seite.
- Das hängt davon ab, wie du ihn hingestellt hast.
- Wenn er so schräg steht in einem bestimmten Moment, dass er jetzt von hier nach da fallen wird, dieser Teil der Kreisels, der versucht jetzt...
- Der fällt praktisch.
- Ja, und gleichzeitig hat er aber einen ganz starken Schwung in dem Moment nach oben, indem er nach unten gerade kippen will, hat der Teil des Kreisels einen ganz starken Schwung nach oben und dreht sich dann so.
- Da drüben ist es schöner, da falle ich lieber herunter.
- Da ist die Sonnenseite, da werde ich von allen Seiten braun.
- Noch etwas anderes ist, dass er jetzt nach oben einen Schwung bekommt. Du meinst, dass er jetzt nach oben geht und überall kippen will. Aber er dreht sich ja weg, er ist einmal unten, einmal oben. Es ist nicht immer auf der gleichen Höhe dieses Stück vom Kreisel. Das dreht sich ja immer hier herum. Und in dem Moment, in dem er dann oben ist, da benutzt er eben den Schwung, als er fallen wollte und nicht konnte.
- Ja, das habe ich auch erst gesagt. Und dann hat er gesagt: Aber gleichzeitig wird auf der anderen Seite alles heruntergerissen und das hebt sich ja auf.
- Aber wenn ich die Spitze ein bisschen breiter mache, dann steht er ja.
- Ich kann dann auch gucken, wann er fallen will und wann nicht.
- Also wenn die Spitze spitz genug ist, kann man ihn so in den Tisch hauen.
- Wenn man es schaffen würde ohne dass der Tisch wackelt, dann würde er auch so stehen bleiben.
- So kann er nicht stehen, selbst wenn es gelänge, den wirklich senkrecht loszulassen. Die kleinste Luftbewegung genügt, um ihn umzuschmeißen.
- Vielleicht will er stehen bleiben und ich helfe ihm damit, indem ich drehe, dass er stehen bleibt.
- Hmm, dass er gar nicht umfallen will...
- Der Mensch will ja auch nicht umfallen, will ja auch stehen.
- Nur wenn er sich dreht, kann er stehen bleiben.
- Der muss sich nicht dauernd drehen.
- Das ist eine gute Idee.
- Jedenfalls wenn ein Mensch gerade sehr aufgeregt ist, sehr angeregt ist, wird er sich auch nicht gerade hinlegen.
- Interessant ist, das habe ich noch nie beobachtet, dass diese Torkelbewegung immer schneller wird, obwohl dieser Körper sich immer langsamer dreht. Es scheinen also zwei gegenläufige Bewegungen zu sein. Der Kreisel in sich selbst dreht langsamer, dafür wird die Torkelbewegung immer schneller.
- Was meinst du mit 'Torkelbewegung'?
- Dass er so schlingert.
- Er kommt ja dann in eine Vibration.
- Also ich finde es interessant, dass er sich so dreht und am Schluss gerade einen Schnick zurück macht.
- Drehe ihn einmal!
- Gut, ich stelle ihn jetzt einmal von vorneherein schräg auf - Scheint nichts zu nützen, er sucht sich wieder...
- Er will stehen bleiben.
- Und du hast ihn zu schnell angetrieben.
- Das wird doch jetzt immer schneller und dann -Achtung- nachher dreht er sich zurück. Ja gut, das hängt damit zusammen, dass er an der Stelle, an der er sich noch dreht, vom Boden abgebremst wird.
- Aber das ist jedesmal, wenn er aufhört.
- Das ist logisch.
- Du meinst doch jetzt, dass in dem Punkt, in dem die Drehbewegung des Kreisels langsamer wird, dass er in einer unstabilen Lage ist, dass diese Instabilität, dass die sich...
- Er kann sich immer weniger halten und muss praktisch immer schneller rotieren um doch noch nicht umzufallen.
- Wie so ein Reif, den man so wegwirft, und dann geht er erst einmal so hin und dann kreist er irgendwann und dann kommt er zurück.
- Ach so...
- Nein, das haben wir noch nicht gemacht. Es gibt doch diese Hula-Hoop-Reifen, und wenn man denen so einen Schwung gibt, dann gehen die erst einmal durch diese Bewegung und dann geht er da hin und wenn die Rotation dann sozusagen greift am Boden, dann...
- Das geht auch mit einem Ball, wenn du den verkehrt herum wegwirfst, dann kommt er auch wieder zurück.
- Aber ich verstehe nicht, was das jetzt mit dem Kreisel zu tun hat.
- Das ist dasselbe, dass die Drehrichtung in dem Moment, wo er greift auf der Tischplatte, dann... ...dreht er rum.
- Ach so, das ist das Problem, das sie angesprochen hat. Aber das ist doch auch so, wenn man den Reifen -den Reifen fand ich ganz gut- wenn man den anfängt kippen zu lassen, wenn er nicht gerade wirklich -platsch- auf die eine Seite fällt, dann fängt er ja auch an, zuerst langsam, richtet sich fast wieder ganz auf, und dann, je flacher er wird, desto schneller torkelt er herum.
- So eine Münze, die wird ja auch immer schneller. (Wildes Spielen mit der Münze geht los, die Größen der Münzen werden gewechselt, es entwickelt sich ein kleines Gesellschaftsspiel.)
- Bei wem sie bleibt, der darf sie behalten, aber jeder muss sie erst einmal loswerfen. (Gelächter, das Spiel geht weiter.)
- Also ein großer, schwerer Gegenstand scheint leichter zu stehen...
- Die zwei Mark waren mir! (Spiel hört langsam auf.)
- Warum, warum wird das immer schneller?
- Also ich meine, das ist zu kompliziert, wenn man gleich die schwierigen Fälle mit einbezieht. Mich würde zunächst einmal interessieren, wenn der Kreisel so ganz senkrecht steht, ohne dass er so hin und her schlackert, warum steht er dann überhaupt? Warum fällt er da nicht um? Wenn man das gelöst hat, kann man sich ja den anderen Fällen zuwenden.
- Ich schätze, man kann das ja vergleichen mit dem Fahrrad Fahren. Wenn das Fahrrad steht, dann kann ich es ja nicht halten, senkrecht. Und wenn ich ein bisschen Geschwindigkeit habe, dann bleibt es relativ gut stehen.
- Dadurch kann man überhaupt erst Fahrrad fahren.
- Also langsam fahren ist schwieriger als schneller fahren.
- Beim Motorrad...
- Das Fahrrad torkelt ja auch. Wenn ich langsam fahre, muss ich sehr viel mehr ausholen, damit es nicht umfällt als wenn ich schnell fahre. Und so ist es ja bei den Kreiseln auch.
- Wenn man freihändig fährt, fällt einem auf, dass man gar nicht selbst das Fahrrad in der Senkrechten hält, sondern dass das Fahrrad es selbst macht. Und wenn man erst langsam fährt, merkt man, auch wenn man langsam freihändig fährt, muss man große Schlingerbewegungen machen, und wenn man dann schneller fährt, werden die Schlingerbewegungen immer kleiner. Da kann man sich denken, wenn man ganz schnell fährt, freihändig, dass da vielleicht auch noch Schlingerbewegungen sind, aber die sind so minimal, dass sie an sich gar nicht mehr auffallen.
- Wobei jetzt natürlich der Fall interessant wäre, auch zu sehen, wie man sein Gewicht verlagert auf dem Fahrrad.
- Wann man herunterfliegt!
- Wir sind wieder bei einem komplizierten Problem, etwas leichter!
- Das Fahrrad ist ja schon noch ein bisschen drin.
- Ich meine, das ist hier eine Kreisbewegung und beim Fahrrad ist es eine lineare Bewegung. Aber irgendwie etwas Gemeinsames scheint da ja doch zu sein.
- Na ja, gut, aber... man kann doch auch den Kreisel verwenden, den stehenden Kreisel.
- Aber das Fahrrad ist vielleicht tatsächlich ein bisschen kompliziert, vielleicht einen Reifen.
- Das hat schon zwei Reifen. Jedenfalls ist es ein ähnliches Problem.
- Mir würde, also mir würde dieser Hinweis auf das Fahrrad, der würde mir schon einiges bringen. Wenn mich jemand fragt: "Wie kannst du das erklären, dass das Ding nicht umfällt, einfach aus der Bewegung heraus?" Also jetzt, ich fahre gerne Fahrrad, da hilft mir das schon ein bisschen was.
- Dann erkläre mal!
- Nein, einfach nur, dass ich nicht umfalle. Ich brauche eine gewisse Bewegung, solange ich noch Bewegung habe. Wenn ich keine Bewegung mehr habe, falle ich hin.
- Beim Schifahren ist das aber bei mir gerade umgekehrt. (Alles lacht.)
- Das ist doch kein Radfahren!
- Weil er von Bewegung spricht!
- Beim Schifahren ist eben nichts, was sich dreht, und deswegen also... oder beim Schlittschuhfahren auf einem Schlittschuh, da dreht sich ja auch nichts, und trotzdem fällt man nicht um.
- Also du könntest auf einem Schlittschuh schlecht stehen, ohne dich zu bewegen im Kreis.
- Ich habe das gleiche Problem bei beiden.
- Ich finde, da ist ein interessanter Angriffspunkt dabei. Beim Schlittschuhfahren ist es ja so, dass es noch irgendwie Spuren von dem vorangegangenen Bewegungszustand, also dem Schwung oder was immer, da ist noch irgend etwas da. Und deswegen gleitet man halt immer weiter geradeaus. Es ist nicht möglich, die Vorgeschichte plötzlich zu vergessen, sich einfach hinzulegen. Denn das steckt in einem drin, diese Vorgeschichte, dieser Schwung, den man da hat. Und so ähnlich ist es vielleicht auch bei dem Kreisel, eben das war das was ich mit Gedächtnis meinte. Es steckt also auch die Vorgeschichte des Kreisels irgendwie in ihm drin, auch sozusagen als Schwung. Aber die Frage ist jetzt: Wie sieht der Schwung aus? Da, da muss man sich eben fragen: Warum hebt sich das nicht alles weg und er kann sich trotzdem drehen?
- Also beim Fallgesetz im Brunnenstrahl, da sagt er jetzt, das ist ja auch wieder nur ein Beispiel für das Unabhängigkeitsprinzip, wo das Geschleudert-Sein und das Fallen absolut unabhängig voneinander verlaufen. Das könnte doch auch, also beim Schlittschuhfahren oder beim Radfahren, das eine von dem anderen, also von dem Umkippen, vollkommen unabhängig sein. Das Fahrrad könnte zwar träge, voller Schwung halt weiterfahren, aber dabei umkippen, warum denn nicht?
- Und der Kreisel kippt, wenn er sich nicht dreht?
- Ja. Und beim Kreisel auch, da könnte doch auch dieses Kippen und das Drehen unabhängig voneinander sein.
- Ja, das ist aber auch beim Fahrrad nicht unabhängig. Du hast doch sicherlich auch schon mal ein Fahrrad angeschubst und alleine loslaufen lassen, es fällt nicht um.
- Aber ein Schlittschuh fällt schon um, wenn ich den so anschubse, das dauert nicht lange, bis er umfällt, vielleicht zwei, drei Meter bis er umfällt.
- Man sollte vielleicht einmal verschiedene Kreisel angucken und gucken, wie lange sie sich dem Umfallen widersetzen.
- Das kommt darauf an, wie gut er an der Spitze ist.
- Zum Beispiel kommt es sicher auf die Spitze an.
- Kommt auch drauf an, ich habe noch so einen, der fällt sehr schnell um. Der sieht von außen genau so aus.
- Ist vielleicht nicht symmetrisch.
- Und wenn ich ihn viereckig mache?
- Ja, wenn der a bissle schief ist, läuft er nicht mehr so genau.
- Oder hier, dieser hier, der sehr gut funktioniert, der hat hier offenbar eine Scheibe drin, eine ganz schwere. Und außerdem ist er am Rand auch noch ein bisschen verdickt. Vielleicht hat das auch etwas damit zu tun. Jedenfalls funktioniert er gut. Und da könnte man ja eine Bleiwurst, so eine runde, nehmen. Und mal ausprobieren, wie das mit der geht.
- Also ich habe es mit dem Reifen vom Fahrrad -der Felge- probiert, praktisch nur das Rad herausgenommen, an der Achse einmal festgehalten und laufen lassen und dann eine Hand weggenommen. Dann fängt der immer mehr an, um mich herum zu wandern. Da muss ich mich also mitdrehen, sonst kriege ich es an den Arm. Das fällt nicht herunter, es bleibt auf dem Finger.
- Es gibt sportliche Trainingsgeräte, ich weiß auch nicht genau, wie die arbeiten, die haben irgendwelche Kreisel drin, die muss man dann drehen. Da soll sich dann der Bizeps erweitern.
- Ich kenne das mit so einem Ding, wo man ein Seil herauszieht. Das zieht das langsam wieder zurück. Das gibt dann so eine ziemlich harmonische Bewegung. Da kenne ich etwas mit dem Kreisel.
- Ja, vielleicht ist es das.
- Haben wir jetzt einen Text, warum der Kerl nicht umfällt? Einen gemeinsamen? Den wir notfalls aufschreiben und ihm in dem Umschlag schicken?
- Ich weiß nicht, ob gleich so ein Text am Ende nicht schon ein bisschen viel verlangt ist. Ich meine: Gesammelte Mutmaßungen unter Vergessen aller Physik.
- Also für den Fall, dass der ganz senkrecht steht, das ist auch der Fall, der mir am meisten einleuchtet, denke ich schon, dass man die Trägheit benutzen kann. Träge, was das ist, das wissen wir ja. Da braucht man auch nicht allzu unwissend sich zu geben, dass also ein Körper möglichst geradeaus sich bewegen will. Beim Kreisel ist es ja offensichtlich so im Gegensatz zum Schlittschuhläufer, dass dieser Körper, dass der vom Rande um die Ecke herum gezwungen wird, das darf ja nicht geradeaus. Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass für sämtliche Teilchen auf dem Kreisel so rundherum das der Fall ist, jedes möchte geradeaus, eines zieht nach da, das andere nach da... entsprechend schräg, so dass insgesamt gar keine Fallbewegung mehr zustande kommen kann, weil sie gleichzeitig in allen Richtungen ziehen und wegwollen und dadurch steht das Ding. So würde ich das zunächst einmal sehen. Komplizierter ist es, wenn er ein bisschen gekippt wird.
- Das könnte man ruhig aufschreiben. Wenn man annimmt, er dreht sich und will umfallen nach der Seite a und dann die Drehung geht weiter.. - Wenn man also annimmt, er will umfallen?
- Er will umfallen.
- Gerade oder schräg?
- Nach einer Seite. Wenn er kräftefrei dasteht, fällt er sowieso um.
- Etwas schwierig zu beschreiben. Er will nach der Seite umfallen, dann dreht sich eben die Seite (die entgegengesetzte) hoch und wenn er immer noch nach der Seite umfallen will, dann immer nach derselben...
- Das sind Annahmen.
- Erst einmal müsste ich es noch einmal erklären, dann können wir es aufschreiben: Jeder Kreisel, der auf so einer dünnen Spitze steht, der will ja umfallen.
- Das ist eine Annahme.
- Das ist keine Annahme, das weiß jeder. Also, so ein Ding fällt um, weil es nur auf einer Spitze steht, okay? Angenommen, er will auf die eine Seite fallen, und da mache ich einen Punkt hin. Er will nach der Seite fallen, auf der der Punkt ist. So. Warum fällt er nicht ganz um? Das macht er ja nicht, das weiß jeder. Er fällt nicht um, sondern er bleibt so.
- Dann frage ich dich: Warum will er gerade nach der einen Seite fallen?
- Aaach, dann will er halt nach der anderen fallen, so. Also, ich muss ja einmal einen Punkt annehmen.
- Also ich habe jetzt geschrieben: Jeder Kreisel, der auf einer Spitze steht, der will umfallen. Ich mache einen Punkt auf den Kreisel, und er will...
- Er will nach der Richtung des Punktes auf den Kreis umfallen.
- Ich gucke erst, wohin er fallen wird...
- Nein, das ist ja gar nicht so, der will ja gar nicht umfallen...
- Ja, das sage ich ja auch.
- Wenn ich den Kreis jetzt hier oben habe, dann habe ich hier so ein Teilchen, ich meine, das ist eine Sache, die sich bewegt, dadurch dass es nach unten will. Aber gleichzeitig zieht es doch auch in die Richtung. Das sieht man offensichtlich.
- Nee. Na, gut. Also ich gehe erst von dem nicht rotierenden Kreisel aus.
- Ach so, von dem nicht rotierenden.
- Also der will jetzt umfallen, nach Seite a. Die Seite ist noch hier und im nächsten Moment, weil er sich noch etwas dreht, ist die Seite ja da oben, also auf der gegenüberliegenden Seite.
- Zum Beispiel.
- Nein, nicht zum Beispiel. Genau auf der gegenüberliegenden Seite. Und nach der Seite fällt der Kreisel ja. Und da haben wir ausgemacht, der soll nach der Seite fallen, auf der der Punkt markiert ist. Und wenn der Punkt jetzt hier ist, dann fällt er immer noch in Richtung...
- Das sagst du jetzt so.
- Da bin ich dagegen.
- Jetzt dreht er sich also?
- Nur um hundertachtzig Grad.
- Also ganz langsam?
- Nein, ganz schnell. Nein, gut, wir machen jetzt Momentaufnahme. Also erste Momentaufnahme, da ist er da unten.
- Aber Momentaufnahme des sich drehenden Kreisels, weil sonst betrachtest du ja den Moment des Andrehens. Ja, das würde ich sagen, ist doch ein bisschen komplizierter, als wenn er sich schon dreht.
- Also ich mache so ein Stroboskop hin und schaue. Also jetzt ist er oben, er fällt immer noch nach der Seite a. Das war die Voraussetzung. Er fällt also bezüglich des Tisches nach der anderen Seite, aber bezüglich des Kreisels nach derselben Seite.
- Ja, und da bin ich dagegen.
- Da bin ich auch dagegen.
- Ich meine, sonst würde der ja wirklich mit der gleichen Geschwindigkeit torkeln wie...
- Nein, da ist doch jetzt noch gar kein Torkeln drin.
- Doch, das hängt doch damit zusammen. Das ist ja das, was man beobachtet. Wenn er fallen will, dann weicht er aus. Also er kann nicht umfallen, weil er sich dreht, und er antwortet auf diese Tendenz umzufallen...
- Damit könnte man noch diese Schlingerbewegung oder so etwas erklären. Das kann ich jetzt noch nicht. Ich will nur erklären: Warum stabilisiert er sich überhaupt, dass die Achse so bleibt wie...
- Ja gut, da...
- ...also er fällt ein bisschen um, der Punkt dreht sich hoch, er fällt bezüglich des Kreisels immer noch nach derselben Seite, nämlich nach dem Punkt.
- Und bezüglich des Tisches nach der anderen Seite.
- Nach der anderen, aber es kommt eben auf den Bezug des Kreisels an, er fällt nach derselben Seite, die sich bezüglich des Tisches eben nach der anderen Seite gerichtet hat und diese Bewegung, die gleicht sich ständig aus. Und jetzt müsste man noch sagen, dass eben jedes, nicht nur die zwei Punkte, charakteristisch sind auf dem Kreis, sondern der Kreis besteht aus unendlich vielen Punktepaaren sozusagen. Und jedes Kippen nach einer Richtung wird durch Kippen in die entgegengesetzte Richtung kompensiert und dadurch kann er...
- Also das glaube ich nicht!
- Also die Erklärung gefällt mir auch nicht.
- Eine Sache fehlt da drin. Also du betrachtest immer das Kippen und betrachtest, wenn man so sagen will, dass hier die Schwerkraft angreift und dann greift sie, wenn sich das ein bisschen weitergedreht hat, da an und so. Aber die eigentliche Sache, die uns interessiert ist ja, warum der sich überhaupt...
- ...aufrecht hält in der Drehung.
- Und das ist dann da ja schon mit vorausgesetzt. Aber das Interessante ist ja eigentlich nicht nur die Tendenz, an dieser Stelle an dem Kreisel jetzt zu fallen, sondern das Interessante ist ja jetzt, zu sagen, was sie weiterzwingt, diese Stelle. Was ihr nicht erlaubt zu fallen.
- Das ist die Kraft in der Richtung. Wenn er nach der Seite fallen will, ist es die Kraft in der entgegengesetzten Richtung, die ihn aufrecht hält.
- Das glaube ich nicht, ich sehe das folgendermaßen: Wenn ich jetzt hier ein Teilchen habe, das wird mitgedreht, dann will es in dieser Richtung geradeaus gehen.
- Es will ein bisschen fallen, es will aber auch ein bisschen geradeaus gehen.
- Das heißt: Es will nach unten gehen eventuell. Wenn der sich jetzt sehr schnell dreht, ist das bisschen Fallen nicht so wichtig. Und nehmen wir einmal an, es dreht sich sehr schnell. Wenn der sich jetzt hier so ein bisschen herumdreht... Erst einmal wird dem Teilchen Gewalt angetan, indem sich zum Beispiel die Spitze von dem Bleistift auf dem Kreisel nach links dreht. Das ist es nicht gewöhnt. Aber es ist nicht einzusehen, dass es gleichzeitig auch noch hier die Tendenz haben soll, nach unten zu gehen. Wenn da ein ganz starker Druck wäre... Das möchte gerne in dieser Ebene bleiben, auch wenn es so schräg steht, möchte es gerne in dieser Ebene bleiben in der es hier ist. Es wird allenfalls hier so herumgedreht. - Aber wer zieht es jetzt da herum? Wenn ihm Gewalt angetan wird, muss ihm ja jemand anders Gewalt antun?
- Ja, das bin ich.
- Gegenthese: Gewalt antun tut ihm ja gerade das Teilchen auf der anderen Seite. Wenn er nicht so stabil wäre, würden ihn die Teilchen vielleicht auseinanderreißen gegenseitig.
- Ich habe noch eine andere Erklärung. Ich sage einfach, er will nicht fallen, er will stehen bleiben. Und wenn ich die Spitze nur ein bisschen breiter mache, dann bleibt er ja auch stehen. Und ich kann ihm helfen stehen zu bleiben, indem ich ihn andrehe. Je stärker ich ihn andrehe, umso länger bleibt er stehen.
- Aber damit ist noch nicht gesagt warum. Das ist nur eine Feststellung. Wir suchen nach einer Begründung.
- Ich kann ja auch sagen: Wenn man genügend Gewalt anwendet, kann man die Leute zu allem zwingen.
- Ja, ich weiß auch nicht, ob uns das weiterhilft, wenn wir uns da um einzelne Teilchen unterhalten.
- Ich finde, wir reden erst einmal von dem ganzen Apparat. Das Fünfmarkstück hat auch funktioniert.
(Gespräch dreht sich um die möglichen Formen des Kreisels. Als weiteres Beispiel wird der Eimer mit Wasser gebracht, den man schnell herumschleudert. Daheim ausprobieren, was sich alles als Kreisel eignet und drehen lässt.)
- Also zum nächsten Mal: Spielen.

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